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Luzern

Coronamarathon im Luzerner Kantonsrat: die neun wichtigsten Entscheide im Überblick

An seiner Sondersession entschied das Parlament am Montag über zahlreiche Vorstösse zur Bewältigung der Krise.
Der Kanton Luzern will die Tourismusbranche (im Bild Touristen am Luzerner Seebecken) mit zusätzlichen Mitteln unterstützen – und prüft, die Beiträge an Bedingungen der Nachhaltigkeit zu knüpfen. (Bild: Alexandra Wey/Keystone (15. August 2017))
Schüler arbeiten an einem Computer (Bild: Keystone)

Alexander von Däniken und Dominik Weingartner

Alexander von Däniken und Dominik Weingartner

Elfeinhalb Stunden für 61 Vorstösse: Das Luzerner Kantonsparlament hat sich zum Thema Coronavirus einen langen Sessionstag vorgenommen. «Im Vorfeld wurde viel über diesen Tag gesagt und geschrieben. Darum verzichte ich auf weitere Ausführungen», sagte Kantonsratspräsident Josef Wyss (CVP, Eschenbach) am Montag einleitend. Und erklärte danach, dass zwei Postulate zurückgezogen worden sind. Bei sechs Anfragen wurde keine Diskussion verlangt. Blieben also noch 53 Vorstösse auf der Traktandenliste. Eine Auswahl von wichtigen Entscheidungen:

Folgen für den Staatshaushalt

Zwar ist noch nicht klar, wie sich die Coronakrise auf den Luzerner Staatshaushalt auswirkt. Doch in Szenarien lassen sich verschiedene Folgen abbilden. Das schlug Daniel Piazza (CVP, Malters) in seinem Postulat vor. Um weder gross an den Einnahmen oder Ausgaben zu schrauben, braucht es allenfalls Anpassungen an der Schuldenbremse. Franz Räber (FDP, Emmenbrücke) warnte aber mit seinem Postulat davor, die Schuldenbremse wegen Corona anzutasten. «Die Schuldenbremse ist krisentauglich», sagte auch Armin Hartmann (SVP, Schlierbach). Auf Vorrat die Schuldenbremse anzupassen, ist auch nicht im Sinn des Regierungsrats. Er will sich für später aber Optionen für leichte Korrekturen offenhalten. Im Finanzplan 2021 bis 2024 wird der Regierungsrat erklären, ob und wie auch die Grundsätze des Finanzleitbildes unter dem Einfluss der Coronapandemie eingehalten werden. Damit waren Franz Räber und die Ratsmehrheit einverstanden: Räbers Postulat wurde teilweise erheblich erklärt, Piazzas Postulat erheblich.

Lösungen für Firmen

David Roth (SP, Luzern) forderte, dass der Kanton die Minimalbesteuerung von 500 Franken für Firmen in diesem Jahr aussetzt, wenn der Umsatz der Firmen eine Million Franken nicht übersteigt. Eine Entlastung für öffentliche Verkehrsbetriebe forderte Isabella Schwegler-Thürig (SP, Reiden). Beide Postulate fielen beim Regierungsrat durch. So sei die Mindeststeuer erst kürzlich eingeführt worden. Und beim ÖV brauche es zuerst eine Gesamtansicht, welche das Bundesamt für Verkehr derzeit ausarbeite. Die Parlamentsmehrheit entschied sich für die teilweise Erheblicherklärung des Vorstosses von Schwegler-Thürig und gegen den Vorstoss von Roth.

Stützung des Tourismus

Der Regierungsrat hat am 21. April Mittel im Umfang von 700000 Franken für die Sicherstellung der Luzerner Tourismusförderung gesprochen. Dabei sind 300000 Franken für zusätzliche und kurzfristige Marketingmassnahmen vorgesehen. Yvonne Hunkeler (CVP, Grosswangen) forderte nun namens der Kommission Wirtschaft und Abgaben (WAK) die Regierung auf, eine weitere Unterstützung zu prüfen. Dabei geht es vor allem um Marketingmassnahmen im ländlichen Raum, wie WAK-Sprecher André Marti (FDP, Willisau) ausführte. Das Postulat wurde teilweise erheblich erklärt. Wenn der Tourismus schon Unterstützungsbeiträge erhält, sollen die Betriebe aber auch Auflagen bei der Nachhaltigkeit erfüllen: Das forderte Ursula Berset (GLP, Buchrain) in ihrem Postulat. Dieses wurde ebenfalls teilweise erheblich erklärt. Zu weit ging der Ratsmehrheit die Forderung von Samuel Zbinden (Grüne, Sursee), wonach die Gelder ausschliesslich für nachhaltigen Tourismus ausgegeben werden sollen.

