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Luzern

Betrüger prellt 40 Freunde und Bekannte um 1,5 Millionen Franken

Ein heute 77-jähriger Mann versprach seinen Bekannten eine lukrative Geldanlage. Sie zahlten während neun Jahren, sahen aber nie einen Gewinn. Jetzt muss er sich wegen gewerbsmässigen Betrugs verantworten.

Er galt als integer und unbescholten – der heute 77-jährige Mann konnte auf seinen Ruf zählen. So konnte er über Jahre bei Verwandten, Freunden und Arbeitskollegen Geld lockermachen. Diese zahlten Zehntausende von Franken, investierten ihre Pensionskasse oder nahmen einen Kredit auf. Alle im Glauben, mit dieser Kapitalanlage eine Rendite von mindestens 12 Prozent zu erlangen.

Aufgeflogen war der Beschuldigte, als eine Betrogene im Januar 2014 Anzeige erstattete. Sie hatte über Jahre vergeblich auf den Gewinn gewartet. Seine Masche war einfach: Jedes Mal, wenn er Geld von jemandem für die vermeintliche Anlage bekam, bediente er damit Rückzahlungsraten bei anderen Geldgebern, um diese ruhigzustellen.

Nachgewiesen und nicht verjährt sind die Taten zwischen 2005 und 2014 mit einer Deliktsumme von über 1,5 Millionen Franken. Einig waren sich vor dem Luzerner Kriminalgericht Verteidiger wie Staatsanwalt, dass dieser Fall atypisch und sehr speziell sei. Uneins jedoch waren sie sich im Strafmass: Die Staatsanwaltschaft forderte vier Jahre Gefängnis, der Verteidiger einen Freispruch.

Vor dem Gericht zeigte sich ein Mann, der sich nur noch schwach an Details seiner früheren Aussagen erinnerte – der Tatzeitraum liegt laut Anklageschrift zwischen 1999 und 2014. Er bestreitet aber, das Geld für seinen privaten Unterhalt genutzt zu haben. Auf die Frage der Richterin, was er damit gemeint habe, als er bei der Verhaftung im August 2014 gesagt habe, «er wolle reinen Tisch machen», sagt der 77-Jährige: «Ich hoffte auf Geld, um zurückzahlen zu können.»

Vom Täter zum Opfer

Und was war die Motivation? Warum hat er das Geld genommen? «Wenn man einfach Geld verdienen kann, dann macht man es.» Was er laut eigenen Angaben auch seit Ende der 80er-Jahre tat. Leid tat im einzig, dass er die Rückzahlraten nicht bezahlen konnte. Ansonsten sieht er sich eher als Opfer. Denn, so der Beschuldigte: «Ich habe mit zwei Männern geschäftet, fuhr jeweils nach Sargans und traf mich dort zur Geldübergabe.» Da habe er jeweils Bargeld in einem Kuvert übergeben, denn die beiden seien verantwortlich gewesen für die rentable Kapitalanlage. Doch irgendwann floss das Geld nicht mehr. Wer diese ominösen Männer waren, wie sie hiessen oder ausgesehen haben, das weiss der Beschuldigte nicht. Der Richter: «Und das sollen wir glauben?»

Abstruse Geschichte

Immer wieder bringt der Beschuldigte die beiden Unbekannten aufs Tapet. Er selber habe doch nichts von den Kapitalanlagen verstanden, die hätten gewusst wie. Er habe ihnen vertraut und es sei ja auch jahrelang gut gegangen. Von den Fragen zu seinen Geschäften in die Enge getrieben und auf die angedrohte Freiheitsstrafe angesprochen, kullerten Tränen beim Beschuldigten. Seine Stimme wurde brüchig und er stammelte nur: «Es tut mir leid, es war nicht richtig, was ich gemacht habe.»

Für den Staatsanwalt ist die Geschichte der zwei Männer abstrus und erfunden. Es gebe keine Anhaltspunkte für deren Existenz. Er habe mit seinem Tun vielen Kummer und Leid beschert. Zudem zeige er sich nicht einsichtig und stelle sich jetzt selber als Opfer dar. Dass er seit der Verhaftung nicht mehr straffällig war, sei kein Grund, die Strafe zu reduzieren. Er habe die Geschäfte mit einer rührend kindlichen Naivität gemacht, um zur Pension noch ein Einkommen zu haben. Der Staatsanwalt bleibt bei seiner Forderung nach vier Jahren Freiheitsentzug.

Die Opfer waren blauäugig

Der Verteidiger zeichnet das Bild des Opfers weiter, verweist auf die ominösen Männer: «Mein Mandant ist authentisch, solch eine Geschichte könne man nicht erfinden, sie ist so abstrus, sie muss einen wahren Kern haben.» Ein Fehler sei, dass sein Mandant den Männern blauäugig vertraut habe. Die Geprellten hätten ebenfalls ihre Sorgfaltspflicht verletzt, seien genau wie sein Mandant blauäugig gewesen. Er fordert einen Freispruch. In seinem Schlusswort hält der Beschuldigte fest:

«Ich schäme mich. Ich entschuldige mich bei allen, die reingefallen sind wie ich.»

Das Urteil wird den Parteien schriftlich eröffnet.

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