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Luzern

Das Löwendenkmal wird heuer 200 Jahre alt

Grabstein, Kraftort, Marketing-Vehikel oder Kunstwerk? Zurzeit werden neue historische Erkenntnisse zum Stadtluzerner Löwendenkmal aufgearbeitet. Sie sollen in das Vermittlungskonzept vor Ort einfliessen.
(Bild: Simon Mathis (Luzern, 10. März 2021))
(Visualisierung: PD)
Das Historiker-Team Jürg Stadelmann und Giulia Schiess. (Bild: Alexandra Wey/Keystone (Luzern, 8. August 2017))
Aufgrund der Pandemie hat das Löwendenkmal zurzeit nur wenige Besucher. (Bild: Urs Flüeler/Keystone (Luzern, 30. Juli 2020))
Jürg Stadelmann beim Löwendenkmal. (Bild: Jakob Ineichen (Luzern, 1. Mai 2018))

Simon Mathis

Diesen August ist es so weit: Das Löwendenkmal feiert seinen 200. Geburtstag. Die Stadt Luzern nimmt das zum Anlass, um die Infotafeln, welche die Besucher mit historischen Hintergründen versorgen, komplett zu erneuern. «Rein vom Erscheinungsbild her kommen die Tafeln mittlerweile sehr verstaubt daher», sagt Cornel Suter, Leiter der Stadtgärtnerei. «Und auch inhaltlich gibt es einiges zu überarbeiten.» Die Stadtgärtnerei ist zuständig für die gesamte Parkanlage und fungiert als Bauherrin. Zurzeit finden sich lediglich am Eingang zum Park Informationen:

Stattdessen will die Stadt bis Ende Mai acht «Infopoints» im Park verteilen, die verschiedene historische Aspekte des Wahrzeichens erläutern. Aussehen sollen die Tafeln ungefähr so:

Für das Design der Stelen ist die Landschaftsarchitektin Julie Dové verantwortlich. Die Standorte hat die Stadtgärtnerei zusammen mit der kantonalen Denkmalpflege aufgrund von Vorschlägen der Historiker Jürg Stadelmann und Giulia Schiess vom «Büro für Geschichte, Kultur und Zeitgeschehen» festgelegt. Die Historiker werden die Texte in Zusammenarbeit mit den Gestaltern von «meierkolb.ch» verfassen. Dieses Team befasst sich seit einigen Jahren intensiv mit dem Denkmal. So haben sie 2017 inszenierte Führungen zu den Hintergründen des Denkmals organisiert.

Es handelt sich zwar «nur» um Infotafeln; die Frage, was auf ihnen stehen soll, ist jedoch alles andere als trivial. Das Löwendenkmal ist schon seit seiner Entstehung umstritten. Der sterbende Löwe, der die gescheiterte Verteidigung der Monarchie durch Schweizer Söldner zelebrierte, führte schon bei der Enthüllung vor 200 Jahren zu Auseinandersetzungen.

Die Historiker Schiess und Stadelmann sind eigenständig mit der Idee zum Stadtrat gelangt. Sie schreiben aber nicht im Vakuum; ein vierköpfiges Begleitgremium wird zu den Textentwürfen Stellung nehmen. Es handelt sich um eine illustre Historikerrunde: Die Gruppe besteht aus der Stadtarchiv-Leiterin Daniela Walker, dem alt Stadtrat Ruedi Meier (Grüne), dem Journalisten Stefan Ragaz und der Verkehrshaus-Archivarin Claudia Hermann.

Zudem berufe man sich auf aktuelle Forschungsergebnisse, wie Jürg Stadelmann auf Anfrage sagt. «Bis heute beherrscht das Narrativ des damaligen konservativen Initianten die Köpfe der Besucherinnen und Besucher – sofern sie überhaupt etwas über den Hintergrund dieses Monuments wissen», sagt Stadelmann.

«Dabei erzählt der Löwe im Grunde eine Geschichte, die bei genauerem Überprüfen gar nicht stimmt.»

Damit meint Stadelmann zum Beispiel, dass auf der Grabinschrift unter dem Löwen doppelt so viele Schweizer Söldner aufgeführt werden, als sich tatsächlich belegen lassen. «Diese und weitere neue Erkenntnisse werden in die Infotafeln einfliessen», so Stadelmann.

Umfangreiche Publikation zum Denkmal geplant

Es sei jedoch nicht Ziel der Tafeln, die Besucher vor vollendete Tatsachen zu stellen. «Uns geht es eher darum, Perspektiven aufzuzeigen», so Stadelmann. «Wir wollen uns dem Denkmal von heute aus fragend nähern.» Besonders interessant findet er die Frage, wie die Skulptur heute interpretiert werden kann. Die Möglichkeiten seien vielfältig: «Ist es ein Grabstein, ein Kraftort, eine Gedenkstätte, ein Marketing-Vehikel oder ein Kunstwerk?» Mit dieser Thematik beschäftige sich auch eine umfangreiche geschichtswissenschaftliche Publikation, die sich derzeit in Ausarbeitung befinde.

Die Infotafeln sollen auch eine digitale Komponente haben. Per Smartphone will man den Besuchern ermöglichen, sich in die Themen zu vertiefen. Die Infos werden auf Deutsch und Englisch vermittelt. Ob weitere Sprachen dazu kommen, ist noch offen.

Am eigentlichen Jubiläum, dem 10. August, plant die Stadt übrigens eine offizielle Gedenk- und Jubiläumsfeier; allerdings im kleinen Rahmen und auf Einladung.

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