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Luzern

Bundesrat will grosse Firmen allein unterstützen – aber später das Geld zurückfordern

Trotz zwei Dutzend Restaurants erhält das Luzerner Gastronomieunternehmen Remimag nur einmal Hilfe aus dem Härtefallfonds. Der Bundesrat sollte diesen Missstand eigentlich beseitigen, verschärft die Situation aber nur.
Zwei Luzerner Gastronomie-Unternehmer mit unterschiedlichen Voraussetzungen: Die Remimag AG von Bastian Eltschinger (links) erhält trotz mehrerer Restaurants nur einmal Hilfe, die Betriebe von Samuel Vörös werden einzeln entschädigt.
(Manuela Jans-Koch (17. Januar 2020))

Alexander von Däniken

Jeden Tag verliert die Remimag AG Geld – und das gleich 27-fach. So viele Restaurants zählt das Luzerner Unternehmen; darunter zum Beispiel das «Opus» in Luzern oder das «Spago» in Zug. Sie sind zwangsgeschlossen. Ein Härtefall. Zwar wird ein grosser Teil der Löhne über die Kurzarbeitsentschädigung der Arbeitslosenversicherung bezahlt. Fixkosten bei den Sozialleistungen, Versicherungspolicen oder Mieten reissen aber seit dem 22. Dezember letzten Jahres ein grosses Loch in die Firmenkasse. «Allein rund eine halbe Million Franken an Mietkosten fallen jeden Monat an», sagt Remimag-Geschäftsführer Florian Eltschinger.

Gut, gibt es zur Deckung dieser Fixkosten die Härtefallregelung. Diese ist aber derzeit fragwürdig organisiert. Denn ein Unternehmen erhält im Moment einmalig maximal 750‘000 Franken an A-fonds-perdu-Beiträgen. Die Remimag zählt trotz der 27 Restaurants als ein einziges Unternehmen, da die Gastrobetriebe in einer AG zusammengefasst sind. Damit fährt die Remimag um ein Vielfaches schlechter als zum Beispiel Gastro-Unternehmer Samuel Vörös, dessen Restaurants wie etwas das «Bodu» jeweils als einzelne Unternehmen eingetragen sind, oder die Sinnvoll Gastro. Florian Eltschinger hat auf Korrekturen des Bundes gehofft. Jetzt hat der Bundesrat reagiert; der entsprechende Entwurf ist aber eine Verschlimmbesserung, wie Recherchen unserer Zeitung ergeben.

Bund will für Firmen mit über fünf Millionen Umsatz allein zahlen

Konkret haben sich bis jetzt Bund und Kantone die Hilfe für die Härtefallbetriebe aufgeteilt; wobei sich der Bund derzeit mit rund 70 Prozent an den Gesamtkosten beteiligt. Neu soll der Bund für Härtefallbetriebe mit einem Jahresumsatz von über 5 Millionen Franken allein aufkommen. Und will dafür auch die Regeln diktieren. Bei Firmen mit einem Umsatz von maximal 25 Millionen Franken sollen höchstens 5 Millionen Franken A-fonds-perdu-Beiträge gesprochen werden, bei Unternehmen mit bis zu 50 Millionen Franken Jahresumsatz sollen es maximal 10 Millionen Franken sein. Das tönt zwar viel besser als die jetzt geltenden 750‘000 Franken.

Doch der Bund will den A-fonds-perdu-Beitrag von den Unternehmen zurückhaben: 2021 sollen 100 Prozent des Gewinns in die Bundeskasse fliessen, von 2022 bis 2025 jeweils 40 Prozent. Eltschinger, der wie andere Schweizer Gastronomen von den Plänen gehört hat, kann es nicht glauben: «Ich verstehe es nicht, dass die Ungleichbehandlung weitergehen soll. Langsam werden die finanziellen Reserven auch bei vorausschauenden Firmen knapp.» Zumal die Restaurants zum Wohl der Gesundheit geschlossen werden mussten und es noch immer nicht klar sei, wann wieder geöffnet werden könne.

Die Organisation mit einer Aktiengesellschaft habe der Remimag eine schlanke Administration ermöglicht, aber auch gute Bedingungen für Hunderte Angestellte. «Nun schliesst der Staat zuerst unsere Restaurants und will danach nicht für den ganzen Schaden aufkommen.» Eltschinger hofft nun, dass das Steuer in Bundesbern rechtzeitig herumgerissen wird. Und dass der Kanton Luzern notfalls doch noch Möglichkeiten findet, um bei der Härtefallhilfe für gleich lange Spiesse zu sorgen.

Geschäft steht auf Traktandenliste der kommenden Session

Das Steuer in Bundesbern herumreissen – das will Regula Rytz, Berner Nationalrätin und frühere Präsidentin der Grünen Schweiz. Sie sagt:

«Der Bund führt den Begriff ‹à fonds perdu› mit dieser Verschlimmbesserung ad absurdum.»

Es gebe zwar durchaus Branchen, die von der Coronakrise profitieren würden, zum Beispiel der Online-Handel. Diese Unternehmen dürften uneingeschränkt Gewinne machen. Geschlossene Gastronomieunternehmen wie die Remimag, aber auch grosse Sportfachgeschäfte oder Fitnesscenter dagegen würden bestraft. «Ich werde parteiübergreifend alle Hebel in Gang setzen, um die Pläne des Bundesrates zu korrigieren.»

Die nationalrätliche Kommission für Wirtschaft und Abgaben, in der Rytz Mitglied ist, wird das Geschäft am kommenden Freitag vorberaten, heute Dienstag hat sich die ständerätliche Kommission darum gekümmert. Und schon an der Frühjahrssession, die nächsten Montag beginnt, soll das Geschäft behandelt werden. Der Kanton Luzern wartet diese Entwicklung ab, wie Yasmin Kunz, Sprecherin des Finanzdepartements, auf Anfrage sagt: «Der Bund hat noch nicht definitiv entschieden, darum nehmen wir derzeit keine Stellung.» Generell gelte, dass auf Stufe Bund zuerst ein Entscheid gefällt werden müsse, ehe der Kanton diesen analysiere und das weitere Vorgehen definiere.

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