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Kulturlandschaft Obwalden

Giswiler Streusiedlung: Ein Abbild vieler Generationen

Politiker und Baufachleute diskutierten über die zukünftige Baukultur in der national bedeutenden Streusiedlung Grossteil Giswil.

«Obwalden soll Obwalden bleiben und nicht zu ‹Globwalden› werden», postulierte alt Nationalrat Karl Vogler in der Giswiler Turbine vor rund 60 Besucherinnen und Besuchern. Er ist Präsident des Vereins Kulturlandschaft Obwalden. Dieser beleuchtet zurzeit im Rahmen einer vielschichtigen Ausstellung wissenschaftliche und künstlerische Aspekte zur Obwaldner Landschaft. Während einer Begleitveranstaltung befassten sich Fachleute mit einer der landesweit wertvollsten, aber auch empfindlichsten Obwaldner Landschaften: der Streusiedlung Grossteiler Ebene Giswil.

Vogler pointierte eingangs: «Fürs Erscheinungsbild des Sarneraatals steht im Mittelpunkt die Frage, wie wir in Zukunft mit unseren Streusiedlungen, die grösstenteils ausserhalb des Baugebiets liegen, umgehen werden.» Zusammen mit Eugen Imhof von der IG Baukultur stellte er eine soeben publizierte Studie vor. Verfasst haben sie neben der IG Baukultur, die Gemeinde Giswil, Fachstellen des Kantons Obwalden und Institute der Hochschule Luzern. Mit wissenschaftlicher Sorgfalt wird definiert, mit welchen Leitlinien man in Streusiedlungen eine qualitätsvolle und nachhaltige bauliche Weiterentwicklung erreichen könnte. Vogler redete Klartext:

«Zum Dorfleben von früher können wir nicht mehr zurück, sosehr wir uns das vielleicht wünschen, zur Stadt kann Obwalden nie werden und zur Agglomeration von Luzern darf der Kanton nicht verkommen.»

Der Verein Landschaft und Kultur in Obwalden, so Vogler, plädiere dafür, dass das Sarneraatal seinen ländlichen Charakter und seine Eigenarten unbedingt erhalten müsse. Leitlinien seien eine Notwendigkeit, zumal sich das Siedlungsbild vor allem in den letzten Jahren markant und oft wenig vorteilhaft verändert habe. Vogler belegte diese Aussage mit nachgerade erschreckenden Bildern von Bauten in Giswil, Sachseln und vor allem auch rund um die Kapelle in Wilen oder an grünen Hängen auf der Schwendi.

Sie haben Visionen zur Streusiedlungslandschaft Giswil: (von links) Eugen Imhof, Karl Vogler, Thomas Kappeler, Beat von Wyl, Josef Hess.
Bild: Bild: Romano Cuonz (Giswil, 13. November 2022)

Nachhaltige bauliche Entwicklung fördern

Der selbstständige Sarner Architekt Eugen Imhof stellte die fundierte neue Studie vor. Eine wichtige Frage, so Imhof: «An welchen Kriterien haben sich die Siedlungsentwicklung sowie die Gestaltung von Gebäuden und ihrer Umgebung zu orientieren, um den Charakter der Kulturlandschaft zu erhalten?» In den Leitlinien wird aufgezeigt, welche Nutzungsarten ermöglicht werden sollten, weil diese die Qualität der Grossteiler Ebene stärken können. Namentlich geht es auch um Bauten, die von historischer Bedeutung sind und entscheidend zum Charakter der Streusiedlung beitragen.

Imhof zum Ziel: «Es gibt viele Möglichkeiten, eine Region und eine Landschaft weiterzuentwickeln. Bedenken muss man stets, dass eine Streusiedlung das Abbild vieler Generationen ist, die hier gelebt und gearbeitet haben.» Das bedeute jedoch nicht, dass alles unter Schutz gestellt werden müsse. Aufpassen sollte man aber, dass nichts mutwillig zerstört werde!

Stimmen von Bund, Kanton und Gemeinde

Im anschliessenden Podium kamen für die Besiedlung mitverantwortliche Politiker zu Wort. Baudirektor Josef Hess wies aufs bestehende Dilemma hin: «Auf der einen Seite müssen wir die privaten Grundeigentümer, die ihre Liegenschaften entwickeln wollen, berücksichtigen. Auf der andern streben wir eine gute Entwicklung an für die schöne Landschaft in unserem Kanton, die wir behalten und erhalten wollen.»

Thomas Kappeler (Leiter Recht beim Bundesamt für Raumentwicklung) stiess ins gleiche Horn: «Es geht nicht darum, einen vergangenen Zustand einzufrieren. Der Schritt aus der Gegenwart in die Zukunft sollte aber kreativ sein, dabei laden wir die Bevölkerung ein, sich mit ihrem Lebensraum auseinanderzusetzen.» Giswils Gemeindepräsident Beat von Wyl brachte es auf den Punkt: «Wir müssen gar nichts! Ich schlage vor, dass wir in Zusammenarbeit mit der Bevölkerung, dem Kanton und dem Bund eine lebendige und interessante Kulturlandschaft gestalten wollen.»

Hinweis: Die Ausstellung «Kultur Landschaft Obwalden» dauert noch bis zum 3. Dezember und ist Freitag bis Sonntag, 11.00 bis 18 Uhr geöffnet.

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