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Altdorfer Geschäfte: Verhüllung sorgt für neue Zuversicht

Die verhüllten Schaufenster der Altdorfer Geschäfte haben für Diskussionen gesorgt. Die Experten glauben an die Zukunft.
Beim Podium zum Altdorfer Detailhandel diskutierten von links: Roman Schön, Gewerbecoach, Stephan Ruggle, Ökonom, Markus Arnold, Chefredaktor UW, Oski Inderbitzin, Ladenbesitzer und Urs Kälin, Gemeindepräsident
Stephan Ruggle, Ökonom
Oski Inderbitzin, Ladenbesitzer
Urs Kälin, Gemeindepräsident
Roman Schön, Gewerbecoach

Florian Arnold

Florian Arnold

Florian Arnold

Florian Arnold

Florian Arnold

Was, wenn bei den Geschäften plötzlich die Lichter ausgehen? Wie der Dorfkern des Urner Hauptorts dann dastehen würde, haben die Altdorfer Geschäfte in dieser Woche demonstriert. Rund 70 Verkaufsläden verhüllten dazu ihre Schaufenster. «Die Aktion hat bei meiner Kundschaft für viele Diskussionen gesorgt», sagte Oski Inderbitzin, der seit über 20 Jahren das «Tierlihuus am Lehn» führt. An der Podiumsdiskussion zur Aktion vom vergangenen Mittwochabend im «Uristiersaal» vertrat er die Detaillisten.

Die Aktion sei weit über die Kantonsgrenzen hinaus bemerkt worden, bestätigte Ökonom und Detailhandelsexperte Stephan Ruggle aus St. Gallen. «Altdorf ist der Fall, der gehandelt hat und nicht einfach eine Studie in Auftrag gibt und dann als Massnahme eine teure Weih­nacht­sbeleuchtung anschafft», so sein Fazit.

Schweizer zeigen sich immer weniger solidarisch

Der schwache Euro und der Onlinehandel: Dies sind die zwei offensichtlichsten Gründe dafür, weshalb der Detailhandel heute nicht mehr so floriert wie einst. «Man kann eine Entsolidarisierung der Schweizer mit den Schweizer Detaillisten feststellen», sagt Ruggle. Damit meint er den Einkaufstourismus im nahen Ausland. «Die Schweizer haben die doppelte Kaufkraft im Vergleich zu den Deutschen», betonte der Ökonom.

Zudem werde heute viel mehr im Netz eingekauft. Deshalb aber das Internet zu verteufeln, sei falsch. Denn Studien würden belegen, dass rund 60 Prozent der Kunden ein Detailgeschäft aufgrund des Internets besuchen würden. Das A und O für Ruggle ist deshalb die Qualität. «Nur Durchschnitt zu sein, genügt heute nicht mehr.» Es mache auch keinen Sinn, jene am Leben zu halten, die nicht gut genug seien. Und um jene Händler, die einen «super Job» abliefern würden, müsse man sich keine Sorgen machen. Seine grosse Zukunftshoffnung: «Die Detailhändler müssen noch besser werden. Freche, kreative und clevere Ideen sind gefragt.»

Das ist auch dem Tierlihuus-Betreiber Oski Inderbitzin bewusst. Dass seiner Kundschaft Beratung und der persönliche Bezug wichtig ist, konnte er erfahren, als im Einkaufszentrum Tellpark ein Grosshändler seines Fachbereichs die Tore öffnete. Einige seiner Kunden hätten dort einen Artikel entdeckt, diesen dann aber bei ihm gekauft. Zudem würden auch Kunden nach Artikeln fragen, die sie aus dem Internet kennen.

Wichtige Arbeits- und Ausbildungsplätze

Damit der Dorfkern von Altdorf weiterhin floriert, dafür seien nicht nur die Detailhändler verantwortlich, meint Inderbitzin. «Es braucht alle Zahnräder, die ineinander greifen, damit das Dorf lebt.» Für Gemeindepräsident Urs Kälin spielen sie aber eine zentrale Rolle. «Der Detailhandel bringt Leute miteinander in Kontakt. Nicht nur die Kunden mit den Verkäufern, sondern auch untereinander.» Diese soziale Komponente sei zentral. Daneben nannten die Podiumsteilnehmer auch die Wichtigkeit der Geschäfte als Arbeitgeber mit sehr vielen Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Nicht zuletzt biete auch der Detailhandel attraktive Arbeitszeiten für Familien, da Teilzeitmodelle selbstverständlich seien.

Gemeindepräsident Kälin ist es wichtig, dass das öffentliche Interesse auf die Situation der Detailhändler gelenkt wird. Obwohl sich etwa die «Verhüllungsaktion» auf den Hauptort konzentriert habe, gehe es nicht nur um Altdorf, sondern um die ganze Branche. «Mit dieser Aktion wollten wir zeigen, dass jeder einen Beitrag leisten kann, damit es nicht so weit kommt, dass in den Geschäften die Lichter ausgehen.»

Junge Leute werden das Angebot schätzen lernen

Die Idee zur Verhüllungsaktion hatte Roman Schön, der von der Gemeinde Altdorf als Gewerbecoach angestellt ist. «Man vermisst etwas erst dann, wenn es nicht mehr da ist», so der Coach. Mit der Aktion habe man vermitteln wollen, dass man jetzt damit beginnen müsse, dem Lokalgewerbe Sorge zu tragen. Markus Arnold, Chefredaktor des «Urner Wochenblatts» leitete die Podiumsdiskussion. Er lenkte diese auch auf den Punkt, dass heute immer weniger junge Menschen in den Verkaufsläden anzutreffen seien. Roman Schön ist diesbezüglich aber zuversichtlich: «Das Pendel wird wieder zurückschlagen», so seine Überzeugung. «Die Jungen werden sich irgendwann fragen, wie das ‹Lädälä› früher war.» Allen Käufern, auch den jungen, müsse man aufzeigen, dass es einen Mehrwert hat, wenn man beim lokalen Gewerbe einkaufen geht.

Bahnhof Altdorf soll neuen Schwung bringen

Altdorf verändert sich nicht nur wegen des Kaufverhaltens der Menschen. Zurzeit entsteht der neue Kantonsbahnhof. Wie sich das Gebiet rund um diesen entwickeln wird, ist noch unbekannt. Gemeindepräsident Kälin betont aber im Rahmen der Diskussion: «Der Dorfkern ist und bleibt das Zentrum von Altdorf.» Dies unter anderem auch deshalb, weil die Verkaufsfläche am Bahnhof eher gering einzuschätzen sei.

Gedanken macht man sich laut Kälin zurzeit, wie man den Bahnhof und den Dorfkern einst miteinander verbinden kann. Nicht ausgeschlossen sei etwa eine Tramverbindung. Der Gemeindepräsident betrachtet das Grossprojekt deshalb nicht als Konkurrenz für das lokale Gewerbe, sondern als Chance für neuen Aufschwung.

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