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Obwalden

Als sich englische Richter mit der Mörlialp in Giswil beschäftigten

Das 15. Heft aus der Reihe «Giswiler Geschichtsheft» rollt die bewegte Geschichte des Skigebietes Mörlialp auf – und beleuchtet einen ganz besonderen Gerichtsfall.
Das Heft «Rund um den Giswilerstock» wartet auch mit einem besonderen Justizfall auf. (Bild: Matthias Piazza)

Matthias Piazza

James Walter John Jarvis war furchtbar enttäuscht von seinen Winterferien auf der Mörlialp. Angelockt worden war der junge Londoner Rechtsanwalt durch eine Broschüre. Darin war die Rede von einem wunderbaren kleinen Ferienresort auf einem sonnigen Plateau, einer schönen alpinen Szenerie, einem charmanten Hotelier, der Englisch spreche.

Doch er sprach kein Englisch und auch sonst war alles anders als erwartet. Entgegen seiner Vorstellung befand sich die Mörlialp nicht direkt vor Ort, sondern in einiger Entfernung von Giswil, die Skier passten ihm nicht, und statt des erhofften Schweizer Kuchens zum Tee, gab es nur Pommes Chips und ein kleiner, trockener Nusskuchen. Der Jodlerabend bestand aus einem Einheimischen, der in seiner Arbeitskleidung kurz ins Hotel kam und rasch vier oder fünf Lieder hinunterjodelte, bevor er wieder ging. Am 3. Januar 1970 reiste James Jarvis verärgert zurück nach England und reichte Klage ein. Was sich wie ein abenteuerlicher Roman anhört, spielte sich offenbar tatsächlich so ab, wie ein Blick in das soeben erschienene 15. Heft «Rund um den Giswiler­stock» aus der Reihe «Giswiler Geschichtsheft» zeigt, das die Heimatkundliche Vereinigung Giswil herausgibt.

Urteil wird immer wieder beigezogen

Dem enttäuschten Touristen wurden 125 Pfund Schadenersatz zugesprochen, also in etwa das Doppelte von dem, was er für die Reise bezahlt hatte. Während in Giswil das Urteil offenbar keine grossen Wellen schlug, hatte es für die englische Rechtswissenschaft eine hohe Bedeutung. Das «Mörlialp-Urteil» wurde und wird in Grossbritannien und dem Commonwealth immer wieder genannt und beigezogen, wie Autor Mike Bacher schreibt. Mit dem Urteil wurden durch eine der höchsten englischen Rechtsinstanzen gleich zwei grundlegende Fragen geklärt: die Möglichkeit von Schadenersatz für seelische Unbill und die Möglichkeit, für die Berechnung des Schadenersatzes über die reinen Kosten, die der Geschädigte bezahlt hat, zu gehen.

Die bewegte Geschichte des Skilifts Mörlialp ist ebenfalls Thema im 144-seitigen und reich bebilderten Werk. Und auf über 50 Seiten nimmt Höhlenforscher Martin Trüssel die Leser mit in die sagenhafte Giswiler Höhlenwelt.

Vernissage: Freitag, 14. Dezember, 19 Uhr, Betagtensiedlung «Dr Heimä» in Giswil.

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