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Luzern

Der frühere Schweizer Nationalcoach Paul Wolfisberg ist 87-jährig in Horw verstorben

Paul Wolfisberg ist heute in seiner Wohngemeinde Horw mit 87 Jahren verstorben. Der Luzerner gehörte zu den prägendsten Figuren in der Geschichte des FC Luzern, war aber auch langjähriger und erfolgreicher Coach der Schweizer Nationalmannschaft.
Paul Wolfisberg in seinem Büro und Fussball-Museum in Horw am 10. Juni 2020 kurz vor seinem 87. Geburtstag. (Bild: Patrick Hürlimann)

Daniel Wyrsch und Turi Bucher

Paul Wolfisberg spürte in den vergangenen Monaten und Jahren das Alter. Trotzdem war er bis zum Schluss immer in seinem Heimatdorf Horw, wo er aufgewachsen ist, unterwegs. So auch heute Montagvormittag. Die genaue Todesursache ist von seiner Familie nicht bekanntgegeben worden, aber der frühere Fussballer und Trainer muss einen Schwächeanfall erlitten haben und ist schliesslich beim Besuch in einem Restaurant 87-jährig verstorben.

Zwischen 1981 und 1985 und noch einmal kurz 1989 war Paul Wolfisberg Schweizer Nationalcoach. Dabei feierte er mit seiner Mannschaft legendäre Erfolge wie 1981 den 2:1-Heimsieg in der WM-Qualifikation gegen England in Basel oder 1982 den 1:0-Auswärtssieg in Rom gegen den frischgebackenen Weltmeister Italien.

Mit dem FC Luzern wurde Paul Wolfisberg als Captain und zentraler Mittelfeldspieler 1960 Cupsieger nach einem 1:0-Sieg über Grenchen in Bern. 1979 führte er den FCL als Coach zurück in die Nationalliga A. Vorher hatte er mit dem SC Buochs und dem SC Kriens bereits beachtliche Erfolge gefeiert; mit beiden Innerschweizer Vereinen schaffte er 1972 und 1976 die erstmaligen Aufstiege in die Nationalliga B.

Meisterpräsident Simioni: «Der Verlust von Paul schmerzt sehr»

Die Schweizer Fussball-Familie trauert. Auch Romano Simioni, der Meisterpräsident des FC Luzern und langjährige Wegbegleiter von Wolfisberg. Simioni sagt zum Tod von Wolfisberg: «Paul und ich sind über all die Jahre zu sehr guten Kollegen geworden. Wir haben auf gemeinsamen Reisen das Hotelzimmer geteilt. Ich habe ihn als Menschen und auch als Fussballlehrer beim FC Luzern schätzen gelernt.» Er habe, so Simioni weiter, Paul Wolfisberg vor rund zwei Monaten zum letzten Mal getroffen und gesprochen. «Da war er noch richtig gut aufgestellt und präsentierte mir seine Uhr, mit der er im Notfall sofort die Ambulanz alarmieren konnte. Am letzten Sonntag allerdings habe ich von Freunden gehört, dass es Paul nicht gut gehe.»

Wolfisberg sei während all den gemeinsamen Jahren ein offener, ehrlicher Mensch gewesen, «nur die Mannschaftsaufstellung, die hat er als Trainer natürlich immer geheim gehalten.» Simioni abschliessend: «Ich bin selber bald schon 86 und habe in den letzten Jahren einige Freunde verloren. Das macht nachdenklich. Der Verlust von Paul schmerzt sehr.»

Stierli: «Eine grosse Persönlichkeit des Schweizer Fussballs»

Der ehemalige FCL-Präsident Walter Stierli war 1980 zum Vizepräsidenten auf der Allmend ernannt worden. In dieser Zeit leitete Wolfisberg die Luzerner als Coach. «Er hatte einen eher kollegialen Führungsstil als Trainer und kam damit bei den Spielern sehr gut an», erzählt Walter Stierli. Im Winter hatte die Mannschaft unter Wolfisberg Reisen in südliche Gefilde unternommen, so verbrachte der FCL und später auch die Nationalmannschaft Trainingslager in damals exotischen Ländern wie Thailand, Südafrika und Mexiko.

FCL-Ehrenpräsident Walter Stierli erinnert sich bei der Nati aber auch an eine Kuhglocken-Aktion unter Paul Wolfisberg. Der bärtige Horwer, der ein bisschen an Wilhelm Tell erinnerte, war vielleicht der schweizerischte aller Nationaltrainer unseres Landes. Für Stierli ist klar:

«Paul Wolfisberg war eine grosse Persönlichkeit des Schweizer Fussballs.»

