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Luzern

Als bei Beromünster der Eisenbahnkrieg tobte

Vor rund 130 Jahren begann der Ausbau der Eisenbahnstrecke im Wynental. Dieser wird ab 31. August im Schlossmuseum Beromünster thematisiert. Dabei geht es auch um geplatzte Visionen des Tourismus.
Der Salonwagen der Seethalbahn beim Bahnhof Münster. (Bild: PD/1913) 
Dieses Plakat der Seethalbahn wirbt nicht nur für den Tourismus, sondern liefert auch den Fahrplan mit. (Bild: PD/1884)

Ernesto Piazza

Ernesto Piazza

Eisenbahnfieber und Tourismusträume: Unter diesen Begriffen läuft im Schlossmuseum Beromünster ab 31. August eine neue Ausstellung. Das Konzept ist auf vier Gleise gebaut. Das Hauptaugenmerk richtet sich zum einen auf «Gleis 1». Dort wird die Bedeutung der Affichen und Plakate der «Seethalbahn» – und zwar bis ins Jahr 1922 – für den schweizerischen Tourismus sowie die Geschichte der Gesellschaft untersucht. Zum andern befasst sich «Gleis 2» mit dem Bau der Seetalstrecke, ihrer Stichlinie ins Wynental und thematisiert die nicht realisierten Projekte in Richtung Sursee und Luzern.

Heute Abend um 19 Uhr findet im Schlossmuseum die Vernissage statt. Vor Ort mit dabei ist Benedikt Weibel. Er war von 1993 bis 2006 bei der SBB Vorsitzender der Geschäftsleitung. Die Ausstellung ist bis am 31. Oktober – also während zwei Monaten – zu sehen.

Der Zwist um Normal- oder Schmalspur

Rund neun Monate habe er in die Vorbereitung der Ausstellung investiert, erklärt Kunsthistoriker Hans Ruedi Weber. Nachdem im vergangenen Jahr die Ausstellung «Ab die Post» recht guten Anklang gefunden habe, wolle man hier ansetzen, sagt Initiant Weber zu den Beweggründen das Thema aufzugreifen. Denn nur kurz nach der Gründung der PTT im Jahre 1849 sei das Eisenbahnfieber ausgebrochen. Unter dem Gesichtspunkt «schmal» gegen «normal» – und damit auf die Spurbreite Bezug nehmend – tobte bis Ende September 1906 teilweise ein erbitterter Kampf.

Die Auseinandersetzungen hatten begonnen, nachdem im Jahre 1869 das gemeinsame Projekt für Wynen- und Seetal scheiterte. 1883 eröffnete die «Seethalbahn» die Strecke Lenzburg–Emmenbrücke. 1887 baute sie die Stichverbindung Beinwil–Reinach und hatte damit einen Fuss im Wynental. 1898 nahm man in Hildisrieden die Diskussion für Fahrten nach Luzern oder Sursee wieder auf. 1899 entstand das Bahnkomitee Reinach–Münster. Antrieb gaben auch die Gründung des Gewerbevereins Beromünster 1899 und vor allem die Eröffnung der Wynentalbahn 1904.

Kirche nahm Einfluss auf Spurbreite

Nun stellte sich die Frage nach dem «wie weiter?». Soll die Verbindung nach Rothenburg oder Sursee, nach Emmenbrücke oder Eschenbach führen? Und vor allem: Wird die Fortsetzung mit Normal- oder Schmalspur geplant? Weiter gab es 1904 auch ein Projekt Schmalspur-Rundbahn Aarau–Münster–Sursee–Schöftland–Aarau. 1906 wurde die «Stumpenbahn» Beinwil–Reinach–Münster eingesegnet. Weil die Geistlichkeit von Beromünster einen wichtigen Einfluss darauf genommen hatte, wurde sie auch «Chorherrenexpress» genannt. Die Züge fuhren fortan auf Normalspur. Ausschlaggebend dafür waren vor allem Stift und Korporation Beromünster mit ihren Langholztransporten. Die budgetierte Bausumme betrug damals 700 000 Franken.

Am 30. Mai 1992 schliesslich, fuhr der letzte Zug auf dieser Strecke. Dies löste in der Bevölkerung wehmütige Gefühle, aber auch Unverständnis aus. Heute erinnert in Beromünster nur noch das jüngst renovierte Bahnhofgebäude an die Bahnvergangenheit.

Ab 1915 waren übrigens auch Ideen für eine Verbindung Münster–Sursee auf dem Tisch. «Hätte man alles Geplante realisiert, wäre Sursee heute ein S-Bahnhof von grosser Bedeutung», erklärt Kunsthistoriker Weber. Untermalt wird das Eisenbahnfieber im Schlossmuseum Beromünster übrigens auch mit Bildern aus der damaligen Zeit. Ebenfalls zur Ausstellung gehören ein SBB–Originalschild «Beinwil-Beromünster-Beinwil», welches aussen an der Wagenwand den Reisenden jeweils die Fahrdestination angab. Des Weiteren sind Stellwerkpläne der damaligen Centralbahn aus dem Jahr 1900 sowie weitere Bonbons aus dieser Eisenbahnepoche ausgestellt.

Reklame und Information auf dem gleichen Plakat

Sieben Plakate hat die «Seethalbahn» zwischen 1884 und 1917 in Auftrag gegeben. Alle kann man an der Ausstellung sehen. Davon sind sechs Originale, eines ein Nachdruck. «Die Plakate sind ein weiterer Angelpunkt unserer Herbstausstellung und zeigen ihre bedeutende Stellung in der Werbegeschichte der Schweiz», sagt Hans Ruedi Weber.

Interessant ist, dass speziell bei den ersten Exemplaren Reklame mit Information gemischt wird. Das heisst: Darauf ist in Kleinform auch stets der Zugfahrplan aufgedruckt. Geworben wird mit Seen, Schlössern, vor allem mit Sehenswürdigkeiten aus dem Seetal. Augenfällig ist ebenfalls, dass in dieser Zeit für ein schnelllebiges Produkt oft gestalterisch aufwendig produziert wurde. Oder anders formuliert: Druckkunst vor innovativer Gestaltung.

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