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Luzern

Buttisholz und die Never-Ending-Story um die Attraktivierung des Dorfkerns

Das Dorf soll keine Schlafgemeinde werden. Darum verfolgt der Gemeinderat das Ziel, den Dorfkern aufzuwerten. Doch von den Plänen zur Umsetzung dauert es Jahre. Gemeindepräsident Franz Zemp (CVP, 60) nimmt Stellung.
Franz Zemp im Zentrum von Buttisholz. Der Dorfkern soll erneuert werden. (Bild: Dominik Wunderli (Buttisholz, 11. März 2021))

Susanne Balli

Viele Gemeinden stehen vor der Herausforderungen, ihren Dorfkern zu attraktivieren. Dies mit dem Ziel, wieder Leben ins Dorf zu bringen, das lokale Gewerbe zu fördern und für junge Einwohner und Familien attraktiv zu bleiben. So geht es auch Buttisholz. Die Aufwertung des Dorfkerns ist in der Gemeinde ein Dauerbrenner. Seit über 20 Jahren beschäftigen sich die Behörden und verschiedene Interessengruppen mit Fragen rund um den Dorfkern und dessen Attraktivierung. Von aussen mutete es an wie eine Never-Ending-Story, auch geprägt von Rückschlägen.

Wie würden Sie den Dorfkern von Buttisholz beschreiben?Franz Zemp: Buttisholz, eingebettet im Rottal, ist ein beliebtes Gebiet zum Wohnen und Arbeiten. Eine Allee bildet den Kern von Buttisholz, wo der Dorfbach durchgeht. Es führt eine Durchgangsstrasse durch den Kern und parallel dazu eine Quartierstrasse. Wie in den meisten Dörfern auf der Landschaft ist es auch für Buttisholz eine Herausforderung, dass wir nicht zu einer Schlafgemeinde werden.

Warum ist die Aufwertung des Dorfkerns in Buttisholz eine so langwierige Angelegenheit?

Bereits im Jahr 2000 hat man sich mit einem Studienauftrag Gedanken dazu gemacht. Zeitdruck gab es nie.

Wenn man ein Schulhaus, einen Gemeindesaal oder ein Feuerwehrlokal plant, geht das relativ schnell, denn bei solchen Projekten drängt meistens die Zeit, weil es einen ausgewiesenen Bedarf gibt.

Bei der Aufwertung eines Dorfkerns gibt es diesen Zeitdruck nicht und die Nutzung war lange Zeit sehr offen. Buttisholz hat die Zentrumsentwicklung 2014 konkreter aufgenommen und eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Die Entwicklung nimmt nun zunehmend konkrete Formen an.

Das Ortsbild von Buttisholz ist von nationaler Bedeutung. Was heisst das für die Planung im Dorfkern?

Die Struktur des Dorfkerns ist nach dem Dorfbrand von 1861 in den Grundzügen entstanden, und sie besteht bis heute. Das schützenswerte Ortsbild schränkt in der künftigen Entwicklung natürlich auch ein. Ein Beispiel: Ein Fenster im Kernbereich von Buttisholz kann nicht einfach durch ein modernes Grossfenster ausgetauscht werden. Es muss quadratische Fenstersprossen aufweisen. Dadurch behält der Dorfkern seinen Charme.

Eine langwierige «Baustelle» in Buttisholz war das Gasthaus Hirschen, das seit 2014 geschlossen war. Besitzerin ist die Gasthaus Hirschen AG, Hauptaktionärin die GAB Buttisholz mit zirka 90 Genossenschaftern. Doch auch die Gemeinde hat Anteile am Gasthaus (2/3 GAB, 1/3 Gemeinde). Die Gasthaus Hirschen AG war auf der Suche nach potenziellen Investoren. Im Fokus stand eine Quersubventionierung für die Renovation und den Umbau des Gasthauses wie auch für den Betrieb. Aus der Bevölkerung hingegen gab es Interesse am Hirschenareal als Bestandteil der Zentrumsentwicklung. So kam es in der Vergangenheit zu Misstönen.

Gleich drei Rücktritte aus dem Verwaltungsrat der Hirschen AG gab es im November 2019. Damals wurde die Kritik laut, es fehle an Offenheit, Transparenz und Kommunikation. Haben sich die Gemüter in der Zwischenzeit auf allen Seiten wieder beruhigt?Ja, mit der Neuausrichtung und den neuen Pächtern, die im vergangenen Oktober den «Hirschen» wiedereröffnet haben, hat sich die Lage beruhigt. Das Konzept kommt bei der Bevölkerung allgemein gut an. Die künftige Nutzung des Hirschenareals haben wir vorerst ausgeklammert.

Im Buttisholzer Teil «Dorf Nord» ist ein Etappenziel erreicht mit der oben genannten Wiedereröffnung des «Hirschen». Ein weiteres ist das Projekt «Gass 1911»: Ein Team will auf dem Gass-Areal rund um das Bauernhaus «Gasshof» rund zehn Ideen in die Tat umsetzen. Die Gemeinde hat mit dem Projektteam eine Absichtserklärung unterzeichnet.