Für zweite Welle vorbereiten

Der Kanton Luzern soll Vorbereitungen für eine allfällige zweite Ansteckungswelle treffen. Das fordert Stephan Betschen (FDP, Buchrain) – und stösst damit beim Regierungsrat auf offene Ohren. Dem Postulant war wichtig, dass die Massnahmen der Bevölkerung kommuniziert werden. «Mir fehlen hier noch die Kriterien und Entscheidungsgrundlagen», so Betschen. Auch David Roth (SP, Luzern) stellte die Frage in den Raum, was der Kanton unternimmt, um eine zweite Welle zu verhindern. Gesundheitsdirektor Guido Graf (CVP) sagte: «Mir kommt es vor, als haben wir mehr Experten als Infizierte.» Es sei wichtig, die Massnahmen weiterhin einzuhalten. Die Zusammenarbeit mit der Lungenliga Zentralschweiz funktioniere sehr gut. Der Regierungsrat sei für verschiedene Arten eines Ausbruchs gerüstet. «Und wir kontrollieren auch in Zukunft die Firmen.» Es gebe ausserdem genügend Schutzausrüstung. Das Postulat von Stephan Betschen wurde erheblich erklärt.

Digitalisierung in der Bildung

Während Wochen waren die Schulen geschlossen, unterrichtet wurde zu Hause. Der Regierungsrat wurde am Montag dazu aufgefordert, im Bildungsbereich ein Digitalisierungskonzept zu erstellen und Lehren aus der Coronakrise zu ziehen. Ein entsprechendes Postulat von Jonas Heeb (Grüne, Horw) war im Kantonsrat unbestritten und wurde für erheblich erklärt – so wie dies auch die Regierung vorgeschlagen hat. Bildungsdirektor Marcel Schwerzmann sagte zur Digitalisierung in der Bildung: «Es gibt genügend Strategien, jetzt wollen wir umsetzen und eine Wirkung erzielen.» Dabei gehe es um «Hardware, um Software, aber auch um pädagogische Inhalte». Zurzeit führt der Kanton diesbezüglich eine Umfrage bei Schülern, Eltern und Lehrern durch.

Klimaschutz in Coronazeiten

András Özvegyi (GLP, Luzern) forderte mit einem Postulat, die Mittel des kantonalen Förderprogrammes Energie um mindestens 2,5 Millionen Franken pro Jahr zu erhöhen. «Dadurch werden Investitionen in zehnfacher Höhe ausgelöst», begründete er. Die Regierung plädierte für teilweise Erheblicherklärung: Tatsächlich reicht der eingestellte Betrag wohl nur bis im Herbst; hier soll die Lücke geschlossen werden. Für 2021 und danach würde eine Bemerkung im Finanzplan reichen. Grüne-Fraktionschefin Monique Frey (Emmen) forderte einen Planungsbericht darüber, wie der wegen der Coronakrise reduzierte Verkehr beibehalten werden kann. Das hielt die Regierung nicht für nötig. «Der Effekt war nur vorübergehend», begründete Regierungsrat Fabian Peter. Özvegyis Postulat wurde teilweise erheblich erklärt, das von Frey abgelehnt.

Höhere Prämienverbilligung

SP-Kantonsrat Marcel Budmiger (Luzern) forderte mittels Postulat, den ausbezahlten Betrag der Prämienverbilligung für die nächsten zwei Jahre um 50 Prozent zu erhöhen. Dies, weil die Anspruchsgruppe der Prämienverbilligung besonders hart von der Coronakrise getroffen werde. Der Regierungsrat empfahl, das Postulat für teilweise erheblich zu erklären, sie will die Richtprämie aber grundsätzlich prüfen. Der Kantonsrat folgte der Regierung, gegen den Widerstand der SVP. Deren Sprecher Armin Hartmann (Schlierbach) sagte: «Die Prämienverbilligung ist kein Instrument zur Konjunkturförderung.»

