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Zug

Das tapfere Schneiderlein

«Seitenblick» zu den Strapazen, die das Nähen eines Guggengwändlis mit sich bringen
Bild: stk
Bild: Stefan KaiserPHOTO

Carmen Rogenmoser

Ein lauter Knall: Das Handrad der Nähmaschine ist mit einer solchen Wucht abgebrochen, dass es quer durchs Wohnzimmer fliegt. Ich seufze und wische mir den Schweiss von der Stirn: Glücklicherweise befand ich mich damals auf der Zielgeraden. Nur noch die angefangene Naht musste beendet werden, dann war das Fasnachtsgwändli endlich fertig. Hätte noch mehr gefehlt, ich weiss nicht, was mit dem Guggengwändli passiert wäre. So konnte ich die letzte Etappe mehr schlecht als recht per Hand beenden.

Der Zwischenfall ist einige Jahre her. Er markierte den Tiefpunkt meiner Nähkarriere. Unzählige weitere Missgeschicke gehören aber dazu: abgebrochene Nadeln, falsch zusammengenähte Teile (das Naht-Auftrennerli war mein wichtigster Begleiter), zu enge Ärmel – ich bin sicher, jeder Laien-Näher von Guggen-gwändli weiss, wovon ich spreche. Der Umgang mit den voluminösen, wattierten Stoffen, dem rutschenden Latex und den vielen Glitzerpartikeln ist alles andere als einfach.

Aus der Vorfreude, sich an ein neues Projekt zu setzen, dem Vorsatz, sich genug Zeit zu nehmen und die ganze Nähanleitung zu lesen, wurde während meiner Guggenzeit doch stets ein Fertigmachen auf die letzte Minute. Meinen Anspruch schraubte ich hinunter: Die Teile mussten eine ganze Fasnachtssaison aneinander halten. Das immerhin habe ich Jahr für Jahr geschafft. Einen Schönheitswettbewerb hätten meine Gwändli allerdings nicht gewonnen. Immerhin: Sie waren selbst gemacht. Darauf war ich doch ein wenig stolz.

Nach meiner Guggen-Karriere habe ich aber entschieden, mir ein Strassenkostüm schneidern zu lassen. Dieses hole ich nun Jahr für Jahr vom Estrich. Die Nähte halten, der Reissverschluss sitzt, wo er soll und unter der Jacke bleibt Platz für einen warmen Pulli. In diesem Jahr allerdings habe ich mich wieder an die Nähmaschine gesetzt, mit einem kleinen Projekt: eine Weste für den Sohn.

Bald schon wich die Vorfreude aber Ernüchterung: Der Tisch ist zu klein, das Licht zu dumpf, die Schere eher für Papier statt Stoff gemacht. Tapfer kämpfte ich mich durch den farbenfrohen Stoff – dann passierte es: Es knallt. Das Handrad ist zwar dran geblieben, die Nadel aber abgebrochen. Eine Ersatznadel ist natürlich nirgends zu finden. Also bleibt mir auch diesmal nichts anderes übrig, als die kleine Weste per Hand zusammenzuflicken.

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