Matthias Piazza
Matthias Piazza
Eine Position sticht bei der soeben veröffentlichten Statistik zur Berufsbildung in Obwalden besonders heraus. Auf der Rangliste der 20 meistgewählten Lehrberufe in Obwalden ist jener der Detailhandelsfachleute vom 5. auf den 17. Platz gefallen. Ergriffen im Sommer 2017 noch 15 Leute den Beruf der Detailhandelsfachleute, waren es ein Jahr später «bloss» 6.
Was ist passiert? Hat der Beruf an Beliebtheit eingebüsst? «Nein», sagt auf Anfrage Urs Burch, Leiter des Amtes für Berufsbildung Obwalden. «Noch immer interessieren sich viele junge Leute für diesen Beruf.» Die Gründe lägen auf der «Anbieterseite». «Die grossen Detaillisten wie Migros oder Coop bieten nach wie vor viele Lehrstellen an. Aber in den vergangenen Jahren sind kleinere Läden verschwunden. Einer der Gründe dürfte wohl der zunehmende Onlinehandel sein. Auch diese kleinen Detaillisten, die vielleicht nur je einen Lehrling beschäftigten, wirken sich in der Summe aus», erklärt Urs Burch. Er spricht von einer langjährigen Entwicklung, im vergangenen Jahr sei der Rückgang besonders dramatisch gewesen.
Auf eine Lehrstelle im Nachbarkanton ausweichen
Ein Patentrezept für jemanden, der keine Lehrstelle im Detailhandel finde, habe er nicht. «Diesem Jugendlichen empfehle ich, zusammen mit der Berufsberatung seine Stärken und Neigungen auszuloten und so herauszufinden, welcher alternative Beruf am besten zu ihm passt. Oder er sucht sich eine Detailhandelslehrstelle in einem anderen Kanton, das wird häufig gemacht.»
In den anderen Lehrberufen zeige sich in Obwalden dasselbe Bild wie in der übrigen Schweiz. «Aufgrund des demografischen Knicks, wegen der geburtenschwachen Jahrgänge, haben Betriebe Mühe, ihre Lehrstellen zu besetzen», weiss Urs Burch. «Seit 2008 nimmt die Zahl der Schulabgänger stetig ab.» Allerdings sei nun die Talsohle erreicht, ab 2020 solle sich die Situation wieder entschärfen.
In den oberen Rängen hat sich die Hitliste der beliebtesten Lehrberufe nicht verändert. Auf Platz eins ist nach wie vor die kaufmännische Lehre, welche im vergangenen Jahr 52 Obwaldner Jugendliche in Angriff nahmen, gefolgt von Fachfrau Gesundheit mit 21 Lehrverträgen und Schreiner (14). Danach kommen Elektroinstallateur, Landwirt, Zeichner und Koch.
Zwei Drittel der Schulabgänger nehmen eine Lehre in Angriff, ein Fünftel besucht die Kantonsschule und der Rest macht ein Zwischenjahr. «Dieses gute Verhältnis hat sich über die Jahre gehalten», meint Urs Burch dazu. «Die oft vorgebrachte These, wonach immer mehr Jugendliche den gymnasialen Weg einschlagen, stimmt zumindest in Obwalden nicht.»
Lehrbetriebe strengen sich mehr an
Emmanuel Hofer bestätigt das Problem des ausgetrockneten Lehrstellenmarktes. Er ist Geschäftsführer des Gewerbeverbandes Obwalden mit rund 500 Mitgliedern. Er kann der Situation auch Positives abgewinnen. «Die Betriebe haben gemerkt, dass sie sich mehr als früher anstrengen müssen, um gute Lehrlinge zu bekommen.» Natürlich koste ein Lehrling Zeit und Geld. «Aber das Engagement zahlt sich aus. Längerfristig gewinnen die Betriebe dadurch die dringend benötigten Fachkräfte.»
Die Berufslehre ist für Emmanuel Hofer das Erfolgsmodell schlechthin: «Sie ist der beste Einstieg in den Arbeitsmarkt. Den jungen Berufsleuten werden Theorie und Praxis vermittelt.» Die Zahlen sprächen eine eindeutige Sprache: «Wir haben die weltweit tiefste Jugendarbeitslosigkeit.» Stolz zeigt sich Hofer, dass es Obwaldner Lehrabgänger an Berufsweltmeisterschaften regelmässig auf Podestplätze schafften.
Auch in Nidwalden belegt die kaufmännische Lehre seit Jahren den Spitzenplatz. Auf Platz zwei folgt überraschenderweise die Detailhandelslehre, wobei auch hier die Zahl der abgeschlossenen Lehrverträge leicht rückläufig ist. 2014 begannen 31 Jugendliche eine Lehre im Detailhandel, ein Jahr später waren es 18, im vergangenen Jahr 22.