Der Himmel über Büron ist an diesem Montagnachmittag wolkenverhangen. Unablässig prasseln Tropfen auf die weissen Plastikplanen, die Reihe um Reihe niedriger Kirschbäume überspannen. «Es hat etwas Beruhigendes», meint Obstbauer Christian Steiger (42), in dessen Chriesi-Plantage wir stehen. Beruhigend sind auch die Aussichten auf die kurz bevorstehende Chriesi-Ernte.
Die ersten Schweizer Chriesi haben es bereits in die Supermärkte geschafft. Und auch hier inmitten der Plantage hängt viel Rot an den Bäumchen. Steiger angelt sich ein Chriesi, schiebt es in den Mund und kaut, billigend nickend. «Direkt vom Baum schmecken sie immer noch am besten – auch wenn sie noch nicht perfekt sind.» Ein paar Tage noch, dann aber werden die Kirschen süss genug sein, dann läuft bei Steigers die grosse Kirschenernte an. «Wir freuen uns riesig.»
Dazu hat Steiger allen Grund. Denn die Ernte sei «sehr viel versprechend». Schweizweit sollen rund 3000 Tonnen Kirschen geerntet werden, 400 davon in der Zentralschweiz. Ein beträchtlicher Teil stammt dabei aus Steigers zwei Hektar grossen Plantage, die zu den grösseren des Kantons zählt. Sie alleine wird rund 30 Tonnen Kirschen abwerfen – «möglicherweise sogar noch mehr». Ähnlich hoch ausgefallen waren die Erträge laut Steiger in den letzten 20 Jahren nur dreimal– zuletzt im besonders ertragreichen Sommer 2014. Die Früchte liefert Steiger «zu 99 Prozent» in den Grosshandel für rund 6 Franken das Kilo. Je grösser die Chriesi, desto höher sei ihr Preis.
Erfreut ist ob diesen Aussichten auch Steigers Frau Doris (35). Gerade auch, weil die letzte Saison «eine einschneidende» war. Der Frost im Frühjahr hatte damals zu enormen Ausfällen geführt. «Übrig blieben rund 30 Prozent der üblichen Erntemenge. Auch wenn die Zeichen heuer deutlich besser stehen, eingefahren ist die Ernte noch nicht – und die grösste Gefahr steht erst noch bevor: die Kirschessigfliege. Aktiv wird diese erst, wenn die Früchte richtig reif sind. «Aus diesem Grund sind um die ganze Anlage Netze gespannt.» Zudem ernte man alle Früchte ab, werfe keine einzige Kirsche unbedacht auf den Boden. «Das nämlich bietet dem Schädling einen idealen Nährgrund», erklärt Steiger.
Die Chriesi-Ernte läutet im «Chapf» einen mehrere Wochen andauernden Ausnahmezustand ein. Bis zu zwanzig Paar Hände werden Reihe um Reihe früh- bis spätreifende Sorten durcharbeiten. Allerdings hätten dieses Jahr fast alle Bäume gleichzeitig geblüht, so Steiger. Entsprechend viele Kirschen werden gleichzeitig reif sein.
Kirschenpflücker sind Frühaufsteher
«Anstelle von sechs Wochen, wird die Ernte dieses Jahr deshalb wohl nur vier dauern», glaubt Steiger. Umso mehr gilt es heuer eifrig zuzupacken. Jeweils von morgens um 6 Uhr bis nach dem Mittag. Danach wird es zu warm – wenn nicht den langjährigen Erntehelfern aus dem In- und Ausland, so sicherlich dem Chriesi, das bei Hitze an Knackigkeit einbüsst.
Nebst Kirschen baut Steiger auf seinem 13 Hektaren grossen Bauernhof Äpfel und Birnen an, züchtet seit letztem Herbst auch Zander und Egli. Daneben spielt er Cornet in der Feldmusik Knutwil, kümmert sich um seine sechsköpfige Familie. In den kommenden Wochen aber dreht sich alles ums Chriesi, das gegen die Hälfte seiner Einkünfte generiert – und entsprechend viel Aufmerksamkeit verlangt. Steiger: «So sehr wir uns auf die Chriesi-Saison freuen, so sehr schätzen wir auch die ruhigere Zeit danach.»
Veranstaltungen rund ums Chriesi:
Am 17. Juni findet in Wollerau/SZ das 21. Zentralschweizer Chriesifäscht statt. .
Am 5. Juli findet im Bahnhof Luzern zu Ehren der Schweizer Kirsche die Schweizer Meisterschaft im Chriesistei-Spucke statt. Die Teilnahme steht jedermann offen. Das Sportspektakel wird begleitet und unterstützt von zahlreichen prominenten Persönlichkeiten unter der Moderation von Nik Hartmann.