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Zug

Alternative hatten vor den Putin-Gesellschaften gewarnt

Eine Replik von alt SGA-Regierungsrat Hanspeter Uster auf den Gastbeitrag von SVP-Regierungsrat Heinz Tännler zur Umsetzung von Sanktionen im Kanton Zug.

Heinz Tännler wirft der Linken, insbesondere uns Alternativen, «aggressives Moralisieren» vor. Zum Glück sind wir nicht die Einzigen, denn es gibt auch liberale und christliche Humanistinnen und Humanisten, die eine konsequente Sanktionspolitik befürworten. Tatsächlich ist für uns als Wertepartei das Engagement gegen den Krieg und gegen das Füllen von Kriegskassen von höchster Priorität.

Im Jahr 2000, kurz nachdem Putin Staatspräsident geworden war, führten wir gegen dessen Krieg in Tschetschenien Mahnwachen durch. 2002 boykottierten wir die Verleihung eines Friedenspreises an den Kriegsherrn Putin im Zuger Casino. Der damalige Land­ammann orientierte alle Regierungskolleginnen und -kollegen, sodass keine Vertretung der Regierung an diesem Anlass war. 2002 havarierte vor der galizischen Küste der Schrottanker «Prestige», der von der Zuger Crown Resources gechartert worden war. Die Firma gehörte einem Moskauer Oligarchen. Das Meer und seine Fauna und Flora wurden über Hunderte von Kilometern schwer beschädigt. Aus Solidarität mit den Opfern organisierten wir im Januar 2003 die grösste Demonstration der Zuger Geschichte seit den 1950er-Jahren. Der Kantonsrat lehnte unseren Vorschlag ab, den Betroffenen einen Beitrag zu spenden. In einem Referat zum Thema «Das Erfolgsmodell Zug und sein Stellenwert in Bern» beim Lions Club sagte Gerhard Pfister zehn Jahre später: «Wir werden immer Prügel erhalten, wenn in der Welt ein Öltanker absäuft und dessen Firma Zuger Sitz hat. Wir werden immer die Bad Guys sein.»

Ende 2005 häuften sich die russischen und insbesondere die staatsnahen Gesellschaften in Zug. Von den zum Gazprom-Konzern gehörenden Firmen wurde die Nord Stream die wichtigste. Am 6. Januar 2006 veröffentlichten wir eine Medienmitteilung mit dem Titel «Alternative distanzieren sich von Putin-Gesellschaften». Darin warnten wir vor den politischen und wirtschaftlichen Risiken eines Firmen- und Bankenkomplexes, der letztlich von Putin kontrolliert wurde. Wie auch vor der erpresserischen Rolle, die diese Gas­firmen gegen die Ukraine spielten. Putin hatte 2005 der Ukraine den Gashahn abgedreht, um sie wieder stärker an die Kandare zu nehmen. In der zitierten Mitteilung steht der Satz: «Wir Alternativen distanzieren uns von Zuger Gesellschaften, die dazu beitragen, dass die Ukraine für die demokratische Revolution bestraft wird.» Auch Putins Angriffskrieg ist eine Bestrafung der Ukraine für ihre Demokratie.

Der brisanteste Punkt der Medienmitteilung war der Hinweis, dass es eine doppelte Kontinuität zur Stasi gab. Diese hatte in den 1980er-Jahren Zug zum Zentrum der Beschaffung von Hightechgeräten gemacht, die zur Überwachung von Dissidenten eingesetzt wurden. Der Chef der westlichen Gazprom mit Sitz in Zug, Matthias Warnig, war ein ehemaliger Stasi-Offizier. Der wichtigste Zuger Verwaltungsrat, beispielsweise der Nord Stream, war der gleiche ehemalige CVP-Politiker, der bereits Verwaltungsrat der Stasi-Beschaffungsfirma Asada gewesen war.

Verknotet wurden die ost­deutsche und die zugerische Seilschaft durch Wladimir Putin, der in den 80er-Jahren KGB-Agent in der DDR gewesen war. Uns war sofort klar, dass es bei den neuen Firmen mehr als um das Geschäft ging. Es ging und geht um Machtpolitik. Leider wurden unsere Warnungen nicht ernst genommen. Die Folgen sind bekannt.

Wenn Regierungsrat Tännler Putin als unseren «ehemaligen Parteigenossen» bezeichnet, ist das aus zwei Gründen ziemlich ungeschickt. Erstens stammen wir, wie Tännler wissen müsste, aus einer antistalinistischen Tradition. Und zweitens denkt man bei der Kombination von Putin und «Parteigenossen» eher an seine Partei.

Die Alternative Linke hatte zwischen 1973 und 1989 die tschechoslowakische Charta 77 von Vaclav Havel, die polnische Solidarnosc, russische und ostdeutsche Oppositionelle unterstützt. Gegen die zugerische Stasi-Beschaffungszentrale haben wir heftig protestiert. Der Sänger und Dichter Wolf Biermann bedankte sich im August 1992 dafür mit einem Konzert auf dem Landsgemeindeplatz.

Dieses Engagement für den Frieden und die Demokratie in Osteuropa führen wir heute weiter mit einer Kampagne für die konsequente Umsetzung der bereits beschlossenen Sanktionen und für deren Ausweitung auf die Rohstoffe Öl, Gas und Uran.

Solange diese keinem Embargo unterstellt sind, wird Putins Krieg von Zuger Gesellschaften täglich gefüttert. Politisch und moralisch kann es so nicht weitergehen.

In Gastbeiträgen äussern sich die Autorinnen und Autoren zu aktuellen Themen. Ihre Meinung muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen.

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