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Uri

Der Chor verbindet die Meientaler

Mit viel Freude und Engagement setzt sich der Kirchenchor seit 30 Jahren für das kulturelle und gesellschaftliche Leben im Bergtal ein. Bereits zum 14. Mal führen Kinder und Jugendliche unter der Regie des Kirchenchors ein Krippenspiel auf.
Der Chor probt unter der Leitung von Barbara Baumann (am E-Piano) und Pia Baumann-De Moliner für das Krippenspiel 2018. (Bild: Christof Hirtler (Meien, 6. Dezember 2018))
Sie machten beim Krippenspiel 2016 mit. (Bild: Peter Lienert (Meien, Dezember 2016))
Weihnachtsbescherung im alten Schulhaus nach dem Krippenspiel 1985: Kaplan Franz Bissig und Köchin Agatha Aschwanden, die 50 Jahre lang im Kirchenchor Meien mitgewirkt hat, beschenken die Kinder. (Bild: Pia Baumann-De Moliner (Meien, Dezember 1985))

Christof Hirtler

Christof Hirtler

Christof Hirtler

Das Meiental tief verschneit, Sterne funkeln. Die Kirche, das Dörfchen, ein paar erleuchtete Fenster, dahinter die weissen Berge – ein Bild wie aus einem Adventskalender. Im Mehrzweckgebäude proben 14 Frauen und sechs Männer des Offenen Kirchenchors Meien die Lieder für das Krippenspiel «Wiänachtä verlorä»: «Ä Kenig ooni Chronä», «Uf em Fäld», «Hit isch dä Häiland geborä». Dirigentin Pia Baumann-De Moliner singt mit, kommentiert.

Den Kirchenchor in der heutigen Form gibt es seit 1988. Er verbindet die Leute im Tal mit Meientalern, die im Unterland oder ausserhalb des Kantons wohnen. Drei Beispiele: Im Chor wirken Präsidentin Margrit Baumann-Jauch vom «Aderbogen» im Meiental, Bernadette Baumann aus Altdorf oder die in Muotathal wohnhafte Organistin Barbara Baumann mit. Letztere ist Wochenendaufenthalterin und reist für jede Probe ins Meiental.

Die Organistin war schon als Zwölfjährige dabei

Die Organistin gibt den Takt vor, schnippt mit den Fingern, treibt den Chor vorwärts. 1999 hatte Barbara Baumann als Zwölfjährige ihren ersten Auftritt mit dem Chor in der Kirche. «‹Hört der Engel helle Lieder› war mein erstes Lied, das ich damals auf der Orgel spielte», erzählt sie lachend. «Chorleiterin Pia Baumann-De Moliner wählt mit mir zusammen die Lieder aus. Da und dort schreibe ich eine zweite Stimme dazu.» Nach Allerheiligen beginnen die Proben, rund acht bis zehn, gerne hätte sie etwas mehr. «Es ist schön, wie alle mit Freude dabei sind. Mittlerweile kennt man unseren Chor. Die Lieder, begleitet vom E-Piano, klingen sehr erfrischend.»

Alle Chormitglieder erhalten die Lieder je nach Stimmlage, Sopran, Alt, Tenor und Bass, von der Organistin Barbara Baumann per Whatsapp auf ihr Natel geschickt. So kann auch daheim geübt werden. Anderthalb Stunden dauert die Probe, unterbrochen von einer kurzen Pause. Da wird viel geredet und gelacht. Manchmal gibt es für Barbara Baumann während der Proben Momente des Zweifels. Dann wird nochmals an Details gefeilt, einzelne Liedpassagen wiederholt. «Der Aufwand lohnt sich. Die Konzentration an den Auftritten ist sehr hoch, der Chor steigert sich.»

Sängerin bleibt über den Chor mit dem Meiental verbunden

«Mein Bruder René Baumann führt im Meiental einen Bauernbetrieb», sagt Pia Walker-Baumann. «Im Sommer bin ich mit meinem Mann und unserer Tochter oft am Wochenende bei ihm, und wir helfen beim Heuen. Es gefällt uns hier, unsere Tochter kann die Natur erleben, etwas, das so in Altdorf nicht möglich ist. Hier ist das Leben einfacher. Auch die Weihnachtstage verbringen wir hier.» Tochter Elin hat am 26. Dezember Geburtstag. «Das Singen macht mir viel Freude. Ich kann, wie die meisten, nicht Notenlesen», sagt sie. «Wir singen nach Gehör. Über den Chor bleibe ich mit dem Tal verbunden, ich begegne Menschen, die ich sonst nicht treffen würde. So kann ich den Kontakt zum Meiental aufrecht-halten, weiss, was im Tal läuft. Mit dem Meiental verbinden mich viele Erinnerungen. Es ist noch heute mein Daheim, besonders zur Weihnachtszeit. In Altdorf ist für mich nicht Weihnachten – mir fehlen der Schnee und sternenklare Nächte. Das Schönste ist eine volle Kirche am Krippenspiel und das Zusammensein nach der Messe in der Kaffeestube.»

