Interview: Markus Zwyssig
Die Tanzcompany von Joshua Monten bringt am Samstag, 14. Dezember, ein besonderes Stück auf die Bühne im Theater Uri. Bei «Romeo, Romeo, Romeo» geht es um das Balzverhalten des Menschen. Drei Tänzer und eine Tänzerin, als Mann verkleidet, lassen den Zuschauer das ewig aufregende Paarungsritual des Tanzes hautnah erleben. Die Produktion stammt vom 44-jährigen New Yorker Choreografen Joshua Monten. Er hat seit 2012 sechs abendfüllende Produktionen in Bern inszeniert, bei denen es um Bühnenkampf, Schadenfreude oder um Spieltrieb geht. Monten erklärt im Interview, was es braucht, ein Tanztheater zu entwickeln und wie das Publikum darauf reagiert.
Joshua Monten, sind Sie gut im Flirten?Joshua Monten: Ich muss zugeben, es fällt mir nicht leicht, vor allem das verbale Flirten. Ich bin ein bisschen scheu. Aber manchmal muss man es trotzdem versuchen.Können Sie beim Tanzen ihre Gefühle besser ausdrücken als mit Worten?Es gibt viele Wege zum Glück. Tanzen ist einer davon. Klar ist: Mit einer Dating-App bekommt man nur einen sehr kleinen Eindruck von den Qualitäten eines Menschen mit. Beim Tanzen erfährt man sehr viel mehr über eine Person.Wie haben Sie die Thematik in Ihrer Tanzproduktion verarbeitet?Im Internet haben wir recherchiert, wie tatsächlich gebalzt wird – in verschiedenen Kulturen, in unterschiedlichen Altersgruppen, unter den Tieren. Wir mussten lange nach einer Form suchen, die für die Bühne tauglich war. Es gab viele weitere Überlegungen.Womit haben Sie sich denn alles beschäftigt?Die Tänzer haben Forschungsreisen in Tanzlokale gemacht. Dabei zeigte sich: Wer zu verbissen ans Werk geht oder ein Angeber ist, kommt meist nicht zum Ziel. Vielmehr muss jemand auf Partnersuche den Eindruck erwecken, dass er beim Tanzen amüsiert und locker dabei ist. Wichtig ist es abzuwarten, bis der potenzielle Partner oder die Partnerin bereit ist, einzusteigen und mit zu tanzen.Sie haben sich intensiv vorbereitet und einen grossen Aufwand betrieben. Wie viel Zeit haben sie in das Projekt investiert?Wir haben uns ein ganzes Jahr mit der Produktion beschäftigt. Neben dem Forschen, Planen und der Teambildung ging es darum, die Finanzierung zu klären. Anschliessend haben wir zehn Wochen lang intensiv geprobt. Erst dann wagten wir uns auf die Bühne.Und Sie haben das Stück inzwischen oft aufgeführt.Ja. Es existiert zwar erst seit einem Jahr. Wir sind damit aber schon ziemlich viel gereist. So waren wir in Kairo, Alexandria, Jordanien und im Balkan. Zudem werden wir im Mai das Stück im Rahmen des Nationalen Tanzfests in mehreren Schweizer Städten aufführen.Tanztheater bietet den Vorteil, dass man über Sprachgrenzen hinweg auftreten kann. Werden Sie überall verstanden?Mit Tanzen ist es sicher einfacher als mit einem Sprechtheater. Als wir die Einladung zu einem Auftritt in Kairo erhalten haben, fragten wir uns aber schon, ob man da unser Stück auch versteht. Nicht nur die Sprache, sondern auch die Balzaktivitäten werden in anderen Ländern unterschiedlich sein. Wie sich herausstellte, waren unsere Befürchtungen aber unbegründet. Die Menschen haben sich in den Handlungen der Tänzer wieder erkannt. Auch wenn es auf der Bühne viele Abstrahierungen und Verfremdungen gibt. Es sind ja nicht so sehr die einzelnen Bewegungen, als vielmehr die Emotionen, die beim Publikum ankommen müssen.Wie reagiert das Publikum auf Ihr spezielles Stück?Die Situation auf der Bühne ist sehr intim. Die Zuschauer sitzen ganz nahe am Geschehen. Die Tänzer suchen den Augenkontakt. Sie tanzen direkt vor den Zuschauern. Wenn sie es zulassen, gibt es ein intensives Erlebnis. Alle wissen, dass es eine fiktive Situation und das Flirten nur gespielt ist. Trotzdem berührt es die Menschen.Können alle Zuschauer gleich gut mit dieser Nähe umgehen oder kommen die Tänzer manchmal einem Besucher zu nahe?Bei einer einzigen Vorstellung ist einmal eine Frau aufgestanden und hat sich ein paar Meter weiter weg hingesetzt. Sie sagte: «Bitte nicht so nahe!» Meistens gibt es aber keine Probleme. Die Tänzer achten sehr stark auf die Reaktionen der Zuschauer. Sie nähern sich den Menschen, von denen sie annehmen, dass sie offen dafür sind.Was ist bei der Produktion anders als sonst bei Tanztheaterprojekten?Innovativ ist bei «Romeo, Romeo, Romeo», dass die Zuschauer rund um die Tänzer herum sitzen und die Aufführung aus unterschiedlichen Perspektiven erleben. In diesem Stück gibt es kein Guckkastentheater. Der Drang, mit Tanzen zu gefallen, ist alt. Trotzdem ist es eine Thematik, die nicht so oft auf Bühnen gezeigt wird. Der zeitgenössische Tanz versteht sich als Kunst und nicht nur als Unterhaltung. Bei vielen Produktionen geht es weniger um Humor und um die niedrigen Triebe. Wir hingegen setzen auf diese Werte. Wir sind sehr froh, dass wir damit in Altdorf auftreten dürfen. Nach der Vorstellung ist eine Tanzparty geplant. Künstliche Bärte und Schnurrbärte, die wir mitbringen, spielen eine spezielle Rolle. Die Zuschauer werden eingeladen, mitzuspielen und mitzutanzen.Hinweis: Das Tanztheater «Romeo, Romeo, Romeo» ist am Samstagabend im Theater Uri zu sehen. Es gibt nur noch wenige Tickets an der Abendkasse.