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Luzern

Anzeige gegen Umweltdepartement: Regierung ortet keinen Handlungsbedarf, Umweltverbände prüfen weitere Schritte

Gesetze nicht einhalten, den Vollzug verschleppen: Es sind happige Vorwürfe gegen das kantonale Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement. Der Regierungsrat weist diese nun entschieden von sich. Der Rechtsstreit ist damit aber noch lange nicht beendet.
Das Güllen der Felder sorgt für hohe Phosphorwerte – der Einsatz von Schleppschläuchen verringert die Umweltbelastung. (Bild: Pius Amrein)

Niels Jost

Niels Jost

32 Seiten lang ist die aufsichtsrechtliche Anzeige gegen das Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartements (BUWD)des Kantons Luzern. Eingereicht haben sie WWF, Pro Natura, BirdLife und Ärztinnen und Ärzte für den Umweltschutz im vergangenen August. Sie werfen der Behörde vor, die Ziele zur Reduktion des Ammoniaks und Phosphors aus der Landwirtschaft ungenügend zu verfolgen. Dadurch werde das Umwelt- und Gewässerschutzgesetz sowie die Luftreinhalteverordnung nicht eingehalten und deren Vollzug «systematisch verschleppt». Dies gefährde die Gesundheit der Bevölkerung.

In der Verantwortung sehen die Umweltverbände den Regierungsrat. Er sei seiner Aufsichtspflicht gegenüber dem BUWD zu wenig nachgekommen. Am Donnerstag hat das Gremium Stellung bezogen – und die Vorwürfe zurückgewiesen. Aufsichtsrechtliche Massnahmen seien «nicht angezeigt». Regierungsratspräsident Reto Wyss begründet: «Die Oberaufsicht für den Gesetzesvollzug liegt bei den zuständigen Bundesämtern. Sie wurden über die Massnahmen informiert und haben diese bewilligt.»

Als Beispiel nennt der CVP-Politiker das Phosphorprojekt III. Dessen Start musste um ein Jahr auf Anfang 2021 verschoben werden. Diese Fristverlängerung habe Bundesbern gewährt. Generell sei der Regierungsrat der Auffassung, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Reduktionsziele mit den laufenden und geplanten Massnahmen erreicht werden können. Man sei zeitlich nur «etwas» im Verzug.

Umweltverbände sind «sehr enttäuscht»

Die Umweltverbände sind «sehr enttäuscht» von der Stellungnahme – nicht nur weil keine Massnahmen ergriffen werden, sondern auch wegen der kurzen Antwort, sagt Katja Dürst. Laut der Geschäftsführerin von Pro Natura Luzern hat die Ausarbeitung der Anzeige wegen der Komplexität ein halbes Jahr gedauert. Erhalten hätten sie nun eine zweiseitige Stellungnahme. «Wir hätten zumindest erwartet, dass einzelne Massnahmen beim BUWD überprüft werden.»

Die Begründung, das BUWD sei zeitlich nur «etwas» im Verzug, lässt Dürst nicht gelten. «Der Kanton hat tatsächlich schon viele Massnahmen ergriffen, allerdings setzt er diese im Schneckentempo um.» Als Beispiel nennt sie die Abdeckung offener Güllelager. Gemäss dem seit letztem Jahr geltenden verschärften Teilplan Ammoniak sollen die rund 1200 offenen Jauchebehälter im Kanton geschlossen werden – bis 2030. «Ein zu grosser Zeithorizont», findet Dürst.

30 Jahre, bis der Baldeggersee gesundet

Dies gelte auch für die Reduktion des Phosphors im Sempacher-, Baldegger- und Hallwilersee. Gemäss aktuellen Massnahmen würde der am stärksten betroffene Baldeggersee erst in etwa 30 Jahren gesunden, wie diese Grafik zeigt:

Dürst: «Diese Fakten liegen seit 15 Jahren auf dem Tisch. Der Kanton setzt dieses Wissen aber nicht in die Tat um und setzt immer noch auf milde Massnahmen und Freiwilligkeit.»

Zu dieser Kritik am «verschleppten» Vollzug sagt Regierungsratspräsident Wyss: «Ergriffene Massnahmen brauchen eine gewisse Zeit, bis sie ihre Wirkung erzielen.» Dabei scheue der Kanton auch nicht davor zurück, die Regeln wenn nötig zu verschärfen, wie das Phosphorprojekt zeige.

Verbände und Bauern wehren sich auf juristischem Weg

Solche Verschärfungen kommen aber nicht nur gut an. So sind im vergangenen August 145 betroffene Landwirte juristisch gegen die Phosphorverordnung vorgegangen. Das Verfahren ist vor Kantonsgericht hängig. Es zeigt aber, in welch grossem Spannungsfeld sich die Regierung befindet.

Man wolle weiterhin auf Dialog setzen, sagt Reto Wyss. Auch Katja Dürst hält den «offenen» Austausch für wertvoll. Sie betont, dass sich ihre Kritik nicht an die Bauern richte, welche die Gesetze einhalten würden, sondern eben an die Regierung, welche die Gesetze nicht richtig umsetze. Um das zu ändern, prüfen die Umweltverbände weitere rechtliche Schritte. Die Debatte ist somit noch lange nicht beendet.

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