Auch in den vergangenen Jahren hatte sich Walter Stierli hin und wieder mit Paul Wolfisberg getroffen. «Es war immer spannend, mit Paul über den Fussball zu diskutieren. Obwohl seine Zeit nicht mit dem heutigen Profifussball vergleichbar ist.» In den letzten Monaten sei allerdings spürbar gewesen, dass der frühere Coach gesundheitlich angeschlagen gewesen sei.

Für Goalie Gody Waser war Wolfisbergs Führungsstil einmalig

Eine enorme Wertschätzung ist spürbar, wenn man mit dem langjährigen Luzern-Torhüter Gody Waser über Wolfisberg spricht. «Paul konnte wie kein anderer Beruf und Fussball miteinander verbinden. Er selber war ja Architekt und Fussballtrainer.» Die Leute würden heute gar nicht mehr verstehen, wie sie als Halbprofis auch noch mehrere Stunden pro Tag im Beruf aktiv waren. «Er hat immer sehr stark auf die Eigenverantwortung der Spieler gesetzt. Einerseits war er eine riesige Respektperson, andererseits war er nahbar, wir konnten mit ihm per du diskutieren. Sein Führungsstil war einmalig, denn sonst hatte ich in meiner Karriere nur Trainer erlebt, die nicht mit sich reden liessen und einzig ihre Ideen umgesetzt haben wollten.»

Paul Wolfisberg sei auch im Fussball ein Architekt gewesen, sagt Gody Waser. «Er hat nicht nur gewusst, wie die Küche aussieht, sondern hat sich im ganzen Haus ausgekannt.» So habe er sich neben der Mannschaft und dem Vorstand auch für die Journalisten, Sponsoren, Gönner und Fans wahrhaftig interessiert. «Paul hat sich für das ganze Gebilde, das hinter einem Team steht, eingesetzt. So herrschte bei uns in Luzern nicht nur Euphorie, weil wir erfolgreich Fussball spielten, sondern weil der Trainer und die Mannschaft ganz nahe bei den Leuten waren.»

Mit Schweiz B die deutschen Bundesliga-Stars bezwungen

Warum Paul Wolfisberg später auch als Coach der Nationalmannschaft für Aufbruchstimmung und Euphorie im ganzen Land sorgte, kann eine Anekdote augenscheinlich erklären, die Gody Waser erzählt: «Mit Peter Risi, Hanspeter Kaufmann und mir waren wir drei FCL-Spieler, die damals für Schweiz B gegen Deutschland B in Luzern spielten. Bei den Deutschen waren Bundesliga-Stars wie Littbarski, Völler und Augenthaler mit von der Partie. Paul Wolfisberg hatte in der Teamsitzung zu uns gesagt, dass wir es mit bekannten Spielern zu tun bekommen, die wir sicher aus der Sportschau kennen würden. Dann hat er sich an Georges Bregy gewandt und ihn wissen lassen, dass Littbarski mit den krummen Beinen ihm sicher nicht um die Ohren laufen könne. Wir gewannen den Match 1:0.»

Statt wie andere Trainer auf die Stärken des Gegners aufmerksam zu machen, hat Paul Wolfisberg die Gabe gehabt, seinen Schützlingen ein unerschütterliches Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten mit auf den Platz zu geben. Gody Waser schätzte die menschliche Art seines früheren Trainers sehr: «Wir schwärmen bis heute von dieser Zeit unter Paul. Er hat sich nie in den Mittelpunkt gestellt und war auch nie ein Polterer.»

Für Waser ist viel mehr als nur ein Ex-Trainer gestorben. «Ein guter Freund ist von uns gegangen. Er war ein herausragender Mensch und hat mich als Fussballer und als Person weitergebracht.» Auch die letzten Jahre hatte er mit ihm den Kontakt gepflegt. Regelmässig hätten sie miteinander über die Geschichte des FCL gesprochen, sie quasi aufgearbeitet:

«Paul war mit Herz und Seele
ein FCL-Mann.»

Bis wenige Tage vor seinem Tod wollte Paul Wolfisberg ein Treffen der Cupsiegerhelden von 1960 organisieren. «Er ist bis zum Schluss aus dem Haus gegangen, hat die Zeitungen studiert, mit den Leuten diskutiert und seine Meinung vertreten. Paul ist zeitlebens aktiv gewesen. So ist er nun von uns gegangen, ich möchte die schöne Zeit mit ihm als Trainer und Mensch nicht missen», fasst Gody Waser bewegt zusammen.

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