Was überzeugt den Gemeinderat am Projekt «Gass 1911»?Die Rolle der Gemeinde ist es, hier etwas zu ermöglichen. Im Richtplan Dorf ging man ursprünglich davon aus, dass das Gasshaus und die Gassscheune einmal einer Überbauung zugeführt werden. Das schloss aber eine andere Nutzung nicht aus. Mit «Gass 1911» kann man das Areal sinnvoll nutzen und das Dorf neu beleben.

Nun will der Gemeinderat das Teilprojekt Mobilität, Verkehr und Freiräume angehen. Hierzu hat der Gemeinderat ein Variantenverfahren gewählt. Was heisst das?

Im Richtplan Dorf war vorgesehen, einen Bebauungsplan über das ganze Gebiet vom Gass- und Hirschenareal zu machen. Übrig bleiben Stand heute die wichtigen Aspekte Verkehr allgemein, der ÖV und vor allem die Freiraumgestaltung.

Aufgrund der Entwicklung müssen wir uns fragen, ob das jetzige System für die Zukunft noch passt. Ist der Bus auf der Allee dort noch sinnvoll? Wo ist der Platz, auf dem man sich treffen will?

Unser Bau- und Zonenreglement setzt ein qualifiziertes Verfahren mit drei jurierbaren Varianten voraus.Für das Variantenverfahren engagiert der Gemeinderat die Firma OrtsWerte GmbH. Projektleiterin ist Mary Sidler, Stadträtin von Sempach und dort fürs Ressort Bau zuständig. Das ist ja noch speziell. Eine Sempacher Stadträtin plant den Dorfkern von Buttisholz.Ja, das tönt im ersten Moment vielleicht etwas seltsam. Aber manchmal schadet es nicht, jemanden von aussen hinzuzuziehen, der eine freie Sicht auf die Dinge hat. Mary Sidler unterstützt den Gemeinderat, die Ausschreibung für das Variantenverfahren zu entwickeln und durchzuführen.

Wir möchten genau die Fragen geklärt haben, die uns seit Jahren umtreiben. Und diese Fragen müssen die Profis, welche ihre Vorschläge entwickeln, richtig verstehen. Das geht nur, wenn der Auftrag präzise formuliert wird.

Mit Mary Sidler haben wir eine Person, die als Stadträtin von Sempach und als Architektin genau mit solchen Fragen konfrontiert war und ist.Wann sieht die Bevölkerung Ergebnisse?Im Herbst 2022 soll die Ausschreibung des Variantenverfahrens stattfinden. Nach zirka einem halben Jahr wird es Ergebnisse geben, die wir nach der Auswertung der Bevölkerung vorstellen werden. Die schliesslich gewählte Variante wird danach in den Bebauungsplan integriert.

Als Nächstes wird zudem die öffentliche Beleuchtung im Dorfzentrum angegangen. Dafür fand eine Begehung mit Vertretern des Kantons im Januar statt.

Genau. Wir haben immer noch die alten Dorflaternen, die, energetisch gesehen, aus der Steinzeit sind. Der Kanton plant aus Sicherheitsgründen auf der Kantonsstrasse durch Buttisholz die Beleuchtung zu ersetzen. Allerdings kann man in unserem Dorf nicht einfach etwas Modernes, Trendiges reinhängen. Das muss in Absprache mit der Bauberatung, eventuell gar mit der Denkmalpflege, erfolgen.

Das traditionelle Ortsbild verpflichtet, aber Buttisholz kann auch modern. Die Gemeinde hat vor gut einem Jahr die Crossiety-App lanciert und damit eine Pionierrolle eingenommen im Kanton Luzern. Die Crossiety-App ist ein Informationskanal für die Verwaltungen. Einwohnerinnen und Einwohner können so online überlokale Themen diskutieren oder mit Waren handeln. Mittlerweile ist in Buttisholz jede dritte Person mit der App unterwegs.

Wie erklären Sie sich den Erfolg der Crossiety-App?Wir können uns der Digitalisierung nicht entziehen. Soziale Medien sind omnipräsent geworden.

Wir haben gesehen, dass die digitale Vernetzung ein grosses Bedürfnis ist.

Wir fragten uns, wie man die Leute wieder besser ins Dorfleben einbinden und erreichen kann. Am 29. Februar letzten Jahres, bei der absolut letzten Gelegenheit vor dem ersten Lockdown, haben wir die App lanciert und der Bevölkerung an einer Infoveranstaltung vorgestellt. Zugegeben sind wir sehr überrascht über diese absolute Erfolgsgeschichte der App. Das zeigt auch, wir Buttisholzer sind experimentierfreudig und gehen mit der Zeit.
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