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Aus Italien via Luzern an die ETH

Kein anderes Gymnasium in der Nähe wollte vor zweieinhalb Jahren Geena Benga ohne Deutschkenntnisse aufnehmen, nur die Kanti Reussbühl. Nun hat die 18-Jährige dort ihre Matura absolviert, spricht fliessend Schweizerdeutsch – und geht bald an die ETH.
Maturandin Geena Benga aus Kriens ist vor 2,5 Jahren aus Italien in die Schweiz gekommen und hat jetzt die Matura bestanden. (Manuela Jans-Koch: Kriens,  14 . Juni 2018)

Wenn man Geena Benga (18) begrüsst, ist man erst etwas irritiert. Die junge Frau zog vor zweieinhalb Jahren aus Altamura bei Bari, Italien, in die Schweiz – und spricht bereits fliessend Schweizerdeutsch. Doch sie hat in dieser Zeit nicht nur die hiesige Sprache gebüffelt, sondern auch noch die Matura bestanden. «Ich hätte natürlich als Schwerpunktfach Italienisch nehmen können. Aber das hätte mir ja nichts gebracht», meint sie lachend. Stattdessen hat sie ihre Maturaarbeit im Fach Physik zum Thema Lichtgeschwindigkeit geschrieben – auf Italienisch. Die Präsentation dazu musste sie allerdings auf Deutsch halten.

Bengas Vater lebte bereits ein Jahr in Kriens, als sie und ihre Mutter zu ihm zogen. «Mein Bruder blieb in Italien, er war schon 25 Jahre alt. Ich wäre gern bei ihm geblieben, aber meine Mutter war dagegen», sagt sie.

Nach einem Jahr machte es «Klick»

In Italien hatte sie zwar das wissenschaftliche Gymnasium besucht, sprach aber kein Wort Deutsch. Kein Gymnasium ausser die Kantonsschule Reussbühl wollte sie ohne Sprachzwischenjahr aufnehmen. «Das erste halbe Jahr war schon schwierig. Ich verstand in Fächern wie Geschichte oder Deutsch praktisch nichts und sprach selbst vor allem Englisch.» Einmal pro Woche hatte sie einen Kurs, zusätzlich lernte sie Deutsch für Zweitsprachige in der Schule. Doch «Klick» machte es erst nach einem Jahr: «Als ich von den Sommerferien in Italien zurückkam, fiel es mir plötzlich leicht und ich begann, Schweizerdeutsch zu reden». Beim Eingewöhnen habe ihr auch die Unterstützung ihrer Klasse geholfen.

«Ich verstand in Fächern wie Geschichte oder Deutsch praktisch nichts.»

Geena Benga, Maturandin Kantonsschule Reussbühl

Obwohl die junge Italienerin noch immer Heimweh nach ihrem Zuhause und ihren Freunden hat: Im Moment würde sie nicht zurück wollen, um dort zu leben. Denn nun steht erst mal ihr Physik-Studium an der ETH Zürich an. «Bereits als Kind habe ich mich für Astronomie interessiert. Und Physik fasziniert mich auch. Es ist toll, wenn man die Gesetzmässigkeiten der Welt versteht und weiss, wie sie funktioniert», erzählt sie begeistert. Von ihren Klassenkollegen werde sie oft gebeten, Physik- oder Chemiethemen zu erklären. Das mache ihr Spass: «Vielleicht werde ich Physiklehrerin? Aber erst mache ich mal den Bachelor».

Fahrprüfung, Ferien – und ab an die ETH

Neben dem Deutschlernen und der Schule hat Geena Benga noch andere Herausforderungen in den letzten 2,5 Jahren gemeistert. «Ich bin ein Sommermensch. Im Winter ist es hier kalt», findet sie. Skifahren sei nichts für sie, das mache ihr Angst. «Ausserdem war ich Busfahren nicht gewohnt, denn in Altamura hat es keinen und hier musste ich jeweils drei Busse nehmen, bis ich in der Schule war». In der Kanti hat sie sich immer wohlgefühlt. «Die Infrastruktur ist viel besser als an meiner Schule in Italien. Und die Lehrer sind alle gut. Die Schüler hier wissen gar nicht, wie privilegiert sie sind.» Die Schule und ihre Klassenkollegen hätten ihr in schwierigen Zeiten auch Halt gegeben und sie motiviert, nicht aufzugeben. Bevor Benga in der ETH die Schulbank drückt, wird sie erst noch Ferien machen und die Fahrprüfung ablegen. Und wohl auch noch Klavierspielen. Denn: «Ich dachte immer, es sei für mich zu spät, Klavierspielen zu lernen. Doch als ich Deutsch gemeistert habe, fand ich, dann kann ich auch Klavierspielen.»

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