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Der «höchste Urner» bleibt am Ball

Vom Mini-Teufelsstein über Posaunen bis hin zu Dirigentenstäben und Landrats-Turbinen: Der Tag, an dem Peter Tresch zum Landratspräsidenten gewählt wurde, war an Symbolik und Bildsprache nicht zu überbieten.
Landratspräsident Peter Tresch (rechts) erhielt von Gemeindepräsident Felix Cavaletti einen Fussball geschenkt. (Bild: Urs Hanhart (Göschenen, 20. Juni 2018))
Der abtretende Landratspräsident Christoph Schillig (rechts) gratuliert seinem Nachfolger Peter Tresch. (Bild: Urs Hanhart (Altdorf, 20. Juni 2018))

Einen kurzen Moment lang war er nicht wieder zu erkennen, als er auf dem höchsten Sitz im Landratssaal Platz nahm und ungläubig-gerührt in die Menge blinzelte: Peter Tresch.

Der Göschener FDP-Landrat, der sonst nie um einen Spruch verlegen ist, war für einmal sprachlos. Der Grund: Just an seinem 57. Geburtstag und seinem Hochzeitstag wurde er gestern einstimmig zum Landratspräsidenten gewählt. «Es fällt mir schwer, in Worte zu fassen, was es mir bedeutet, hier zu sitzen», sagte Tresch schliesslich.

Von Posaunisten und teuflischer Politik

Nachdem er sich bei den Landräten für das entgegengebrachte Vertrauen und das Ehrenamt bedankte, zeigte sich Tresch in seiner Antrittsrede schliesslich wieder in bekannter Form – mit träfen Sprüchen und bildhaften Vergleichen, die zum Nachdenken anregen. So zog der neu gewählte Landratspräsident etwa Parallelen zwischen dem Parlamentsbetrieb und einer Musikaufführung. Bei deren 90 habe er in seiner zehnjährigen Landratskarriere mitgewirkt, anfänglich als lauter Posaunenspieler in Guggenmusik-Manier, dann immer mehr in Orchester-Qualität. «Und ab heute halte ich gewissermassen den Dirigentenstab in den Händen.»

Deutlich greifbarer war das Mitbringsel, das Tresch während seiner Antrittsrede auf dem Pult präsentierte: ein heller Stein auf einem Holzsockel. Dabei handelte es sich nicht etwa um einen Briefbeschwerer, sondern um den symbolischen Teufelsstein, den Tresch von seiner Gemeinde Göschenen mit in den Landratssaal brachte. Die mit dem Stein verbundene Sage habe durchaus Parallelen zur heutigen Politik. Genau so wie damals die Mittel für eine Brücke über die Schöllenenschlucht fehlten, so mangle es auch heute an Geld für Bauprojekte. Im Gegensatz zur Sage werde der Teufel aber wohl keine West-Ost-Verbindung, keine Böschengalerie und auch keinen neuen Kreisel in Göschenen bauen. «Mit der einen oder anderen unheiligen Allianz wird man aber wohl auch in Zukunft rechnen müssen», scherzte Tresch.

Und was erwartet die Landräte mit dem neuen Präsidenten? Er werde alles daran setzen, den Kanton Uri gegen aussen würdig zu vertreten. Und im Innern des Landratssaals? «Da könnte die Posaune schon ab und zu noch durchdrücken.» Für diese Fälle hatte Tresch vorgängig Oropax an jedem Platz im Landratssaal verteilt. Für Landammann Roger Nager, der direkt vor ihm sitzt, hatte er gar einen Pamir dabei.

Im Gegenzug will Tresch als Landratspräsident ganz genau hinhören und in seinem Amtsjahr jedem Landrat mindestens einmal das Wort erteilen. Dafür werde er eine Art Strichliste führen, mit der er im Juni 2019 kontrollieren will, ob sich auch wirklich alle Landräte an den Debatten beteiligt haben.

«Nun haben wir nicht nur den höchsten Urner Berg»

Nach der ersten erfolgreich geführten Session lud Tresch am Abend zur Wahlfeier nach Göschenen ein. Dabei ging es symbolträchtig weiter. Beim Apéro im Ernst-Zahn-Garten führte Gemeindepräsident Felix Cavaletti Gemeinsamkeiten zwischen Tresch und dem ersten Göschener Landratspräsidenten von vor 110 Jahren vor. Ernst Zahn habe damals geholfen, das Elektrizitätswerk Göschenen zu gründen und den Neubau des Schulhauses Göschenen massgeblich vorangetrieben; Tresch schliesslich sei Leiter des Kraftwerks und habe seinerzeit die Kreisschule Urner Oberland mitinitiiert.

«Wenn du kritisiert wirst, dann musst du irgend etwas richtig machen. Denn man greift nur denjenigen an, der den Ball hat» – dieses Zitat von Bruce Lee, das die Einladungen zur Landratspräsidentenfeier zierte, inspirierte Cavaletti zu einem doch eher überraschenden, aber aktuellen Geschenk: einem Fussball, der nach und nach von den Gästen unterschrieben wurde. «Er soll Dich auch in turbulenten Zeiten daran erinnern, am Ball zu bleiben», so der Gemeindepräsident. Der auf der Einladungskarte abgebildete Dammagletscher animierte den Gemeinderat gleich zu noch einem Geschenk: einer Holzwanduhr mit einem Bild des Dammagletschers. Auch dies mit reichlich Symbolkraft: «Mit Peter Tresch haben wir Göschener nämlich nicht nur den höchsten Urner Berg – den Dammastock –, sondern auch den höchsten Urner schlechthin!»

Er kennt die «Landrat-Turbine» bestens

Landammann Roger Nager bezog sich in seiner Rede ebenfalls auf das Zitat von Bruce Lee. Der sei offenbar Treschs Vorbild. «Schliesslich setzt er mit seinen Voten, ähnlich wie Bruce Lee, auch gerne mal zum Rundumschlag an», so Nager. «Das aber immer mit einer Prise Schalk und Humor.» Zum Schmunzeln regten dann auch Nagers Vergleiche zwischen Tresch als Kraftwerk-Leiter und als Landratspräsident. Tresch sei nun der «Zentralen-Chef» im Landratssaal, kenne die «Landrat-Turbine» bestens und werde sicherlich «für zuverlässige Produktion von Hochspannung» sorgen.

Diesen Ball nahm Tresch gerne auf – und fügte an, dass der Landammann bei seinen Vergleichen etwas vergessen habe: «Was ich als Kraftwerk-Leiter überhaupt nicht mag, ist Scheinleistung – sei es nun vom Regierungsrat, vom Landrat oder der Verwaltung.» Dass die Häme nicht ernst gemeint war, wurde spätestens klar, als am Ende ein überwältigender Tresch seine Rede mit folgenden Worten schloss: «Ich würde euch am liebsten alle umarmen!»

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