Philipp Unterschütz
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Philipp Unterschütz
«Amber hat die australische Sonne mitgebracht.» Eveline Durrer, Englisch-Lehrerin einer Primarschulklasse im Hergiswiler Dorfschulhaus, ist mehr als nur zufrieden mit der 22-jährigen Austauschstudentin Amber Sharp, die nach vier Wochen zum letzten Mal vor der Klasse steht. «Sie hat es mega gut gemacht, sehr lebendig und aktiv.»
Und ganz offensichtlich hat «Miss Sharp» den Zugang zu den Kinderherzen gefunden. Engagiert spielen sie eine Art Wörterlotto. Die Studentin zaubert typisch australische Begriffe aus ihrer magischen Tasche – die natürlich mit einer grossen australischen Flagge bedruckt ist – und die Kinder suchen fieberhaft den Begriff auf ihrer Wortkarte. Kangaroo, Koala, Football und vieles mehr. Zur Lektion gehört dann sogar noch ein kleines Aussen-Training im Nationalsport Australian Football, bevor es heisst: Abschied nehmen. Die Mädchen wollen in den Arm genommen werden und auch bei den Jungs liegt etwas Melancholie in der Luft.
Vom Grüezi-Sagen auf der Strasse
Amber Sharp ist eine von insgesamt neun Austauschstudenten aus der Universität Deakin in der Nähe von Melbourne im heissen Süden von Australien, die einen vierwöchigen Aufenthalt in der Schweiz gemacht haben. Organisiert wurde der Austausch vom International Office der Pädagogischen Hochschule Luzern. Wie Amber Sharp war auch Tom Rogers bei einer Gastfamilie in Hergiswil untergebracht, er unterrichtete 3. bis 9. Klassen in Englisch im Schulhaus Matt.
In Europa und der Schweiz waren beide vorher noch nie – nun sind sie begeistert. So erlebten sie zum ersten Mal in ihrem Leben, wie es aussieht und sich anfühlt, wenn Schneeflocken vom Himmel fallen. Die Landschaft hier sei fantastisch, die Berge und Seen, schwärmen sie, jeder Bus und jeder Zug sei absolut pünktlich – und das Essen sei fantastisch. «Ich habe das Gefühl, mich fast nur von Käse und Schokolade ernährt zu haben», sagt Amber und lacht. Besonders beeindruckt sind die jungen Australier aber von der Freundlichkeit der Leute. Ihre Gastfamilien seien extrem herzlich und nett gewesen, hätten sie integriert und mit ihnen Ausflüge gemacht. «Ich hatte keine Sekunde Heimweh», sagt Amber Sharp. Tom Rogers ist aufgefallen, wie sich die Leute auch auf der Strasse grüssen. «Auch wenn man sich nicht kennt, immer kommt ein Grüezi. Das ist bei uns nicht so.» Auch in der Schule sei die Beziehung zwischen Lehrpersonen und Schülern enger als in ihrer Heimat. «Wenn die Schüler glücklicher sind, macht das auch das Lehren einfacher», sagt Tom Rogers. Ein Vorurteil wurde allerdings nicht bestätigt. «In Australien denken wir, dass die Lehrpersonen in der Schweiz sehr strikt und auch streng sind», erklärt Amber Sharp. Das sei aber überhaupt nicht so. «Sie sind sehr locker.»
Etwas überrascht sei sie vom Notensystem und dem Übertrittsverfahren. «Hier müssen Kinder schon früh entscheiden, welchen Weg sie einschlagen wollen. Das führt doch auch zu einigem Druck.» Anderseits schaffe dieses System aber auch gute Grundlagen für das spätere Berufsleben. In Australien hätte man an der Oberstufe eigentlich keine Auswahlmöglichkeiten, was dazu führe, dass kein Zug nach oben da sei. «Für die meisten Berufe braucht es einfach einen Uni-Abschluss. Berufslehren wie hier gibt es nur wenige.» Die Kinder hätten doch schon einiges über Australien gewusst, sie kannten insbesondere viele Tiere, oder wussten, dass es in Australien heisser ist als hier. Und sie hätten im Englisch sehr gute Fähigkeiten. So erzählt Tom, wie die Kinder auf dem Schulweg immer versucht hätten, sich mit ihm in seiner Muttersprache zu unterhalten.
Wer Fremdsprachen kann, wird bewundert
Spannend sei es auch gewesen, zu erleben, wie hier Fremdsprachen gelernt werden. Amber und Tom bestätigen, dass es in Australien eher aussergewöhnlich sei, eine Fremdsprache zu lernen. «Wenn aber jemand eine kann, wird er bewundert.» Das Wissen, überall auf der Welt mit der Muttersprache Englisch verstanden zu werden, hemme halt den Tatendrang. «Ich werde aber nach meiner Rückkehr wieder Deutsch lernen», sagt Tom Rogers, der bereits in der Highschool schon mal ein Jahr Deutsch hatte und sich doch noch an einige Brocken erinnert.
Nun, nach Abschluss ihrer Lehrtätigkeit in der Schweiz, bereisen die beiden noch einige Wochen Europa – Amber mit dem Bus, Tom mit dem Zug – bevor es rechtzeitig zu Weihnachten nach Hause und dann wieder an die heimische Uni geht. Noch ein Studienjahr haben sie vor sich, danach werden die beiden als Primarlehrer tätig sein – mit besten Erinnerungen an die Schweizer Schule.