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Luzern

Der frühere Präsident der Luzerner BDP wird Schauspieler

Fünf Jahre war Denis Kläfiger (29) aus Adligenswil Politiker. Nun verlässt der Mann für mindestens drei Jahre die Schweiz.
Denis Kläfiger beim Löwenplatz in Luzern. (Bild: Patrick Hürlimann (27. August 2020))

Roger Rüegger

Ende Monat ziehen Sie nach Wien, um sich als Schauspieler ausbilden zu lassen. Ihr lang gehegter Wunsch oder einfach etwas Neues?Denis Kläfiger: Seit den Wahlen 2015 mache ich mir darüber ernsthafte Gedanken. Im Theaterverein Rapperswil, wo ich aufwuchs, spielte ich jahrelang.Warum gehen Sie erst mit 29 in die Schauspielschule? Meine Mutter bestand darauf, dass ich zuerst einen soliden Beruf lerne. Wie ein Schweizer. So machte ich das KV.Ihre Mutter ist Brasilianerin!Sie lebt seit 30 Jahren hier und denkt schweizerisch. Aber sie unterstützt mich. Wir befassten uns auch mit Schauspielschulen in Rio oder São Paulo. Weil sich Präsident Bolsonaro in die Kultur einmischt, wählte ich Wien. Die Lee-Strasberg in Los Angeles ist die Schauspielschule, an der sich B-Promis versuchen. Warum Wien?Die Bilingualität mit Englisch und Deutsch der dreijährigen Vollzeit-Schauspielausbildung, welche die Filmacademy Schauspielschule für Film und Theater anbietet, sowie auch die tollen Dozenten, haben mich sofort angesprochen. Und Wien deshalb, weil mein Freund dort lebt.Als Parteipräsident der BDP Luzern traten Sie im Februar ab. Dabei gingen Sie engagiert zur Sache. Was hat Sie dazu bewogen?Es wurde mir im Zusammenhang mit der Schauspielausbildung aus verschiedenen Kreisen nahegelegt, kürzerzutreten mit Äusserungen. Als ich erfuhr, dass ich in Wien einen Studienplatz habe, verabschiedete ich mich aus der Politik.Einfach so, ohne Reue und Wehmut?Es wäre nicht geschickt, politisch aktiv zu bleiben, wenn man sich eine Karriere aufbauen will. Ich habe eine Meinung, die behalte ich aber nun für mich. Es ist nicht mehr mein Bier.Wenn Sie Gruppierungen als «rückständigen Sauhaufen« bezeichnen, wie die FDP 2017, könnte Ihnen das schon nachteilig ausgelegt werden. Aber das war sicher nur Schauspiel?Das war mein voller Ernst. Die Partei lehnte die Ausweitung der Antirassismusstrafnorm auf Homosexuelle, Bisexuelle, Trans- und Intersexmenschen ab. Im Nachhinein würde ich es vielleicht etwas anders formulieren. Doch auch wenn ich ein Synonym gewählt hätte, wäre die Botschaft dennoch dieselbe.Sie waren kaum erstaunt, dass Sie damit Aufsehen erregen würden. Ihr schauspielerisches Talent setzten Sie ein in der Politik?Das tun doch alle. Spätestens wenn Wahlen anstehen, wird doch mit allen Tricks geworben. Wer im Schatten der grossen Parteien von links und rechts eine brave Kampagne fährt, wird nicht wahrgenommen und geht unter. Man muss etwas anecken.Da Sie es ansprechen: Da war die Sache mit den Listenfüllern. Ihre Partei liess Dokumente von Leuten unterzeichnen. In der Folge wurde die Betreffenden auf den Wahllisten aufgeführt. Die Frage habe ich erwartet. Auf den Dokumenten stand, worum es ging. Wenn ich etwas unterzeichne, lese ich es zuerst. Bedeutend war die BDP im Kanton Luzern ja nie. Böse Zungen behaupten sogar, dass die Partei immer nur ein politisches Thema verfolgte. Stimmt’s?Das wäre etwas einfach. Klar, setzten wir uns für die Ehe für alle ein. Wenn dieses Geschäft nicht derart in die Länge gezogen worden wäre, hätte man das Thema längstens abhaken können. Immerhin ist in der Zwischenzeit auch die FDP an Bord. Was konnten Sie in Ihren Augen bewirken?Intern habe ich mitgewirkt, dass wir eine eigenständige Position finden, offen und liberal, aber doch bürgerlich.In den USA wurden Schauspieler wie Ronald Reagan, Clint Eastwood oder Arnold Schwarzenegger in politische Ämter gewählt. Sie nehmen den anderen Weg. Was legt der Politiker Kläfiger dem Schauspieler Kläfiger in den Rucksack?Politik ist ein Machtspiel, man lernt sehr schnell die Menschen kennen. Ich habe mir in fünf Jahren ein dickes Fell zugelegt. Ich denke, mein politisches Wirken ist eine gute Grundlage.Wo sind Sie tätig, bis das Studium im Oktober losgeht? Bei Coop bin ich Springer in drei Filialen. Ich helfe an der Kasse, fülle Regale, was ansteht. Kein easy Job, aber für mich ideal. Ich bin Coop dankbar, dass ich so mein Studium finanzieren kann. Auf einer Krankenkasse als Kaufmann wäre das unmöglich.Sie wirken entspannt!So wohl fühlte ich mich nie.Ein Comeback in der Politik sei nicht ausgeschlossen, sagten Sie im Januar gegenüber unserer Zeitung.Da wusste ich nicht, dass ich an der Filmacademy aufgenommen werde. Politik ist für mich, Stand jetzt, abgeschlossen.
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