Romano Cuonz
«Gottfriedstutz, jetzt hab‘ ich doch fast nichts angesagt und doch so viel gemacht wie in den drei letzten Runden zusammen!» Einer der Jasser zetert wie ein Rohrspatz. Und nur einen Tisch weiter - in der gemütlich eingerichteten Mehrzweckhalle - zählt eine junge Gsiwilerin ganz nervös: «20, 30, 40, 46 und fünf für den Letzten. Ojemine, den hab‘ ich wirklich nicht auf der Rechnung gehabt.»
Die Gemeinde Giswil ist im Jassfieber. Sie möchte sich um jeden Preis gegen Kerns durchsetzen. «Nur, wenn wir die Kernser in Thun vor laufender Kamera besiegen, können wir den ‹Donnschtig-Jass› vom 18. Juli in unser Dorf holen», sagt ein zu allem entschlossener Gemeindepräsident Beat von Wyl. Gäste würden in Giswil oder Kerns die Bodenseegemeinden Arbon und Romanshorn sein. Jedoch: Von Wyl weiss auch, dass der Weg bis dahin noch weit und, mindestens jasstechnisch, äusserst knifflig ist.
Ein einmaliger Auftritt im Fernsehen
Was es braucht, damit sich eine Gemeinde im «Donnschtig-Jass», der TV-Sendung von SRF, profilieren kann, weiss keiner besser als Peter Truttmann aus Brunnen. Der Co-Präsident des Eidgenössischen Differenzler-Jassverbandes – selber mehrfacher Schweizer Meister – ist zum Qualifikationsturnier eigens nach Giswil gereist. Hier will er an diesem Abend 32 Jasserinnen und Jassern die Regeln erklären. «Ihr alle habt heute 13 Spiele zu bestreiten», sagt er. Jeder und jede müsse dabei jedes Mal die mit den eigenen Karten avisierte Punktzahl schätzen. Wer am späten Abend, nach all den Spielen, die kleinste Differenz zwischen geschätzten und erzielten Punkten aufweise, dürfe am 4. Juli in Thun, vor der ganzen Schweiz am Bildschirm, gegen die Kernser um den Sieg jassen. Allerdings kämen dabei nur die fünf Besten des Abends – darunter zwingend eine Frau und ein Jugendlicher oder eine Jugendliche – in die Kränze.
Für den Sieger gibt es viel Arbeit
Was ein Sieg bedeuten würde, weiss OK-Präsident Hans Slanzi. Er sagt: «Falls unser Quintett in Thun gegen die Kernser wirklich siegen würde, müssten wir den ‹Donnschtig-Jass› in unserem Dorf binnen nur einer Woche auf die Beine stellen.» Doch die Möglichkeit und Ehre, die eigene Gemeinde vor so grossem TV-Publikum präsentieren zu dürfen, wolle man sich keinesfalls entgehen lassen. Arbeit hin oder her. Genau dieser Meinung ist auch der höchste Giswiler: Gemeindepräsident Beat von Wyl.
Und weil er gar nichts anbrennen lassen will, setzt er sich gleich selber an den Jasstisch. Schätzt und sticht, verwirft, rechnet und zählt. Das tut er fast auf den Punkt genau. Präziser noch als je zuvor bei einem Budget der Gemeinde. Das Resultat: Der Gemeindepräsident wird an diesem Abend Zweiter und darf so seine Gemeinde in Thun als Jasser am Tisch gleich selber vertreten. So etwas hat es kaum je zuvor gegeben. Von Wyl relativiert: «Jassen ist immer eine Nebensache, und selbst wenn wir nun in Thun gegen die Kernser verlören, würde die grosse Begeisterung und Freude über die ausgezeichnete Zusammenarbeit, die wir mit ihnen für die beiden Qualifikationsturniere geleistet haben, bleiben.» Apropos Zusammenarbeit: Die hübschen Preise, die alle Teilnehmer nach dem Qualifikationsturnier erhalten, haben Kerns und Giswil noch gemeinsam gesammelt, bevor es dann in Thun Stich um Stich ums Eingemachte geht.
Das Jassteam steht
Giswil hat seine Jasser für das «Donnschtig-Jass»-Duell gegen die Gemeinde Kerns erkoren. Qualifiziert haben sich: im 1. Rang Sepp Burch (Telefonjasser), im 2. Rang Beat von Wyl (Jasser am Tisch) und im 3. Rang Hans Slanzi (Ersatz). Als beste Dame und Jasserin am Tisch trumpfte Sandra Niederberger auf, als bester Jugendlicher Andrin Kiser. Kerns wird sein Quintett am 10. April erküren. Das Fernsehturnier in Thun, in welchem die beiden Gemeinden gegeneinander jassen, findet am 11. Juli statt. Schon am 18. Juli ist entweder Giswil oder Kerns Austragungsort des «Donnschtig-Jass».
«Beim Differenzler verhalte ich mich fair. Wenn du einen Partner reinzulegen versuchst, kommt es schon in der nächsten Runde zurück.»
André Mathis, ehemals Obwaldner Meister
«Mein Vater hat mir damals das Jassen beigebracht. Weil er selber ein Meisterjasser ist, nahm er mich oft mit an Turniere.»
Sandra Niederberger, Hausfrau
«Jassen kann ich seit dem Kindergarten. Heute jasse ich oft besser als Vater und Mutter. Es wäre halt schon toll, am TV zu erscheinen.»
Marina Burch (13), Schülerin