«In unserem Chor sind mit Dorli Baumann, ihrer Tochter Martha und dem Enkelkind Angela drei Generationen dabei», sagt Pia Baumann-De Moliner, die den Chor seit 1988 leitet. «Drei Geschwister, aber auch Vater und Sohn oder Mutter und Tochter, singen mit. Das Familiäre ist typisch für unseren Chor.» Im Sommer pausiert der Chor. Die ersten Gesangsproben finden wieder Mitte September statt. «Wir proben für unsere Auftritte an der Kilbi und an Allerheiligen», sagt die Leiterin.

Krippenspiel als wichtiges gemeinsames Projekt

Besonders intensive und viele Proben folgen jeweils für das Krippenspiel. Seit der Schliessung der Schule ist der Chor verantwortlich für die jährliche Aufführung des Krippenspiels. Den Text schreibt jedes Jahr Sarah Baumann, die Tochter der Dirigentin. Drei Frauen proben mit den Kindern. Für das diesjährige Weihnachtsspiel, «Wiänachtä verlorä», wird vor allem an den Wochenenden geprobt.

Für die Meientaler Kinder und Jugendlichen, die in Wassen und Gurtnellen die Schule besuchen, ist das Krippenspiel ein wichtiges gemeinsames Projekt. «Es ist beeindruckend, wie authentisch und selbstbewusst die Kinder vor Publikum spielen. Die biblische Geschichte ist ihnen aus ihrem Alltag vertraut. Sie kennen die Arbeit der Hirten, haben Geburten von Kälbern und Lämmern miterlebt, sie helfen bei den Arbeiten im Stall und auf dem Land.» Nicht nur die Einheimischen freuen sich auf das Meientaler Krippenspiel, sondern auch und eine zunehmend grössere Zahl von Auswärtigen.

Von Allerheiligen bis Pfingsten betreut der Kirchenchor nach den Messen die Kaffeestube im Mehrzweckgebäude. «Besonders freuen wir uns auf die Chorreisen: Wir waren schon in Saas-Fee, Gruyères, Chamonix oder im Piemont», sagt Pia Baumann-De Moliner.

Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts aktiv

In der Kirche in Meien wurde aber schon vor 1988 gesungen. So führte während des Ersten Weltkriegs die Lehrerin Agatha Jörg die Gesamtschule in Meien. Sie spielte Harmonium und sang mit den Erwachsenen auf der Empore Kirchenlieder. Von 1937 bis zu seinem Wegzug 1971 leitete Lehrer und Kirchenmusiker Josef Regli den Kirchenchor Meien. Danach übernahm Adolf Baumann bis zu seinem frühen Tod 1983 die Leitung.

Beim ersten Auftritt an der Erstkommunion 1988 leiteten Pia Baumann-De Moliner und Ruth Niederberger den Chor. Bis zur eigentlichen Vereinsgründung (1994) organisierte Chorleiterin Pia Baumann sämtliche Proben, Termine und Ausflüge. Seit 1994 haben vier Präsidentinnen den Chor geleitet: Maria Baumann-Gisler (1994–1996), Verena Walker-Epp (1996–1999), Bernadette Baumann (1999–2016) und Margrit Baumann-Jauch (seit 2017). 1994 gab es viel zu feiern: die Innenrenovation der Kirche, das 50-Jahr-Priesterjubiläum von Kaplan Bissig und den ersten grossen Auftritt des Kirchenchors. Weitere unvergessliche Anlässe waren die Landratspräsidentinnenfeier von Maria Baumann in Wassen oder auch der Festgottesdienst von 1997 zum 90. Geburtstag von Kaplan Franz Bissig mit der Verleihung der päpstlichen Verdienstmedaille (Bene Merenti) an die Chormitglieder Agatha Aschwanden und Antoinette Walker. 2017 hat der Chor die jährlichen Auftritte auf Ostern, Kilbi, Allerheiligen und Weihnachten reduziert. Einzigartig in Uri: Der Kirchenchor Meien führt 2018 bereits zum 14. Mal ein Krippenspiel durch.

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