Salome Erni
220'000 Kubikmeter – das sind 90 olympische Schwimmbecken oder das Aushubvolumen der Baugrube für das neue Luzerner Kinderspital und die Frauenklinik. Zurzeit ist dort noch nicht viel von Hygiene und weissen Mänteln zu sehen, doch 2026 soll der Umzug in das mit 230 Millionen budgetierte Projekt über die Bühne gehen. Es ist der Auftakt zum Gesamtneubau des Luzerner Kantonsspitals, der bis 2040 andauern wird (siehe Box). CEO Benno Fuchs betont auf einem Baustellenrundgang, dass damit nicht nur für Luzern, sondern für die ganze Zentralschweiz gebaut werde.
Das jetzige Kinderspital wurde 1971 als europäisches Vorzeigespital gebaut. Vor fünfzig Jahren waren Spitäler auf ein stationäres Angebot ausgerichtet, Viererzimmer waren gängig. Thomas Neuhaus, der Leiter des Kinderspitals, erzählt, dass er als Kind mit seinen Zimmer-Gspänli «immer den Plausch hatte». Im Neubau des Kinderspitals wird es aber nur noch Einzelzimmer geben, und das findet er richtig so: «Einzelzimmer bieten den Komfort, aber auch die Hygiene, die in Zukunft gefordert wird.» Ausserdem erklärt er, dass das heutige ambulante Angebot damals noch unvorstellbar war.
Neue Abläufe werden geprüft
Im Neubau wird das Perinatalzentrum die Schnittstelle zwischen Frauenklinik und Kinderspital bilden. Dort rücken vorgeburtliche Abklärungen, Geburtshilfe und Neugeborenen-Intensivstation räumlich zusammen. Martin Stocker, Nachfolger von Neuhaus und damit ab nächstem Jahr Leiter des Kinderspitals, erklärt zudem, dass nicht mehr die Patienten von Spezialist zu Spezialist durch das Gebäude geschickt werden, sondern neu die Fachkräfte zu den Patienten kommen.
Damit solche Abläufe klappen, wurde intern bereits viel Denkarbeit geleistet. Die neuen Prozesse wurden aber auch ganz konkret geprobt: Mit Kartonmodellen, Stellwänden und fiktiven Geräten machten 80 Mitarbeitende aus unterschiedlichsten Bereichen zwischen März und Mai bei Testläufen in einer Halle in Ebikon mit. Dabei stellten sich Fragen wie: Ist der Gang genügend breit, um Patienten zu transportieren? Reicht der Raum für all die digitalen Geräte der Zukunft? Wo hat es Platz für Angehörige? Cornelia Gubser, Leiterin Pflege Frauenklinik, war intensiv daran beteiligt und sagt stolz: «Es gab auch Reibungen und Konflikte, die Räume wurden mehrmals umgeplant. Aber nur mit Beteiligung aller Hierarchiestufen und aller involvierten Abteilungen können wir die Abläufe zukunftsweisend umsetzen.»
Bereits jetzt werden in der Frauenklinik Abläufe angepasst, damit sie beim Umzug in die neuen Räumlichkeiten sitzen. Das heutige Gebäude ist rund 25 Jahre alt und erste Sanierungen stehen an. Da die Frauenklinik in den Neubau zügelt, müssen die Bauarbeiten nicht bei laufendem Betrieb durchgeführt werden. Die bestehende Infrastruktur wird aber weiterhin genutzt, denn es herrsche Raumknappheit am Luzerner Kantonsspital, so Gubser.
Neubau klappt im zweiten Anlauf
Bereits 2010 wurde ein Neubau des Kinderspitals geplant, doch als das LUKS ein Jahr später die Immobilien vom Kanton Luzern übernahm, stoppte es das Projekt. Zu klein sei der Neubau, zu belastend für Mitarbeitende und Personal. Rückblickend ist man um diese Entscheidung froh beim LUKS, denn zukünftig ist ein Perinatalzentrum zwingend für die Anerkennung als A-Spital und damit relevant für das Anbieten von Weiterbildungen. «Frauenklinik und Kinderspital wären beim früheren Projekt am je anderen Ende des Geländes platziert gewesen», erklärt Gubser.
Damit überhaupt Bagger ans Werk konnten, musste zuerst eine Freifläche für den Neubau geschaffen werden. Man baute fünf Hochbauten zurück und drehte den Pavillon beim Kinderspital um 90 Grad, damit dieser nun entlang der Baugrube steht. 227 Erdsondenbohrungen werden dort im nächsten Jahr vorgenommen, um das Kantonsspital auch punkto Nachhaltigkeit auf Kurs zu halten, so FDP-Nationalrat Peter Schilliger, Vizepräsident des Verwaltungsrates.
Bis das Gebäude fertig ist, sind neben vielen baulichen Veränderungen auch noch Baueingaben nötig. Jene für das Kernstück des Gebäudekomplexes soll Mitte 2022 folgen.
In der Zwischenzeit lohnt sich ein Blick auf die grösste Baugrube der Zentralschweiz. Übrigens ist sie auch rund um die Uhr und ganz ohne Lärm vom Sofa aus zu beobachten: Das Luzerner Kantonsspital stellt auf seiner Website eine Webcam zur Verfügung.