Vereine sollen entlastet werden

Mit zwei Postulaten verlangte Georg Dubach (FDP, Triengen), dass der Regierungsrat prüfen soll, die Gebühren für die Benutzung von kantonseigenen Infrastrukturen durch Sport- und Laienkulturvereine befristet zu erlassen. Die Einnahmeausfälle seien zu vernachlässigen. «Es geht darum, ein Zeichen für die Vereine zu setzen», so Dubach. Die Regierung lehnte beide Postulate ab. Guido Graf wies darauf hin, dass der Bund Soforthilfe für bedrohte Sportvereine leiste. Marcel Schwerzmann sagte, der Kanton wolle den Gemeinden nicht vorschreiben, den Vereinen die Mieten erlassen zu müssen. Das Parlament erklärte beide Postulate dennoch für teilweise erheblich.

Unterstützung für Angehörige

Mittels zwei Postulaten fordert Michael Ledergerber (SP, Luzern) die Unterstützung von betreuenden Angehörigen von Menschen mit Behinderung. Denn während des Lockdowns waren viele externe Betreuungseinrichtungen geschlossen. Der Regierungsrat erklärt sich bereit, eine rückwirkende Anpassung der entsprechenden Verordnung zu prüfen, damit diese Angehörigen 35 Franken pro Tag in Rechnung stellen könnten. «Menschen mit Behinderung und deren Eltern waren in den vergangenen Wochen besonders grossen Herausforderungen ausgesetzt», sagte Gesundheitsdirektor Guido Graf. Beide Postulate wurden überwiesen, eines erheblich, das andere teilweise erheblich.

Die Sprüche des Tages

«Machen Sie sich keine Sorgen. Ich werde die Glocke dann bis am Rest des Tages einsetzen.»

Kantonsratspräsident Josef Wyss (CVP, Eschenbach) liess bei den Rednern zu den ersten drei Vorstössen Gnade walten – mahnte aber zur künftigen Einhaltung der Redezeit.

«Jetzt hat der Wind gedreht und du richtest die Fahne neu aus!»

Gaudenz Zemp (FDP, St. Niklausen) äusserte seinen Unmut über David Roth (SP, Luzern). Dieser habe die Einführung der Minimalsteuer gefordert – und will sie zur Entlastung von Kleinfirmen wieder abschaffen.

«Da fehlen schlicht der Anstand und das Erinnerungsvermögen.»

Die Replik von SP-Kantonsrat David Roth kam prompt: Er habe die Minimalbesteuerung mehrfach abgelehnt.

«Meine Damen und Herren, ich bitte Sie alle, etwas runterzufahren.»

Regierungsrat Guido Graf (CVP) versteht sich auch im Ratsbetrieb als Gesundheitsdirektor. Nach einem «Spiel auf den Mann», wie SP-Kantonsrat Marcel Budmiger sagte, mahnte Graf, auf den Puls zu achten.

Der Ticker zum Nachlesen

Die Corona-Session im Livestream

Alle Entscheide im Überblick

Motion von Angela Lüthold (SVP) für einen Bericht zu den Folgen der Corona-Krise teilweise überwiesen.

Motion von Jasmin Ursprung (SVP) für einen Wirkungsbericht zu den getätigten Corona-Massnahmen erheblich erklärt.

Postulat von Daniel Piazza (CVP) erheblich erklärt. Es verlangt, dass der Regierungsrat seine Finanzpolitik wegen der Corona-Krise in Szenarien gestaltet.

Postulat von Franz Räber (FDP) zur Schuldenbremse nach der Corona-Krise teilweise erheblich erklärt.

Postulat von Adrian Bühler (CVP) über Beurteilungskriterien für weitergehende Corona-Unterstützung überwiesen.

