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Luzern

Bald ist die Impfaktion in den Luzerner Heimen abgeschlossen – doch die Skepsis gegenüber einer Öffnung bleibt

In den Luzerner Heimen wurden 13'000 Personen gegen Corona geimpft. Damit steigt der Druck, die Einschränkungen aufzuheben – auch in den Heimen. Diese drücken aber auf die Bremse.
Marco Müller Geschäftsführer des Horwer Alters- und Pflegezentrums Kirchfeld. (Bild: Pius Amrein
(22. November 2020))

Christian Glaus

Die Fallzahlen sinken, die Temperaturen steigen – und damit auch der Druck auf den Bundesrat, den Lockdown rascher aufzuheben. Die Zentralschweizer Kantone wollen die Restaurants nicht erst per April öffnen. Einige Stimmen fordern gar die Öffnung ab nächster Woche. Sie begründen dies unter anderem damit, dass mit den Heimbewohnerinnen und -bewohnern eine besonders gefährdete Bevölkerungsgruppe bald geimpft ist.

In den Luzerner Heimen haben bisher rund 13'000 Personen eine Coronaimpfung erhalten. Aktuell werden 5500 Personen mit einer Zweitimpfung versorgt und 2900 erhalten ihre erste Dosis. Die Erfahrungen seien positiv, sagt Christian Arnold, Präsident von Curaviva Luzern. Zwar gab es Fälle von Personen, die sich trotz Erstimpfung mit dem Virus angesteckt haben. «Die Verläufe waren aber viel milder.» Bei Coronainfektionen in Heimen handle es sich noch um Einzelfälle. Dass sich die Situation in den Heimen entspannt hat, führt das kantonale Gesundheits- und Sozialdepartement (GSD) «hauptsächlich auf die Impfungen zurück». Zudem zahle sich dort der vermehrte präventive Einsatz von Schnelltests aus.

Ist die Zeit also reif für einen Lockerungsschritt? Marco Müller, Geschäftsführer des Horwer Alters- und Pflegezentrums Kirchfeld, kehrt am Dienstagnachmittag von einer Bewohnerinformation zurück. «Die Mehrheit begrüsst es, wenn es langsam Lockerungen gibt. Sie möchten auch mal wieder ins Dorf gehen oder mit Freunden einen Geburtstag feiern können», sagt er. Und dennoch: Das Bedürfnis nach Sicherheit sei gross, die Angst vor einer Ansteckung nach wie vor vorhanden. «Wir dürfen jetzt nicht alles preisgeben, was wir erreicht haben.»

Die Angst vor der Mutation

Zurückhaltend äussert sich auch Curaviva-Präsident Arnold. Einer Öffnung könnten die Heime gelassen entgegenschauen, «wenn es die Mutationen nicht gäbe. Über diese weiss man einfach noch zu wenig.» Die Ansteckungen mit den mutierten Viren würden sich wöchentlich verdoppeln. Auf diese Entwicklung verweist auch das GSD: «Entscheidend werden die kommenden zwei bis drei Wochen sein.»

Christian Arnold findet es zwar richtig, jetzt über Lockerungen zu diskutieren. Ob aber auch der richtige Zeitpunkt sei, um diese umzusetzen, will er nicht kommentieren. Positiv dürfte diesbezüglich die Nachricht vom Montag sein, wonach der in den Heimen eingesetzte Impfstoff von Pfizer/Biontech auch vor den Mutationen schützt.

Doch die Impfung erhöht nicht nur den Schutz, sondern auch den Druck. Das spüren selbst die Heime. Marco Müller sagt:

«Die Erwartungshaltung, dass man Einschränkungen aufheben soll, steigt vor allem bei den Angehörigen.»

In den Heimen wird nun über eine Lockerung der Schutzkonzepte diskutiert. Es handle sich dabei um erweiterte Besuchs- und Ausgangsrechte der Bewohnenden, so das Gesundheits- und Sozialdepartement. Zu möglichen Schritten will sich dieses derzeit genauso wenig äussern wie Curaviva-Präsident Christian Arnold. Dieser sagt: «Es muss zuerst abgewartet werden, was der Bundesrat am Mittwoch beschliesst.»

Ausserdem müsse beurteilt und diskutiert werden, ob es beispielsweise Privilegien für Geimpfte geben soll. Eine schwierige Entscheidung, die der Verband nicht selber treffen will. Auch der Bundesrat hat sich dazu noch nicht positioniert.

Kirchfeld-Leiter Marco Müller vertraut im Alltag auf die Erfahrung mit Corona und auf das Schutzkonzept. Selbst dass eine Mitarbeiterin beim wöchentlichen Coronaschnelltest am Dienstag ein positives Resultat erhält, bringt ihn nicht aus der Ruhe. Einschränkungen aufheben aber – das sei eine Gratwanderung, sagt Müller.

«Persönlich finde ich, dass die Leute eine Perspektive brauchen. Lockerungen sollten möglich sein – schrittweise und behutsam.»

Müller unterstützt den Plan des Bundesrats, etappenweise Öffnungen vorzunehmen, je nach weiterem Verlauf der Neuinfektionen. Eine vorsichtige, schrittweise Lockerung ist auch gemäss Kanton vertretbar. Das Gesundheits- und Sozialdepartement schreibt:

«Damit kann der Fehler verhindert werden, dass eine zu schnelle und komplette Öffnung letztlich eine weitere Welle provoziert.»

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