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Uri

Als Pensionär unterstützt er Personen bei der Arbeitssuche

Gerhard Danioth begleitet Stellensuchende am Rande der Gesellschaft. Der persönliche Erfahrungsschatz kommt ihm dabei zugute.
Gerhard Danioth begleitet Migranten und Einheimische beim Bewerbungsprozess. (Bild: Claudia Naujoks (Altdorf, 1. September 2021))

Claudia Naujoks

«Ich wollte nach dem Austritt aus der Arbeitswelt noch etwas Sinnvolles tun», erklärt Gerhard Danioth. Der pensionierte Maschinenbauingenieur betreut seit 2017 Menschen, die Hilfe brauchen bei der Stellensuche. Er meldete sich auf einen Zeitungsartikel zum Projekt «Mitenand» und gelangte so an das Hilfswerk der Kirchen Uri, welches auch regelmässig Menschen berät, die bei der Arbeitssuche eine engere Begleitung benötigen.

Prädestiniert fühlt er sich für diese Tätigkeit, weil er selber mehrmals in seinem Berufsleben die Stelle wechselte und ihm die Phasen der Arbeitssuche dadurch vertraut sind. Da er zuletzt im Kanton Uri gearbeitet hat, kennt er sich in der regionalen Unternehmenslandschaft aus und kann auch auf ein Netzwerk von Kontakten zugreifen. Alles wertvolle Ressourcen, die auch nach der Pensionierung nicht brachliegen sollten, sondern ihm auf diese Weise zugutekommen und noch genutzt werden können.

«Es ist schön, wenn man sieht, dass es klappt»

«Neu war mir, dass Bewerber mit Migrationshintergrund es schwer haben, überhaupt zum Gespräch eingeladen zu werden, auch wegen der Sprachbarriere», erinnert sich Gerhard Danioth. Obwohl er auf einen reichen Erfahrungsschatz zurückgreifen konnte, musste er sich Strategien überlegen, wie er die Hürden für die Flüchtlinge etwas senken konnte. Neben den üblichen Anforderungen wie einem formal und inhaltlich korrekten Lebenslauf, einer logischen, stringenten Zusammenstellung der Unterlagen und nicht zuletzt einem plausiblen Motivationsschreiben, das er mit den Betroffenen zusammen formuliert, kontaktiert er die Arbeitgeber vorher und fragt, ob eine Bewerbung geschickt werden könne. Die Erfahrung zeigt, dass dies einer schnellen Absage entgegenwirken kann. «Ich habe gespürt, wenn ich vorher frage und nachher nachhake, ob die Bewerbung so passt und ob es Chancen gibt, ist das ab und zu letztlich das Eingangstor», erzählt Danioth.

Etwa 50 Prozent der von ihm betreuten Betroffenen haben eine Arbeitsstelle erhalten. Dabei sind es nicht nur Ausländerinnen und Ausländer, sondern auch Einheimische, die Schwierigkeiten beim Finden einer neuen Arbeit haben und seine Unterstützung in Anspruch nehmen. «Ich nehme es so wahr, dass die Hürden in der Schweiz aufgrund der Berufszertifikate recht hoch sind. Auch für Leute, die nur eine Anlehre haben, wollen die Arbeitgeber wissen, ob Referenzen da sind, und das macht es dann schwer, die Einladung zu einem Gespräch zu bekommen», bedauert der 71-Jährige.

Überraschende Antworten

Umso mehr freut es ihn, wenn eine Klientin oder ein Klient eine Arbeitsstelle erhält. Bis es allerdings so weit ist, muss ein Prozess durchlaufen werden, der oft ein Wechselbad der Gefühle beinhaltet. «Meist frage ich die Klienten in unserem ersten Gespräch nach dem möglichen Radius, in dem die Arbeitsstelle liegen könnte, und danach, was sie arbeiten wollten, wenn sie wählen könnten. Oft sind die Antworten überraschend und spannend», sagt Danioth.

Danach folgt das Prozedere des Unterlagenzusammenstellens, Stelleninserate werden durchgeschaut, Bewerbungen abgeschickt und im besten Fall kann man sich dann auf ein Bewerbungsgespräch vorbereiten. «Dabei muss ich jedes Mal abwägen, inwieweit ich eingreifen muss und wo ich es laufen lassen kann, um den Eindruck beim Arbeitgeber nicht zu verfälschen. Einmal habe ich auf dem Weg nach Zürich mit dem Klienten das Bewerbungsgespräch vorbereitet. Wir hatten Erfolg, er wurde angestellt», so Danioth. «Allerdings hat die Personalchefin um ein vom Klienten selbst und allein verfasstes Motivationsschreiben gebeten, um zu sehen, dass die Verständigung klappt. Da war ich wohl etwas überengagiert.» Denn die Bewerbungsgespräche führen die Betroffenen jeweils allein, er begleitet sie nach Bedarf.

Besonders freut es ihn, wenn Personen, die bereits in einer Arbeit untergekommen sind, ihn nochmals um Rat fragen, zum Beispiel bezüglich eines bevorstehenden Beurteilungsgesprächs. Oder wenn sein Beratungsangebot Kreise zieht und ein Klient oder eine Klientin ihn für eine Person aus dem Bekanntenkreis, die auch auf Arbeitssuche ist, kontaktiert.

Bürokratie ist oft das grösste Hindernis

Um die Chancen auf eine Arbeitsstelle für die Hilfesuchenden zu erhöhen, versucht er mitunter, ein Probearbeiten für sie zu arrangieren, bei dem die arbeitssuchende Person die Möglichkeit hat, zu zeigen, was sie kann. Denn das hilft beim Vertrauenschaffen und Kennenlernen auf beiden Seiten. Nichtsdestotrotz ist es eine grosse Herausforderung, und da spielt nicht nur der begrenzte Markt im Kanton Uri eine Rolle. Selbst wenn die stellensuchende Person bereit ist, den Weg in einen der umliegenden Kantone auf sich zu nehmen, gibt es Vorbehalte gegenüber Bewerbenden mit Flüchtlingsstatus. Oder der administrative Aufwand ist so gross, dass ausserkantonale Bewerber von vornherein abgelehnt werden.

Wenn Danioth aber zum Beispiel aufgrund einer Geschäftsaufgabe zwei Kollegen eines Klienten wieder in der Nachfolgefirma unterbringen kann, ist das eine Genugtuung und grosse Freude für ihn: «Dafür lohnt es sich, weiterzumachen.»

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