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Kanton Luzern

Autoarme Stadtzentren – eine Notwendigkeit oder ein Affront?

Mit sogenannten «Hubs» wollen Städte und Agglos die Verkehrsbelastung in den Griff bekommen. Wie diese Drehscheiben genau konzipiert sein sollen, ist allerdings umstritten.

«Eine nachhaltige und sichere Mobilität wollen wir alle», sagte Alexander Stadelmann, Geschäftsführer der TCS-Sektion Waldstätte. «Aber wie machen wir das?» Eine wichtige Massnahme für dieses Ziel ist der Verkehrshub: eine Drehscheibe zum Umstieg zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln, die zudem weitere Dienstleistungen wie Begegnungszonen, Co-Working-Spaces und Läden anbietet. Über diese Hubs diskutierten am Montagabend vor rund 120 Anwesenden die Teilnehmer der 11. TCS-Verkehrskonferenz auf der Allmend Luzern.

TCS-Podiumsdiskussion mit (von links nach rechts): Jérôme Martinu, Erwin Selva, Milena Scherrer, Sabine Wermelinger und André Bachmann.
Bild: Bild: Simon Mathis (Luzern, 14. November 2022)

Der Referent Erwin Selva von der ERR Raumplaner AG erläuterte eingangs, wie ein Hub-Konzept auch in Luzern aussehen könnte. Dabei betonte er, dass es künftig wahrscheinlich nicht mehr gehe, für eine Reise lediglich ein einziges Verkehrsmittel zu nutzen. «Das Auto, das bis jetzt einen sehr hohen Stellenwert hat, wird die Bedeutung verlieren», hielt Selva fest. Dennoch sei es wichtig, bei der Planung von Hubs das Auto nicht zu vergessen. Denn auch der motorisierte Individualverkehr (MIV) habe Stärken, die man ausspielen könne.

Wie komfortabel ist ständiges Umsteigen?

André Bachmann, Präsident von Luzern Plus, stellte in der anschliessenden Diskussion erfreut fest, dass sich Selvas Erkenntnisse gut mit der bereits angedachten Planung im Kanton decken: «Das zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.» Er äusserte jedoch auch die Meinung, dass man bei der Entwicklung zwar bei 8 von 10 Punkten stehe, bei der Umsetzung jedoch erst bei ungefähr 4 Punkten.

Gesprächsleiter Jérôme Martinu, Chefredaktor der Luzerner Zeitung, verwies beispielhaft auf den Bushub Ebikon, der wegen eines Rechtsstreites nun neu aufgegleist werden muss. Milena Scherrer, Co-Leiterin Mobilität bei der Stadt Luzern, pflichtete den Ausführungen Selvas bei: «Dort, wo der Platz knapp ist, sollte man auf die flächeneffizienten Verkehrsmittel umsteigen.»

Etwas skeptischer gegenüber Verkehrshubs zeigte sich FDP-Kantonsrätin Sabine Wermelinger. Zwar blicke sie mit grossem Interesse auf die Hubs. Allerdings gab sie zu bedenken, dass das ständige Umsteigen auch Umstände mit sich bringen könne: Als sie kürzlich mit dem ÖV auf Thun fahren wollte, habe sie zehn Minuten versucht, sich die Verbindung zurecht zu legen – bis sie sich dann dazu entschied, mit dem Auto zu gehen. «Das Umsteigen – gerade bei unbekannten Bahnhöfen – ist oftmals einfach kompliziert und unkomfortabel.» Das müsse sich verbessern. Zudem gebe es an den Drehscheiben oftmals viel Platz für Velos – aber nur vergleichsweise wenig für Autos.

Hubs als Anziehungspunkte

Milena Scherrer relativierte: «Es wird nie ein Mobilitätshub ohne Auto-Anbindung, also einzelne Parkplätze, geben.» Sie räumte ein, dass der Umstieg auf den ÖV für viele Leute Hindernis darstelle. «Das ist nicht einfach, man muss es lernen.» Aber sobald man Leute zum Umsteigen motivieren könne, habe es auf der Strasse mehr Platz für jene Autofahrerinnen und -fahrer, die sie wirklich brauchen. Dieser Schritt sei auch nötig, um den ÖV attraktiver zu machen.

Dem stimmte André Bachmann zu – und betonte den Klimawandel: «Hier müssen wir dringend Lösungen finden, sonst bekommen wir das Problem nicht in den Griff.» Dafür brauche es von allen Seiten Kompromissbereitschaft – die er aber auch erkenne.

TCS-Sektionspräsident und FDP-Nationalrat Peter Schilliger brachte im Schlusswort den Ansatz ins Spiel, Hubs mit besonderen Dienstleistungen als Anziehungspunkte bewusst ausspielen: «Wenn nicht alles in die Stadt hinein soll, müssen wir dort andere Angebote schaffen – aber ohne das Auto komplett auszuschliessen.»

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