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Luzern

Corona ist dort fast kein Thema mehr: Im «Café Med» bieten pensionierte Mediziner wieder gratis Beratungen an

Das «Café Med» im Luzerner Restaurant Melissa’s Kitchen ist nach einer langen Coronapause wieder gestartet. Ein Augenschein.
Frank Achermann (Bildmitte) während eines Beratungsgesprächs des «Café Med». (Bild: Stefan Dähler (Luzern, 7. Juli 2021))

Stefan Dähler

Lange war es ruhig um das «Café Med». Während fast eines Jahres konnte die kostenlose medizinische Beratung aufgrund der Coronapandemie nicht durchgeführt werden. Am vergangenen Mittwoch ging es nun im Restaurant Melissa’s Kitchen am Hirschengraben in Luzern wieder los. Mit lauter Fragen zu Corona? «Nein, bis jetzt war das fast kein Thema», sagt Ursula Achermann vom Verein Akademie Menschenmedizin in einer Pause.

«Ich hätte mehr Fragen dazu erwartet, doch bis jetzt kam erst eine Frage zur Impfung.»

Ursula Achermann organisiert gemeinsam mit ihrem Mann Frank Achermann das Luzerner «Café Med», das jeweils am ersten Mittwoch des Monats von 14.30 bis 17.30 Uhr im «Melissa’s Kitchen» stattfindet. Dort können Leute sich kostenlos und ohne Voranmeldung zu medizinischen Fragen beraten lassen. Rund zehn pensionierte Ärztinnen, Ärzte, eine Psychologin und eine Diabetesfachschwester stehen Red und Antwort und unterstützen die Fragenden dabei, zu einem eigenen Entschluss zu kommen.

So viele Leute wie vor der Pandemie

An diesem Mittwoch kommen bereits in der ersten Stunde rund zehn Personen vorbei, was laut Ursula Achermann ein durchschnittlicher Wert ist. Die allermeisten von ihnen sind schon im Pensionsalter. Pandemiebedingte Zurückhaltung ist keine zu spüren. «Die meisten sind wohl schon geimpft und zufrieden mit der Situation», sagt Ursula Achermann. Sichtbar ist Corona durch die Schutzmasken, welche die pensionierten Ärztinnen und Ärzte sowie das Servicepersonal tragen.

Die Fragen drehen sich um allerlei Themen. «Sehr oft sind es Unsicherheiten: Soll ich die empfohlene Therapie machen, brauche ich all diese verschriebenen Medikamente?», führt Frank Achermann aus. «Wir besprechen dann, ob es Alternativen gibt oder unter welchen Gegebenheiten man mit einer Therapie oder Operation noch zuwarten kann.» Einem Besucher erklärt er, wie ein Schmerzmedikament wirkt und welche Nebenwirkungen es hat. Frank Achermann:

«Das muss ein Patient wissen, etwa um zu beurteilen, wie häufig er das Medi zur Schmerzbekämpfung einnehmen kann oder ob er damit noch Autofahren darf.»

Ursula Achermann betont, dass es darum gehe, eine Entscheidungshilfe zu bieten. «Entscheiden müssen die Leute aber immer selbst. Wir sind die Sparringpartner bei der Entscheidungsfindung.» Therapien verordne man keine, auch Untersuchungen führe man nicht durch. Trotzdem kann es sein, dass jemand mit einer akut schmerzenden Hand vorbeikommt. In solchen Fällen verweise man an den Hausarzt.

Der ökonomische Druck des Berufsalltags fällt weg

Wer sich beraten lassen will, wird im Lokal empfangen und einer Fachperson zugewiesen, die sich mit dem jeweiligen Thema auskennt. Es ist spürbar, dass diese froh sind, nach der Pause wieder Beratungen durchzuführen. «Es ist eine befriedigende Tätigkeit», sagt Zeno Schneider, spezialisiert auf Onkologie. Dies auch, weil der ökonomische sowie der zeitliche Druck, den es in einer Praxis oder einem Spital gebe, wegfalle. Eine Beratung im «Café Med» kann zehn Minuten bis eine Stunde lang dauern. «Wir können uns dem Menschen widmen, nicht nur der Krankheit.» Etwas, das im Berufsalltag immer schwieriger geworden sei. Das bereite vor allem älteren Patienten Mühe. «Es verunsichert sie, wenn Ärztinnen und Ärzte die ganze Zeit auf den Computer schauen», sagt Frank Achermann. Hinzu komme, dass ältere Leute sich oft nicht getrauen würden, Fragen zu stellen:

«Sie sind noch so erzogen worden, dass Ärzte Autoritätspersonen sind.»

«Melissa’s Kitchen» wird im August und September umgebaut. In dieser Zeit findet das «Café Med» in Melissa's Crêperie an der Pilatusstrasse 53 statt. Da dieses Lokal kleiner ist, wird das Platzangebot reduziert sein, sagt Ursula Achermann. Da gegen Abend tendenziell weniger Leute kommen, könnte es sich lohnen, nicht gleich um 14.30 Uhr dort zu sein. Am 6. Oktober geht’s wieder am alten Ort weiter.

Ursula Achermann betont, dass man sehr froh sei um die Unterstützung der Familie Truniger, welche die «Melissa»-Lokale betreibt. «Denn es war nicht einfach, einen Standort für unser Angebot zu finden.»

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