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Zug

Anlagebetrug: Jetzt ist die Deliktssumme mehr als doppelt so hoch

Der Staatsanwalt spricht in seinem Plädoyer von «einem der umfangreichsten und spektakulärsten Betrugsfälle», die es im Kanton Zug je gegeben habe. Vor zwei Wochen war noch von einer Deliktssumme von 7,5 Millionen Franken die Rede. Jetzt beziffert der Staatsanwalt die widerrechtlich eingesammelten Beträge auf eine Summe von 16 Millionen Franken.

Für die Richterinnen und Richter beim Strafgericht haben Prozesse ab und an die Qualität einer Passfahrt in den Alpen, die der Lenkende ohne Navigationsgerät absolvieren muss. In diese Kategorie gehört der derzeit am Zuger Strafgericht geführte Prozess gegen zwei Männer in ihren 40ern mit Sicherheit. Der Staatsanwalt beschrieb den Sachverhalt zu Beginn seines Plädoyers so: «Unfassbar sind die riesige Dimension des Falles und der hohe Deliktsbetrag von rund 16 Millionen Franken. Wir wurden regelrecht mit Akten geflutet.» Die gesammelten Verfahrensakten umfassen aktuell rund 200 Bundesordner. Alle diese Papiere seien, so der Staatsanwalt, für den Prozess «relevant».

Der Staatsanwalt erzählte weiter, dass für dieses Verfahren insgesamt gegen 550 Personen aufgefordert worden waren, den Ermittlungsbehörden allfällige Unterlagen zu übergeben. Der Anklagevertreter fasste das nunmehr aufgearbeitete Konstrukt von Lügen, Halbwahrheiten und anderen Verhaltensweisen widerrechtlichen menschlichen Tuns zusammen: «Abzocke läuft immer nach dem gleichen Drehbuch ab. Alles beginnt mit einer originellen Geschäftsidee. Vorliegend waren es Aktien einer fiktiven Minengesellschaft, fiktive Online-Handelsgesellschaften und Aktien des angeblich besten Vermögensverwalters der Schweiz.» Verwunderlich ist dabei, dass sich immer wieder leichtgläubige Menschen finden lassen, die Gelder in Firmen investieren, die schon vom Namen her die klassischen Hinterbänkler sind. Eine Suchmaske mit dem Wort Anlagebetrug befüllen, ein Klick, und es gibt zahlreiche Treffer von seriösen Portalen oder gar Aufrufe von kantonalen Polizeikorps, welche vor windigen Geschäften in diesem Sektor warnen.

Zuger Firmen als wichtige Drehscheiben

Den Hauptangeklagten, der sich bereits im vorzeitigen Strafvollzug befindet, beschrieb der Staatsanwalt bei seinem Plädoyer so: «Er hätte die Begebung gehabt, sich auf legale Art einen gehobenen Lebensstandard zu ermöglichen. Er entschied sich bewusst dagegen.» Der Mann konstruierte ein Firmengeflecht mit Firmen im Kanton Zug, aber auch so exotischen Destinationen wie den Komoren, eine Inselgruppe östlich von Afrika. Diese trat bisher kaum als sicherer Hafen für zweifelhafte Firmen in Erscheinung. Schon alleine bei diesen Firmengeflechten die Übersicht zu behalten, bedeutete sicher einen grossen Aufwand. Der Staatsanwalt sagte zudem, dass der Hauptbeklagte bei all diesen Operationen «eine hohe kriminelle Energie» an den Tag gelegt habe. Er billigte ihm gar «eine besondere Begabung» bei seinem Tun zu. Es war eigentlich vorgesehen, dass der Mann öfters Büroräumlichkeiten in Zug nutzen sollte. Er verlebte die Tage jedoch lieber auf der iberischen Halbinsel. Dort verfügte er mit seiner Familie über eine hübsche Villa und einen Autopark der Superlative. Die schnittigen Gefährte ist er wie das schöne Haus mittlerweile los. Seine Frau verliess ihn. Heute halte er nur noch Kontakt zu seiner Tochter.

Bei der Befragung durch den Referenten gab er das eine oder andere zu. Er sagte oft, dass er nichts sagen wolle, aber redete hinterher trotzdem wie ein Buch. Der Zuhörer hatte bei diesen Monologen oftmals das Gefühl, als sei hier ein Verkäufer am Werk. Früher erlangte er auf diese Weise Geld, aktuell gibt es dafür nicht einmal Lob.

Der zweite Beschuldigte im Saal bediente sich einer anderen Strategie: Er schwieg. Doch am Ende der Beweisaufnahme redete auch dieser Mann aus der Zentralschweiz. In der Erklärung zum ganzen Verfahren sagte er unter anderem, dass «ich nichts zu verbergen habe». Er habe neue Erfahrungen machen müssen, «auf die er verzichten» könne. Seine ganze Arbeit in der zweiten Reihe habe ihm auch «nicht viel gebracht». Mehr noch: «Vieles ist hinter meinem Rücken geschehen.» Diese Äusserungen vermochten den Staatsanwalt aber nicht zu besänftigen, denn er sagte: «Er hat sich im Strafverfahren korrekt verhalten. Einsicht und Reue können ihm aber nicht zugebilligt werden.»

Der Staatsanwalt zeigt kein Erbarmen

Bei der geforderten Strafzumessung für die beiden Männer blieb der Staatsanwalt bei seiner bereits in der Anklageschrift eingeschlagenen Linie. Der Hauptbeschuldigte soll wegen gewerbsmässigen Betrugs, Gläubigerschädigung und unbewilligten Effektenhandels acht Jahre ins Gefängnis. Dort sitzt er schon seit Mitte 2017. Der andere Beschuldigte soll wegen Gehilfenschaft zum gewerbsmässigen Betrug und wegen mehrfacher, qualifizierter ungetreuer Geschäftsbesorgung und weiterer Delikte mit einer Strafe von 36 Monaten bestraft werden. Einen Drittel davon müsste er bei einem Schuldspruch im Gefängnis verbringen. Am Freitag, 4. Februar, geht der Prozess mit den Plädoyers weiter.

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