notifications
Luzern

Das Schmieden machte Josef Maria Odermatt glücklich

Der Nidwaldner Josef Maria Odermatt war einer, dem das Eisen gehorchte. Nun widmet ihm die Galerie Hofmatt eine Gedenkausstellung.
Dem zeichnerischen Werk von Josef Maria Odermatt als eigener Schaffenszweig schenkt die Hofmatt besondere Beachtung.  (Bild: Romano Cuonz (Sarnen, 3. November 2021))
«Die Geiss» im Panoramazimmer. (Bild: Romano Cuonz (Sarnen, 3. November 2021))
Josef Maria Odermatt in seiner Schmitte.  (Archivbild: Christof Hirtler)
Im herbstlichen Hofmatt-Garten finden sich kraftvolle Skulpturen von Josef Maria Odermatt. (Bild: Romano Cuonz (Sarnen, 3. November 2021))

Romano Cuonz

Romano Cuonz

Romano Cuonz

Romano Cuonz

Als die Sarner Galerie Hofmatt am Samstag die Tür zu einer Gedenkausstellung für den bedeutenden Nidwaldner Eisenplastiker Josef Maria Odermatt öffnete, jährte sich dessen Todestag genau zum zehnten Mal. Pia Bürgi vom Galerie-Team erklärte an der Vernissage: «Wir bieten hier keine umfassende Werkschau, aber wir zeigen Ausschnitte aus seinem unglaublich reichen Lebenswerk.»

Indessen: Nur schon die wenig bekannten, grossformatigen, fast wuchtig anmutenden Zeichnungen im Flurbereich überraschen. Der vitale Mann aus dem nidwaldnerischen Oberdorf hat sie mit breitem Pinsel grosszügig gemalt. Im Galerieraum hingegen trifft man auf feine, durchscheinende Tuschbilder. Die meisten dieser Werke werden erstmals ausgestellt. Flüchtig betrachtet, muten sie wie Skizzen zu späteren Skulpturen an. In Wahrheit aber bilden sie, parallel zu den auf festem Boden haftenden Eisenplastiken, ein eigenes, kontrastreiches Oeuvre.

Stark verwurzelter Innerschweizer mit Humor

Während sich Eisen unter den Hammerschlägen des Künstlers verhärtet, immer knapper und einfacher wird, erobert sich die Tusche unter Odermatts weichem Pinselstrich zerfliessend grossen Spielraum. Und während seine Eisenplastiken meist wortkarg bleiben, lassen die Zeichnungen auch fantastische Erzählungen zu. Man begegnet dem spontanen, kreativen «Maria». Einem stak verwurzelten Innerschweizer, der viel Humor besass und an der Nidwaldner Fasnacht nicht selten auch das Weibliche verkörperte. Etwa als Ballerina oder Burgfräulein.

Bloss zwei Schritte weiter, im Zimmer mit dem Obwaldner Panorama an den Wänden, trifft man auf den «Josef». Auf jenen robusten Schlosser und Schmied, dessen Eisenplastiken niemals filigran waren. Vor allem zu Beginn seines Schaffens konnten sie auch geballte Wut, Ängste und Verzweiflung über die Umweltzerstörung ausdrücken. Ein Beispiel dafür ist die eigenwillige Plastik, die mitten im Panoramazimmer steht. Von der Familie wird sie «die Geiss» genannt und hat so als einziges Werk einen Titel. Massiv und auf feste Beine gestellt tritt sie hervor und zeigt Hörner. Kämpferisch ist sie. Aggressiv sogar! Pia Bürgi stellt schmunzelnd fest:

«Auf der Galerie-Wandmalerei finden sich auch Ziegen, und so gewinnt man den Eindruck, als sei Josef Maria Odermatts ‹Geiss› vom Berg heruntergestiegen.»

Ein Plastiker, der sich stets treu blieb

Am besten beginnt man den Rundgang durch die Ausstellung unten im engen Kellergang. Dort begegnet einem Josef Maria Odermatt nochmals. Möglich macht es sein Freund Jos Näpflin, der die Ausstellung, zusammen mit Pia Bürgi, Edwin Huwyler und Rochus Odermatt kuratiert hat. In einer Nische ist ein Bildschirm platziert. Darauf erscheint der stämmige Odermatt mit weiss gekraustem Haar. Man hört und sieht, wie er das glühende, scheinbar unbeweglich schwerfällige Eisen mit dem Hammer bearbeitet. Der Film lässt ahnen, warum es ihm auf den Schlag gehorchte. Nachgerade zärtlich behandelt er «sein Eisen», niemals würde er ihm etwas zuleide tun. Zum Abkühlen braucht er keinen Schlauch, er lässt ihm dafür jede Zeit. Gegen 50 Jahre lang wurde es der Nidwaldner nie müde, sich mit einem der härtesten und zähesten Materialien zu beschäftigen. Über 400 Plastiken sind so entstanden. «Schmieden macht glücklich», sagte Odermatt einmal. Und er stellte «mit seiner Freundin» Edith Piaf fest: «Non, je ne regrette rien!»

Seit Odermatts Tod vor zehn Jahren stapeln sich in der Hueb am Stanserhorn viele seiner Arbeiten. «Einige dösen im Atelier, andere werden von Flechten und Moos bedeckt, rosten friedlich vor sich hin – und bleiben doch beständig», stellte Pia Bürgi fest. Für die Ausstellung hat man die oft Tonnen schweren Werke gereinigt, neu gerahmt und nach Sarnen transportiert.

Im Garten der Hofmatt begegnet man zwei kraftvollen Skulpturen. Jede spricht ihre eigene Sprache. Gerade weil sie so verschieden sind, treten sie miteinander in einen herausfordernden Dialog. Die Spannung, die das Schaffen Josef Maria Odermatts über all die Jahre geprägt hat, seine lebenslange Auseinandersetzung mit dem zähen Material, wird hier spürbar.

Grosse Qualität des Spätwerks

Ganz anders verhält es sich mit den Spätwerken des Künstlers, die im Gewölbekeller auf einem Sockel aufgereiht sind. Odermatt schuf die kleinen Werke, als ihn die Kräfte nach und nach verliessen. Im Gegensatz zu frühen Arbeiten sind diese Plastiken von einer radikalen Einfachheit. Bockig und stumm stehen sie im Raum, dicht aneinandergedrängt. Sprechen lassen will sie der Künstler jetzt nicht mehr. Ulrich Loock, der frühere Direktor des Kunstmuseums Luzern, erklärte es so: «Unübersehbar nimmt Odermatt mit diesen neuen Arbeiten den Anteil an Verformung des Materials durch körperliche Arbeit zurück. Die neuen Plastiken tragen keine Spuren der Bearbeitung mit dem Schmiedehammer mehr, sie sind glatt, haben gerade Kanten und eine präzise Geometrie.»

Galerie Hofmatt, Sarnen: Josef Maira Odermatt, Zeichnungen und Skulpturen. Bis 5. Dezember. Geöffnet: Samstag und Sonntag, 14 bis 17 Uhr.

Kommentare (0)