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Nidwalden

Aufgestochenes Bambi im Nidwaldner Museum verärgert Jäger

Eine Skulptur, die ein ausgestopftes Rehkitz mit Messern im Rücken zeigt, sorgt unter Nidwaldner Jägern für Aufruhr: «Abstossend» und «respektlos» sei es. Das Nidwaldner Museum stellt das Werk trotz Kritik aus.
Die Skulptur «Swiss Reh» von Nic Hess wirft in Nidwalden hohe Wellen. (Bild: Alexandra Wey/Keystone (Stans, 3. April))

Simon Mathis

Ein ausgestopftes Rehkitz lächelt den Betrachter an, in seinem Rücken stecken rund 20 Schweizer Sackmesser. Diese Fotografie einer Skulptur, die in unserer Zeitung abgedruckt wurde (Ausgabe vom 28. März), sorgt unter den Nidwaldner Jägern für Aufregung. Unsere Zeitung hat einen Leserbrief erhalten, der sich über das Kunstwerk beklagt.

Die Unterzeichnenden Peter Lussi, Hans Hug, Silvia und Edgar Hug schreiben: «Das Bild vom Rehkitz mit den Messern im Körper ist das verwerflichste Bild, das wir je gesehen haben gegenüber der frei lebenden Tierwelt. Hier werden die Würde und der Respekt vor der Natur aufs Schwerste verletzt. Wir können nicht verstehen, dass der Jägerverein und die Verantwortlichen der Politik das tolerieren. Nach unserem Wissen werden ja das Museum und die Angestellten mit Steuergeldern unterstützt.» Das Nidwaldner Museum wird das umstrittene Werk «Swiss Reh» ab heute zeigen – als Teil der Ausstellung «Jäger, Tiere, Wilderer». «Als ich dieses Objekt gesehen habe, hat es mich bis ins innerste Herz erschüttert», sagt der pensionierte Wildhüter Hans Hug auf Anfrage. Er hat den Leserbrief mitunterzeichnet. «In meinen 35 Jahren als Wildhüter habe ich zusammen mit meinem Wildhüterkollegen eigenhändig etwa 350 Rehkitze vor dem Mähtod gerettet», so Hug. Dass er jetzt ein solches Bild anschauen müsse, stimme ihn tieftraurig. «Ich habe ja schon vorher kaum etwas von Kunst verstanden, aber jetzt verstehe ich sie überhaupt nicht mehr.»

Die Jäger sind verständnislos

Hug ist nicht der einzige Jäger, der Mühe mit dem Werk hat. Das berichtet Werner Zumbühl, Präsident des Patent-Jägervereines Nidwalden. «Ich habe viele besorgte Telefonate bekommen», so der Dallenwiler. «Ich persönlich finde das Kunstwerk ebenfalls abstossend.» Er habe noch keinen Jäger getroffen, der ihm etwas Positives hätte abgewinnen können. Zumbühl: «Es soll wohl Kunst sein, aber wir Jäger haben kein Verständnis dafür. Allerdings hat ja auch kein Jäger die Skulptur gemacht.»

Schöpfer des Werkes ist der Zürcher Künstler Nic Hess, Jahrgang 1962. Die Skulptur wird im Dachstock des Salzmagazins ausgestellt. Dort werden neben dem Jagdhandwerk auch die Legenden thematisiert, die sich um die Jagd ranken. Dabei werden verschiedene Kunstwerke gezeigt, «Swiss Reh» ist eines von ihnen. «Gerade beim Thema Jagd sollen die unterschiedlichen, persönlichen Perspektiven beleuchtet werden», erläutert Stefan Zollinger, Leiter des Nidwaldner Museums.

«Die Skulptur ‹Swiss Reh› hat tatsächlich hohe Wellen geschlagen», sagt Stefan Zollinger. «Viele haben sich schriftlich und telefonisch vehement dagegen ausgesprochen, dass wir das Kunstwerk im Salzmagazin ausstellen.» Ursprünglich sollte das Rehkitz die Poster der Ausstellung zieren. Davon hat man aufgrund der Reaktionen abgesehen. «Wir haben gemerkt, dass die künstlerische Sprache des Objekts zu Missverständnissen führt», erläutert Zollinger. «Deshalb nutzen wir es nicht mehr als Werbeträger.»

Trotz Kritik: Die Skulptur wird wie geplant in der Ausstellung zu sehen sein. «Wir möchten das Werk trotzdem zeigen», sagt Zollinger. «Denn es ist unsere Aufgabe als Museum, Fragen zu stellen – interessiert, unvoreingenommen, neugierig.» Schon die Ausstellung über die Luftseilbahnen sei kein Werbespot für Bahn-Hersteller gewesen.

Als Pauschalkritik an der Jagd will Zollinger das Rehkitz nicht verstanden wissen. «Das Thema Jagen führt direkt zu den grossen Fragen über Leben und Tod. Das interessiert uns.» Dass im Werk das Niedliche und Grässliche so nahe beieinander lägen, könne irritieren. «Ich glaube aber, dass das Kunstobjekt im Kontext der Ausstellung verständlicher wird. Natürlich wollen wir mit dem Werk keine Gefühle verletzen», betont Zollinger. «Dass das offenbar geschehen ist, tut mir Leid.» Gleichzeitig wolle das Nidwaldner Museum aber auch Raum für unangenehme Fragen zulassen. Die hitzige Debatte um die Skulptur zeige, wie emotional und komplex das Thema Jagd sei. Wenn das Museum solch öffentliche Debatten auslösen könne, sei das begrüssenswert.

Die Vernissage zur Ausstellung ist diesen Freitag, 18.30 Uhr.

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