Marco Morosoli
Die heutigen Jungpolitiker dürften in der grossen Mehrheit bereits mit schnurlosen Telefonen sozialisiert worden sein. Exponenten der Jungparteien von FDP, Grünliberalen und der SVP haben vor eineinhalb Jahren ihr Begehren in der Staatskanzlei im Zuger Regierungsgebäude deponiert. Seither ist vieles nicht mehr so, wie es noch vor kurzem war. Die Coronaviruspandemie ist der neue Treiber unseres Tuns. Seit vier Wochen sind Detaillisten im Non-Food-Bereich bereits zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres zum Däumchendrehen verdonnert.
Die Initianten lassen sich aber von ihrem eingeschlagenen Weg nicht abbringen und weibeln für ihr Anliegen, über das am 7. März abgestimmt wird. Auf den ersten Blick mag ihre Forderung, bis 20 Uhr einkaufen zu können, schwer vermittelbar sein. Es geht nämlich die Rede, dass es im Detailhandel im Kanton Zug zum einen oder anderen Konkurs kommen könnte.
Wer die beiden Debatten zur Initiative im Zuger Kantonsrat mitverfolgt hat, der musste erstaunt feststellen, dass die Argumente der Befürworter und der Gegner sich in den vergangenen Jahren kaum verändert haben. Es ist auch nicht das erste Mal, dass die Zuger über eine liberalisierte Fassung des Ruhetags- und Ladenschlussgesetzes abstimmen. 1997 wie auch 2002 hat das Zuger Volk eine flexiblere Handhabung der Öffnungszeiten für Geschäfte abgelehnt.
Den kleinen Läden freie Hand bieten
Im dritten Anlauf soll es nun klappen, dafür sind die drei Jungparteien angetreten. Rainer Leemann (FDP/Zug), einer der Wortführer der Initianten im Kantonsrat mahnte am 27. August 2020: «Wenn man tatenlos zuschaut, wird die Luft der Unternehmen je länger, je dünner, denn mit den bestehenden politischen Einschränkungen ist es für jeden Unternehmer schwer, seine Nische zu finden.» Leemann baut aber eine Brücke und sagte:
«Der Detailhandel muss sich bewegen – was er bereits tut; allerdings ist er darauf angewiesen, dass ihm nicht unnötig Steine in den Weg gelegt werden.»
In der Initiative der Jungparteien sah Leemann bei seinem Votum im vergangenen August aber Licht: «Sie bietet Chancen, den Detailhandel zur stärken, flexiblere Arbeitsmodelle auszugestalten – dank der grösseren Freiheiten bei den Öffnungszeiten auch zu Randzeiten –, die Chance, die unternehmerische Freiheit zu vergrössern.»
In der zweiten Lesung im Oktober 2020 verteidigt der Grünliberale Martin Zimmermann (Baar) die Initiative mit einer Feststellung: «Die Antragstellenden betreten mit ihrer Forderung kein Neuland. Fast alle Nachbarkantone haben keine Beschränkung der Ladenöffnungszeiten, welche über das Arbeitsgesetz hinausgehen – und es wurden dort nicht mehr Konkurse von kleinen Geschäften oder widrige Arbeitsbedingungen festgestellt als hier.» Zimmermann betone während seines Votums immer wieder, dass es keine Muss-, sondern Kann-Vorschriften seien.
Laura Dittli (die Mitte/Oberägeri) vertrat ebenfalls Ende Oktober 2020 im Kantonsrat die Meinung, dass der Kantonsrat sich dafür entscheiden soll, der Initiative einen Gegenvorschlag beizugeben: «Man kann deshalb jetzt noch ein wenig mutiger sein und den verschiedenen Vorschlägen eine Chance geben.»
Wollen die Detailisten überhaupt längere Öffnungszeiten?
Schon in der 1. Lesung Ende August 2020 zur Ladenschlussgesetzes-Initiative versuchte Martin Zimmermann, die Supporter für die liberale Lösung auf seine Seite zu ziehen. Nachdem der CVP-Kantonsrat Benny Elsener (die Mitte/Zug) eine umfassende Umfrage bei Zuger Detailisten gemacht hat. Er ortete eine tendenziell ablehnende Haltung bei den befragten Geschäftsinhabern. Unter anderem zitierte er:
«Kunden wollen am Abend einkaufen; wenn wir nicht offen haben, dann gehen sie zur Konkurrenz.»
Derweil Stefan Moos (FDP/Zug) bei der Debatte im Zuger Kantonsrat ausserhalb der Mauern, das heisst in der Turnhalle in der Kantonsschule Zug, punkten wollte, indem er sagte: «Es geht nicht darum, die Ladenöffnungszeiten zu verlängern. Es geht lediglich darum, dass die Ladenbesitzer während eines grösseren Zeitfensters selbst bestimmen können, wann sie ihren Laden öffnen oder schliessen.»
Ein SVP-Kantonsrat: «Egoistisches Tun»
Die linke Ratshälfte argumentierte vom ersten bis zum letzten Votum auf der Schiene: Die Liberalisierung gehe zu Lasten des Personals. Der Neuheimer Kantonsrat Emil Schweizer (SVP) nahm auch kein Blatt vor dem Mund: «Die Verlängerung der Öffnungszeiten entbehrt jeglicher wirklichen Notwendigkeit und ist reiner Ausdruck von egoistischem Verhalten, ohne an die negativen Konsequenzen für die kleinen Detailhändler und deren Angestellte zu denken.» Er fügte dann noch an: «Nur weil es andere auch machen, ist es nicht automatisch richtig.» Dem hielt Rainer Leemann in der Kantonsratsdebatte entgegen: «Die Initiative bietet enorm viele Chancen, um den Detailhandel sowie den Standort zu fördern und zu stärken.»