Philipp Unterschütz
Das Wetter hätte für Vogelbeobachtungen kaum passender sein können. Noch in der Dämmerung hatten sich am Samstag einige Ornithologen unter der Leitung des Stansers Valentin Bütler zum Bleikigrat zwischen Musenalp und Buochserhorn aufgemacht, um sobald möglich am Morgen mit ihren Beobachtungen beginnen zu können. Organisiert wurde der Beobachtungstag von der IG Haubenmeise Ob- und Nidwalden. Der Beobachtungsposten auf dem Bleikigrat war einer von insgesamt 62 in der ganzen Schweiz.
Seit 25 Jahren bereits wird der Vogelzug jeweils am ersten Oktoberwochenende an unzähligen Stellen in ganz Europa verfolgt. 34 europäische Länder machen am «Eurobirdwatch» mit. Es sollen laut Valentin Bütler aber nicht nur Daten gesammelt werden. «Es geht auch um die Sensibilisierung der Bevölkerung und um den Vogel- und Naturschutz. Die Tiere brauchen auf ihren Zugstrecken intakte Rastplätze.»
Am meisten waren Buchfinken unterwegs
Bis am Ende des Beobachtungstags konnten laut Expeditionsleiter Bütler, der seit knapp 40 Jahren als Feldornithologe tätig ist und zum fünften Mal am Anlass dabei war, unzählige Vögel beobachtet werden. Zum einen waren das die in der Gegend beheimateten Arten wie Baumläufer, Eichelhäher oder Kolkraben. Am häufigsten waren bei den Zugvögeln Buchfinken (2400) in Schwärmen von 10 bis 30 Tieren und Erlenzeisige (700) in kompakten Schwärmen von 15 bis 20 Tieren zu sehen. Weil bei uns Buchfinken ganzjährig sichtbar sind, werden diese gar nicht als Zugvögel wahrgenommen. Die Beobachtungen aber zeigen, dass die einzelnen Populationen in riesiger Zahl auf die Reise gehen.
Die Beobachtungsdaten wurden protokolliert und gehen an «Birdlife Schweiz», von wo aus sie letztlich in die gesamteuropäischen Zählungen einfliessen. Wie schon in früheren Jahren führte der Zug einheitlich Richtung Ächerlipass, Trogenegg oberhalb Langis und Glaubenbielenpass Giswil. Es ergebe sich das Gesamtbild eines starken Vogelzugs entlang der Voralpen Richtung Genfersee. Dies sei bis vor einigen Jahren in Ob- und Nidwalden wenig bekannt gewesen, könne nun aber solide belegt werden, schreibt die IG Haubenmeise in ihrer Mitteilung.
Wiesenbrüter verschwinden zusehends
Beim Zug selber habe man in den letzten Jahren keine grossen Änderungen festgestellt, sagt Valentin Bütler. Hingegen gebe es Vogelarten, von denen immer weniger dabei seien. «Wiesenbrüter wie zum Beispiel die Feldlerche kommen immer weniger», weiss der Feldornithologe. Die Art verschwinde zunehmend und müsse in höhere Lagen ausweichen. «Seit 10 bis 12 Jahren ist die Feldlerche auch vom Stanser Talboden gänzlich verschwunden. Sie würde drei Wochen Zeit zum Brüten brauchen, gemäht wird aber in kürzeren Abständen.» Mit grossem Interesse gesellten sich am Samstag auch gegen 20 Wanderer spontan zu den Ornithologen und zeigten sich begeistert von den Beobachtungen, die sie durch die Ferngläser der Vogelkundler machen konnten. «Viele wollten wissen, wohin die Vögel ziehen würden, und waren überrascht zu erfahren, dass sich die Zugvögel an Magnetfeldern und Gestirnen orientieren und es auch Arten gibt, die nachts ziehen», erzählt Valentin Bütler.