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Luzern

Auszonungen: Escholzmatt-Marbach trifft es hart

Für den Kanton Luzern ist klar: Escholzmatt-Marbach verfügt über zu grosse Baulandreserven. Diese muss der Gemeinderat im Zuge der Ortsplanungsrevision nun eindämmen – was vor Ort auf wenig Gegenliebe stösst.
Blick auf die Gemeinde Escholzmatt. (Bild: Nadia Schärli, 20. Juli 2015)

Evelyne Fischer

Bis Ende 2023 haben alle Luzerner Gemeinden ihre Bau- und Zonenreglemente anzupassen. Grund dafür ist der revidierte Richtplan sowie das neue Planungs- und Baugesetz des Kantons. Ziel dieser Regelwerke ist es, die Zersiedelung zu stoppen. Als sichtbares Zeichen für den haushälterischen Umgang mit dem Boden müssen im ganzen Kanton Luzern über 70 Hektaren Land rückgezont werden.

Stark betroffen ist Escholzmatt-Marbach: Die 4400 Einwohner zählende Gemeinde darf gemäss Richtplan bis 2030 auf gegen 4700 Einwohner anwachsen. Mit den aktuellen Baulandreserven wären aber 880 Einwohner zusätzlich möglich. Gemäss der Dienststelle Raum und Wirtschaft (Rawi) muss die Gemeinde ihre Bauzonenreserven daher um mehr als 10 Hektaren reduzieren.

Dem Auszonungsauftrag kommt die Gemeinde mit der jetzigen Ortsplanungsrevision nur bedingt nach: «Primär müssen wir die Reglemente der zwei ehemals eigenständigen Gemeinden Escholzmatt und Marbach vereinheitlichen», sagt Gemeinderat und Ortsplanungskommissionsmitglied Franz Duss (CVP), der Gemeindepräsident Fritz Lötscher (CVP) ferienhalber vertritt.

Auszonungen nur zur Kompensation

Dennoch werden in den Gebieten Lehn, Wanne, Bergrat und Änetbrügg 5600 Quadratmeter der Landwirtschaftszone zugewiesen – es handelt sich hier allerdings um kompensatorische Auszonungen, um in der Dorfmatte Marbach Gewerbeland einzuzonen. Auch werden so kleinflächige Einzonungen in den Gebieten Lehn und Wiggen möglich.

Im Vorprüfungsbericht taxiert das Rawi die 5600 Quadratmeter als «nicht ausreichend» und hält klar fest: «Im Rahmen der vorliegenden oder spätestens in der nächsten Gesamtrevision der Ortsplanung sind deshalb weitere Rückzonungen vorzunehmen.» Laut Richtplan sollen Gebiete ausgezont werden, die während zehn Jahren oder mehr keine Entwicklung aufweisen, für die keine Bebauungspläne vorliegen oder die langfristig blockiert sind. Eher ausgezont werden periphere und schlecht erschlossene Parzellen.

«Ich habe die Parzelle gekauft und müsste bei einer Auszonung einen massiven Wertverlust hinnehmen.»

René Riedweg, Landwirt aus Escholzmatt


Bis letzten Dienstag lagen die Dokumente der Ortsplanungsrevision öffentlich auf. Franz Duss bestätigt, dass Einsprachen eingegangen sind. «Der Gemeinderat wird sie aber erst nach den Herbstferien sichten.» Eine der Einsprachen stammt von Landwirt René Riedweg. Er wohnt ausserhalb des Dorfes Escholzmatt, hat aber vor Jahren im Ortskern 1600 Quadratmeter Land in der Wohnzone erworben. Dereinst sollte ein Zweifamilienhaus darauf zu stehen kommen. Dass er nun auszonen soll, versteht Riedweg nicht. «Es sollten zuerst jene an die Reihe kommen, deren Land durch eine Einzonung unverhofft an Wert gewonnen hat. Ich habe die Parzelle gekauft und müsste bei einer Auszonung einen massiven Wertverlust hinnehmen.» Dies könnte er nur mit einer entsprechenden Entschädigung akzeptieren.

Gewerbe befürchtet Einschränkungen

Ernüchtert über die Ortsplanung sind auch gewisse Gewerbler. Zwar heisst es im Planungsbericht: «Die Entwicklung von Gewerbe- und Industriebetrieben wird gezielt gefördert. Die bestehenden und innovativen Betriebe sollen sich an ihrem Standort weiterentwickeln können.» Diese Absicht sei in den jetzigen Plänen aber nicht erkennbar, sagt etwa Markus Zemp, Geschäftsführer der gleichnamigen Leitungsbaufirma in Wiggen.

«Will ich meine Firma verändern, bleibt mir eigentlich nur die Abwanderung.»

Markus Zemp, Zemp Leitungs- und Tiefbau Wiggen


Um seinen Betrieb mit knapp 20 Angestellten erweitern zu können, wäre er auf die Einzonung des bestehenden Werkhofes, der auf Landwirtschaftsland steht, in die Gewerbezone angewiesen. Ein aussichtsloses Anliegen, wie Gespräche mit dem Rawi zeigten. «Eine Einsprache wäre ein Kampf gegen die Windmühlen», sagt Zemp. «Will ich meine Firma verändern, bleibt mir eigentlich nur die Abwanderung.» Der Kanton forciere die Aufgabe von bestehenden Infrastrukturen, die danach leer stehen. «Wieso soll ich 8000 Quadratmeter Land neu überbauen, wenn eine Erweiterung nur deren 3000 benötigt? Die Minimierung von Landverschleiss sieht anders aus.»

Ähnlich sieht es Hubert Felder. Er wohnt in einer Weilerzone, die gemäss der Systematik des Planungs- und Baugesetzes den Nichtbauzonen zugewiesen wird. 1500 Quadratmeter Land, die im Besitz des Bauern aus Marbach sind, sollen ausgezont werden. Weil er die Parzelle selber bewirtschafte und der Wertverlust verkraftbar sei, habe er auf eine Einsprache verzichtet. Aber: «In unserem Weiler gibt es viele Gewerbegebäude, die heute ungenutzt sind», sagt Felder, der im Haus einer früheren Bäckerei lebt. Die Umnutzung oder Weiterentwicklung solcher Gebäude sei künftig nur noch eingeschränkt möglich. «Wer für die nächste Generation vorsorgen will, hat das Nachsehen.»

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