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Zug

Bauernsohn will das Areal Bösch in Hünenberg zum führenden Wirtschaftsraum in Zug machen

Marco Hofer (31) ist Ökonom, Marketingexperte, Hünenberger – und neben dem Gewerbeareal Bösch aufgewachsen. Dieses will der Bauernsohn als Präsident des Vereins Zukunft Bösch zu einem führenden Wirtschaftsraum in Zug machen.
Marco Hofer, der Präsident des Vereins Zukunft Bösch, am Ort des Geschehens. (Bild: Stefan Kaiser (Hünenberg, 8. November 2021))

Kilian Küttel

«Sorry, dass es ein wenig kompliziert war. Einen richtigen Treffpunkt gibt es hier leider noch nicht.» Mit langen Beinen und schnellen Schritten kommt Marco Hofer über den Parkplatz ge­laufen, der die Schlosserei der Stiftung ­Zuwebe und eine Tennishalle voneinander trennt. Ein grauer Montagnachmittag im November an einem Ort, der geschaffen wurde, um bei möglichst wenig Rücksicht auf Ästhetik eine maximale Funktionalität zu gewährleisten. Das «Bösch» in Hünenberg – 3300 Arbeitsplätze verteilt auf 600 Firmen, 140 Grundeigentümer, 30 Hektaren Land Arbeitszone – besticht mit Esprit und Romantik eines Tupperware.

Doch das soll sich ändern. Und das Sinnbild für diese angestrebte Entwicklung marschiert gerade in schwarzen Laufschuhen über den Parkplatz. Marco Hofer, 31 Jahre alt, ein grosser Mann mit schmaler Taille und nach rechts gewachstem Haar, ist Präsident des Vereins Zukunft Bösch – jener Organisation von Grundeigentümern, Arbeitgebern und Firmeninhaberinnen, die sich zusammengeschlossen haben, um das «Bösch» in die Zukunft zu führen.

Hochhäuser, Rutschbahn, «Mobilitätshub», Solarenergie

In seiner «Vision Bösch» hat der 2019 gegründete Verein umrissen, wie das Gewerbeareal dereinst aussehen soll: eine Fussgängerzone mit Geschäften und Verpflegungsmöglichkeiten; ein sogenannter Mobilitätshub für die Vermietung von Elektroautos und E-Bikes, Carsharing und eine Haltestelle für einen autonom fahrenden Bus; ein «Dienstleistungs- und Entwicklungscampus» in Zusammenarbeit mit der ortsansässigen International School of Zug and Lucerne; drei Hochhäuser inklusive Rutschbahn, die zu «Treffpunkten für die Unternehmen und ihre ­Beschäftigten» werden sollen, um den Ansprüchen des neuen Arbeitens gerecht zu werden; Solarzellen auf allen Dächern, die Gebäude optional heizbar mit Abwärme der Papierfabrik Perlen. Und das alles in einem Gebiet, dessen rasterförmig angeordneten Gebäuden heute der klebrige Mief der 1980er-Jahre anhaftet, in denen viele der Bauten erstellt worden sein dürften und die heute allerhand beherbergen: Autogaragen, Kinderkrippen und Tierkliniken, unzählige Beratungs- und Immobilienfirmen, ein Waffengeschäft oder ein Geschäft für Oboenzubehör.

Das alles zu entwickeln – eine Lebensaufgabe? «Sicher ist es viel Arbeit», sagt Marco Hofer an diesem grauen Novembertag. Er lächelt. «Aber wir sind im Verein breit aufgestellt, ­haben viele engagierte Mitglieder und arbeiten gut mit den Behörden zusammen», schiebt der 31-Jährige nach, der während des gut einstündigen Spaziergangs durch das «Bösch» mehr als einmal sagt, er sei zwar der Vereinspräsident. Aber er wolle sich nicht in den Vordergrund drängen, habe die Auf­gabe in der Hoffnung übernommen, einen möglichst guten Beitrag zur Entwicklung des «Bösch» zu leisten, zu dem er einen persönlichen Bezug hat.

Der studierte Ökonom und mittlere von drei Brüdern ist als Bauernsohn auf dem angrenzenden Langrüti-Hof aufgewachsen, hat als Grundeigentümer ein Eigeninteresse an einer Aufwertung des Gebiets. Das gibt er auch zu. Trotzdem: «Wir wollen hier etwas schaffen, wovon die Allgemeinheit profitieren kann.» Etwa die Jugend: In Hofers Vision könnte man Sport- und Freizeiteinrichtungen im «Bösch» ansiedeln: Treffpunkte, Pop-up-Stores, Apéro- und Feierabendbeizen, eingemietet in verschieb-, stapel- und so immer neu komponierbaren Frachtcontainern, wie man das etwa aus Zürich kenne. Eine erste solche Zwischennutzug sei in Planung, sagt Hofer und zeigt auf den Parkplatz, wo der Container dereinst stehen soll.

Gemeinderat will Verkehrsprobleme lösen

Die Initiative von Hofer und seinen Mitstreiterinnen und Mitstreitern nimmt die Gemeinde Hünenberg mehr als nur erfreut auf. Darauf angesprochen, sagt Gemeindepräsidentin Renate Huwyler (siehe Interview): «Besonders überzeugen mich die Vielfalt und der ganzheitliche Ansatz der Vision.» Auf die Unterstützung der Exekutive dürfte der Verein auch angewiesen sein. Am 13. Dezember stimmt die ­Hünenberger Gemeindeversammlung über einen Kredit für die Aufwertung des «Böschs» ab. 910000 Franken erbittet der Gemeinderat von den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern, damit er etwa ein Projekt zur Aufwertung des Strassenraums planen, ein Parkhaus projektieren und 70 bis 100 temporäre Parkplätze erstellen kann. In der Botschaft schreibt der Gemeinderat, er verstehe es «als primäre Aufgabe der öffentlichen Hand», im «Bösch» die «problematische Verkehrssituation» zu verbessern.

«Der Verkehr ist aktuell wirklich das grösste Problem», sagt Marco Hofer, bevor er am Ende einer langen Geraden angekommen ist und nach rechts abbiegen kann. Es fehle an einer zweiten Ausfahrt, der Verkehr würde sich besonders an den Randzeiten stauen, Trottoirs teilweise ganz fehlen. Diese Aufgabe müsse man zuerst lösen, danach könne man alles Weitere anpacken. Wie lange es dauert, bis aus der Vision Wirklichkeit werde, und ob das überhaupt passiert, kann Marco Hofer nicht sagen. Zentral seien die Gespräche mit den Grundeigentümerinnen und Grundeigentümern, die trotz vereinzelter Kritik im Ganzen positiv verlaufen würden. Marco Hofer steht wieder beim Parkplatz, über den er zuvor gekommen ist. «Wir haben schon viel erreicht und sind zuversichtlich für die Zukunft», sagt er, bevor er sich verabschiedet – und am Horizont langsam die graue Wolkendecke aufbricht.

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