Postulat von David Roth (SP) zur Rückerstattung der Mindeststeuer für Kleinunternehmer abgelehnt.

Postulat von Isabella Schwegler (SP) teilweise überwiesen. Es verlangt eine Unterstützung der öffentlichen Verkehrsbetriebe.

Postulat von Samuel Zbinden (Grüne) für eine Anhebung der Kurzarbeitsentschädigung abgelehnt.

Postulat von Simone Brunner (SP) über die Weiterführung der Ausrichtung der Kurzarbeit für Geschäftsinhaber abgelehnt.

Postulat von Simone Brunner (SP) verworfen. Es wollte eine existenzsichernde Entschädigung für Selbstständigerwerbende, die direkt oder indirekt von der Krise betroffen sind.

Postulat von Andras Özvegyi (GLP) zur Erhöhung des Energieförderprogramms teilweise zugestimmt

Postulat von Monique Frey (Grüne) abgelehnt. Frey forderte einen Planungsbericht, der aufzeigt, wie der Verkehr auf dem Niveau gehalten werden kann, wie es während des Lockdowns geherrscht hat.

Postulat der Kommission für Wirtschaft und Abgaben zur kurzfristigen Stützung der Tourismusbranche teilweise überwiesen.

Postulat von Patrick Hauser (FDP) zur Tourismusvermarktung wegen Erfüllung abgelehnt.

Postulat von Ursula Berset (GLP) teilweise überwiesen. Berset wollte, dass Unterstützungsbeiträge für die Tourismusbranche an Bedingungen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit gestellt werden.

Postulat von Samuel Zbinden (Grüne) abgelehnt. Er wollte, dass Gelder nur dem nachhaltigen Tourismus zu Gute kommen solle.

Postulat von Stephan Betschen (FDP) zu den Vorbereitungen auf eine zweite Welle erheblich erklärt.

Postulat von Jonas Heeb (Grüne) erheblich erklärt, das ein Digitalisierungskonzept für den Bildungsbereich verlangt.

Postulat von Helene Meyer (SP) für ein Massnahmenpaket zur Aufarbeitung individueller Lernrückstände aufgrund des Fernunterrichts wegen Erfüllung abgelehnt.

Postulat von Simone Brunner (SP) teilweise erheblich erklärt. Es verlangt Massnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit.

Postulat von Georg Dubach (FDP) über einen befristeten Gebührenerlass für Vereine des Breitensports teilweise überwiesen.

Postulat von Georg Dubach (FDP) über einen befristeten Gebührenerlass für Laienkulturvereine teilweise überwiesen.

Postulat von Urban Sager (SP) über die Einrichtung eines Entschädigungsfonds für Kulturschaffende abgelehnt.

Postulat von Urban Frye (Grüne) für Gagenzuschüsse für Konzertveranstalter abgelehnt.

Postulat von Michael Ledergerber (SP) für finanzielle Sofortmassnahmen für betreuende Angehörige von erwachsenen behinderten Menschen teilweise überwiesen.

Postulat von Michael Ledergerber (SP) zur Auszahlung der Behindertenhilfe für erheblich erklärt.

Postulat von Pia Engler (SP) für einen doppelten Solidaritätsfranken abgelehnt.

Postulat von Marcel Budmiger (SP) für eine Erhöhung der Prämienverbilligung teilweise erheblich erklärt.

Postulat von Ruedi Amrein (FDP) für eine befristete Unterstützung der Forstbetriebe teilweise erheblich erklärt.

Postulat von Urs Marti (CVP) über die Beschleunigung von Investitionsprojekten wegen Erfüllung abgelehnt.

Motion von Adrian Bühler (CVP) teilweise gutgeheissen. Sie verlangt, dass die Corona-Krise für eine Innovationsoffensive und einen Bürokratieabbbau genutzt wird.

Postulat von Gaudenz Zemp (FDP) für eine kantonale Regulierungsbremse erheblich erklärt.

Postulat von Ursula Berset (GLP) zu den positiven Erfahrungen mit dem Homeoffice wegen Erfüllung abgelehnt.

Postulat von André Marti (FDP) teilweise erheblich erklärt. Thema war hier das Smart Working.

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