Peter Keller*
Man mag diese sechs Buchstaben nicht mehr hören: Corona. Noch immer dominiert dieses Virus die Politik und unser Leben. In dieser Frühjahrssession haben die Parlamente nochmals 12 Milliarden Franken Finanzhilfen beschlossen.
Ich kann mich noch gut an den November vergangenen Jahres erinnern. Mein jüngstes «Götti-Meitli» wurde 18 Jahre alt und ich schrieb ihr zum Geburtstag, sie müsse nicht verzweifeln, bald sei die Geschichte gegessen: Wenn erst die Leute sich impfen lassen können und der Frühling beginnt, dann kehre die Normalität weitgehend zurück.
Jetzt haben wir Ende März und die Schweiz gibt ein blamables Bild ab. Die Impfdosen-Beschaffung funktioniert nicht, vom ursprünglichen Impfplan ist man weit entfernt. Mittlerweile spricht Bundesrat Berset nebulös vom «Sommer». Fakt ist: Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat zu wenig Impfstoff bestellt, gewisse Anbieter wurden nicht einmal geprüft, die Organisation durch den Bund ist viel zu schwerfällig. Marokko hat heute doppelt so viele Menschen geimpft wie die Schweiz…
Ich weiss, dass manche Leute jede Kritik am Bundesrat gleich als «gefährlich» und «unschweizerisch» hinstellen wollen. Es ist genau umgekehrt. Gefährlich ist es, wenn in einer Demokratie abweichende Meinungen nicht mehr möglich sind. Dafür gibt es Anzeichen und das macht mir Sorgen. Die Urdemokratie Schweiz lebt von der Auseinandersetzung – und wenn es um so weitreichende Entscheidungen wie Berufsverbote, Lockdowns und Milliardenausgaben geht, braucht es demokratische Kontrolle.
Dass Sie mich richtig verstehen: Der Bundesrat soll in einer «ausserordentlichen Lage» Vollmachten bekommen, um schnell und entschlossen handeln zu können. So war es vor einem Jahr zu Beginn der Pandemie. Inzwischen ist über ein Jahr vergangen. Seit Sommer befinden wir uns nur noch in der «besonderen Lage». Jetzt müssen die demokratischen Abläufe wieder spielen. Es kann nicht sein, dass der Bundesrat systematisch die Kantone, Parlamente und Kommissionen überdreht.
Die Schliessung der Ski-Terrassen war eine reine Machtdemonstration des Bundes. Nachvollziehbare Gründe gab es keine. Sämtliche Kantone wollten auf Anfang April eine Öffnung der Aussenbereiche für Restaurants – was den Bundesrat nicht interessierte. Während des Lockdowns durften Bordelle geöffnet bleiben, aber ein Buch kaufen durfte man nicht. Willkür ist Gift für eine Demokratie.
* Peter Keller ist Nationalrat für den Kanton Nidwalden und SVP-Mitglied.