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Uri

«Alpentöne»-Festival in Altdorf demonstriert Internationalität

Die «Alpentöne» wurden mit einem kunterbunten Konzert eröffnet, das 12 Nationen miteinander verschmelzen liess.

Musik vom Balkan bis in die Nordländer, Irland, Österreich, Deutschland und Italien; Flöten in allen möglichen Varianten, Saxofon, Gitarren in verschiedenen Grössen, Dudelsack, Kontrabass und mehrere Geigen: Am Eröffnungskonzert des Altdorfer Festivals Alpentöne wurde gestern Vielfältigkeit demonstriert und Internationalität gelebt. Die Künstler des European Love Tree Ensembles stammen aus elf verschiedenen Nationen.

Die Musiker rund um die beiden Dänen Helene Blum und Harald Haugaard spielten sich durch die Volksmusikliteratur von ganz Europa. Ein augenfälliges Beispiel dafür, wie Musik über Landesgrenzen hinaus verbinden kann. Seit der Gründung – als Botschafterprojekt für das Europäische Kulturerbejahr 2018 – hätten sie sich aber noch nie an Schweizer Volksmusik herangewagt, verriet Haugaard auf der Bühne des Theaters Uri. Spätestens zur Alpentöne-Eröffnung musste dieses Versäumnis nachgeholt werden. Dafür konnte das Ensemble auf die Unterstützung des Zentralschweizer Musikers Adrian Würsch zählen. Er war es, der das Festival zuvor mit einem Solo-Stück eröffnet hatte.

Eine Dokumentation des aktuellen Musikschaffens

«Die Alpen sind bereits für sich allein multikulturell, auch wenn das nicht überall gerne gehört wird», sagte der Altdorfer Gemeindepräsident Urs Kälin in seinen Begrüssungsworten. In den Alpen seien diverse Stile zu Hause. Das Festival sei aber nicht eine Aneinanderreihung von verschiedenen Produktionen: «Alpentöne ist eine sorgfältig zusammengestellte Dokumentation zum aktuellen Musikschaffen im Alpenraum und darüber hinaus.» So, wie die Alpen sich jährlich um rund einen Millimeter heben würden, sei auch das Festival in Bewegung. Das unterstrich auch der neue Gesamtleiter Pius Knüsel, der einen Vergleich zu seinem täglichen Morgenritual zog. Wenn er jeweils die umliegenden Berge betrachte – Knüsel wohnt auf den Eggbergen oberhalb von Altdorf –, denke er sich: «Es ist immer dasselbe, trotzdem ist jeden Morgen etwas anders.»

Köbi Gantenbein, Verleger der Zeitschrift Hochparterre und Buchautor, widmete seine Festrede den Musikschulen. Das diese in der Schweiz allen offen stehen, sei die wichtigste kulturpolitische Tat, die seine Generation fertiggebracht habe. Musikalisches und technisches Können hätten sich stark verändert, seit er selber Klavierstunden bei einer «alten Jungfer» genommen habe, die jeweils einmal pro Woche auf Hausbesuch kam, ihn und seinen jüngeren Bruder unterrichtete und mit einem Schluck Likör und einer Zehnernote von dannen zog. Heute könnten die Lehrerinnen und Lehrer auf einen anständigen Lohn, Sozialversicherungsleistungen und einigermassen zuverlässige Zukunftsaussichten zählen.

Anständiger Umgang auch in der Schweiz nicht selbstverständlich

«Die Musikschule ist ein Vorbild, wie Veranstalter mit Künstlern umzugehen haben», sagte Gantenbein. «Anständig sein mit ihnen ist aber auch in der reichen Schweiz nicht selbstverständlich, in der Musik wie im Theater und in allen anderen Künsten.» Immerhin sei die Musik die einzige Kunst, die in der Verfassung einen eigenen Raum erhalten habe. Dies lasse in der Politik auch die «Chefsparer» verzweifeln, da diese nicht an die Musikschulbudgets herankämen. Gantenbein geht aber davon aus, dass gerade die alpinen Kantone zunehmend in Geldnöte gelangen werden und somit auch der Druck auf die Musikschulen steigen wird.

Um den Stand dieser wertvollen Institutionen zu halten, gelte es, die Budgets weiter zu verteidigen. Darüber hinaus wünscht sich der Schriftsteller sozialere Tarifstrukturen, damit wirklich jede und jeder Zugang zur Musikausbildung erhalten könne – auch Zugezogene. Und nicht zuletzt berge die demografische Entwicklung Schwierigkeiten. Gantenbein aber ist überzeugt: «Wo es das Ensemblespiel, Musiklager und vor allem gute Lehrer gibt, geht es auch Musikschulen mit weniger Schülern gut.»

Szene braucht relevante Orte mit einem breiten Publikum

An der Eröffnungsfeier gestern in Altdorf nahm auch Philippe Bischof, Direktor der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia, teil. «Alpentöne ist ein wichtiges Festival im Bereich der Volksmusik», sagt er. «Die Szene braucht relevante Orte, an denen ein breites Publikum von den verschiedenen Kulturformen Kenntnis nimmt.» Das Altdorfer Festival zeichne sich dadurch aus, Tradition und Neues sowie Experimentelles miteinander zu verbinden. «Man wird immer wieder überrascht», sagt Bischof. «Das ist ein klares Plädoyer dafür, dass Volkskultur auch Neues zulässt.»

Gefördert würde ausserdem der Austausch zwischen den verschiedenen Landesteilen und Ländern. Einer unter vielen Höhepunkten ist deshalb für Bischof die Zusammenarbeit, die Schweizer und schwedische Studenten im Rahmen der diesjährigen «Alpentöne» miteinander eingehen. «Ich selber kenne die nordische Kultur sehr gut. Deshalb bin ich besonders gespannt, wie sich das mit dem Schweizer Kulturgut vermischen wird.»

Für die Veranstalter hat Bischof viel Lob übrig: «Man zeigt eindeutig Mut für Veränderung. Das ist eine Konstante des Festivals.» Keiner ruhe sich auf den Lorbeeren aus – was Alpentöne glaubwürdig und beliebt mache. Die Alpentöne seien zudem regional verankert. «Das Publikum vor Ort wird ernst genommen», so der Direktor von Pro Helvetia.

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