Christopher Gilb
2009 eröffnete Jaqueline Webb die International School of Central Switzerland (ISOCS). Damals gab sie als längerfristiges Ziel 250 Schülerinnen und Schüler an. Dank der Option auf zusätzlichen Platz könnte die Schule an der Lorzenparkstrasse in Cham sogar dereinst 300 Schülern Platz bieten. Als Stärken der Schule nannte sie die internationalen Abschlüsse und dass man pro Jahr rund 1000 Franken günstiger als die Konkurrenz sei.
Doch 300 Schüler hat die Schule nicht, nicht einmal 250. «Wir haben rund 120 Schüler», sagt der Lehrer Kamran Baig. Seit rund drei Wochen führt er nach eigenen Angaben die Geschicke der Schule und dies im Krisenmodus. Wo die Schulgründerin Jacqueline Webb geblieben sei? «Sie ist eine wunderbare Lehrerin und mit viel Herzblut dabei, aber keine Business-Frau», sagt Baig, «wir haben deshalb beschlossen, dass sie in dieser schwierigen Situation mir die Verantwortung übergibt und sich eine Auszeit nimmt», so der freundliche Brite. Wer Webb zu erreichen versucht, muss mit der Combox vorlieb nehmen.
Finanzen nicht im Griff gehabt
Wie prekär die Situation ist, hat eine Mutter am Donnerstag öffentlich gemacht, letzte Woche habe die Schule die Eltern informiert, die je nach Angebot zwischen 15000 und 30000 Franken pro Jahr zahlen, dass man Schulden habe und die Löhne der Lehrer nicht mehr bezahlen, die Kinder bald nicht mehr unterrichten könne. So schlimm sei es nicht, sagt nun Baig. Er übt sich in Zweckoptimismus. «Heute konnten wir beispielsweise die Lehrerlöhne für November bezahlen.» Damit sei der Unterricht im Dezember gewährleistet und auch für Januar sei er zuversichtlich. «Ziel ist aber natürlich nicht, dass wir unsere Finanzierung von Monat zu Monat sicherstellen müssen.»
«Heute konnten wir beispielsweise die Lehrerlöhne für November bezahlen.»
Kamran Baig, neuer Schulleiter
Doch wie kam es soweit? Wer Kamran Baig zuhört, bekommt den Eindruck, da waren Idealisten am Werk, die wenig Ahnung von Finanzen hatten. Vielleicht ist dies aber auch genau der Eindruck, der entsehen soll. «Wir wollten wachsen und haben die zusätzliche Fläche dazu gemietet und auch weitere Lehrkräfte eingestellt», erzählt Baig. Doch es seien nicht soviel Schüler wie erwartet gekommen. Als einen Grund nennt er, dass die internationalen Unternehmen, nicht mehr wie früher auch immer die Schulkosten ihrer Mitarbeiter übernehmen würden. Erst vor Kurzen habe man dann gemerkt, dass man die Kosten nicht mehr im Griff habe.
Doch wieso erst so spät? «Wir haben zu wenig Augenmerk auf die Finanzen gelegt, das hat immer jemand nebenher gemacht, aber niemand hat sich in Vollzeit darum gekümmert. Das war der Fehler – wir wussten es wirklich nicht früher.» Damit reagiert er auch auf den Vorwurf der Mutter, die Schule hätte ihren Sohn diesen Sommer aufgenommen, obwohl man schon von der drohenden Pleite gewusst hätte.
Bettelbrief an die Eltern
Unterstützung erhält Baig von einer Gruppe von sieben Eltern. «Ich bin begeistert von dieser Hilfe, sagt er, der Wind hat sich für uns gedreht.» Einer der Väter ist der Ökonom Achilles Jost. «Mein Kind wurde in der staatlichen Schule nie richtig gefördert, hier hat er aber gelernt zu fliegen. Ich kämpfe deshalb für den Erhalt dieser Schule.» So sehen es auch die anderen. Sie haben einen Brief an alle Eltern der Schule verschickt. Darin werden diese gebeten nach Möglichkeit bis ende Schuljahr zusätzlich 5000 Franken pro Kind zu überweisen. «Wir haben dazu einen Verein zur Rettung der Schule gegründet», erklärt Jost. Mehr als die Hälfte der Eltern hätte bereits zugesagt, den Betrag zu überweisen. Längerfristig soll laut Baig ein Investor gefunden werden. «Aber nicht irgendeiner, wir wollen jemanden, der von unserem Schulangebot überzeugt ist.»
Die besagte Mutter jedenfalls hat ihren Sohn bereits in einer anderen Schule platziert. Er habe Verständnis dafür, wenn gerade Schüler, die sich in den letzten zwei Jahren vor dem Diplom befinden würden, sich nach anderen Lösungen umsehen würden», sagt Baig dazu. Achilles Jost zeigt auf den Flur. «Aber der Betrieb läuft ja noch, es gab keinen Grund nicht mehr zu kommen.» Laut Baig seien es nur wenige Schüler, die bereits gegangen seien. Bei der International School of Zug and Luzern aber beispielsweise bestätigt man auf Nachfrage, das schon Familien Kontakt aufgenommen hätten. Man helfe nun, wo man könne.
Bildungsdirektion ist informiert
Auch die kantonale Bildungsdirektion ist im Bild. «Wir haben seit ein paar Wochen Kenntnis von der Situation», sagt Bildungsdirektor Stephan Schleiss. Weist aber daraufhin, dass die Bildungsdirektion bei Privatschulen zwar die Einhaltung pädagogischer Kriterien sicherstelle, aber keinen Einblick in die wirtschaftlichen Zahlen habe. «Das wirtschaftliche Risiko tragen diese Schulen selbst.» Man stehe nun in engem Austausch und habe auch an der Elterninformation teilgenommen. Etwas mehr als die Hälfte der Schülerinnen und Schüler sei im Kanton Zug schulpflichtig. «Für diese tragen wir Verantwortung», so Schleiss. Könnte der Unterricht nicht aufrecht erhalten werden, müsste für diese schnellstmöglichst ein neuer Platz gefunden werden. «Das wäre sicher eine Ausnahmesituation, ich denke aber, dass die vorhandenen Schulen das stemmen können», so Schleiss.