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Uri

«Alpentöne»: Die Neuerungen haben gefruchtet

Die Organisatoren der «Alpentöne» ziehen eine sehr gute Bilanz. Nun steht die Suche nach einem neuen Programmleiter an.

Musik auf allen möglichen Instrumenten und gesungen; aus diversen Ländern; in der Kleinstbesetzung und im grossen Orchester: «Alpentöne 2019» zeigte erneut, was die Kultur im Alpenraum an Vielfalt zu bieten hat. Da gibt es ein Projekt mit Studenten, die 24 Stunden pro Tag im alten Getreidesilo beim Bahnhof Altdorf improvisieren, einen A-cappella-Chor, der mit seinem Liegeton-Gesang ein Festzelt hypnotisiert und in Ekstase versetzt, da sind die lieblichen Volksmusiktänze aus den nordischen Ländern und der Schweiz, da gibt es einen Mann, der eine Stunde nackt auf der Bühne des Theaters Uri seinem Körper und Hilfsmitteln wie Peitsche und Motorsäge Rhythmen und Klänge entlockt – um nur ein paar wenige zu nennen.

Hinzu kam noch gutes Wetter, was gestern Nachmittag zu einem rekordverdächtigen Aufmarsch am Klang-Spaziergang am Reussdelta führte, der gleichzeitig den Abschluss des Festivals bildete. Auch der neue Gesamtleiter Pius Knüsel gesellte sich unter die Spaziergänger. Knüsel sagt:

«Das Feedback war einhellig begeistert.»

Die Stimmung, der Zuspruch und das musikalische Ergebnis: Alles sei hervorragend gewesen. Ein grosses Kränzchen windet er seinem eingespielten Team. Auch die Besucherzahlen stimmen die Verantwortlichen positiv. An den drei Abenden kamen jeweils 1000 zahlende Gäste sowie Besucher, die das Gratisangebot nutzten: am Donnerstag rund 400, am Freitag 600, am Samstag 800 und am Sonntagmorgen nochmals 700. Die Besucherzahl am Klang-Spaziergang wird auf über 1500 geschätzt.

Rühl wünscht sich, dass das Blasorchester bestehen bleibt

Für Programmleiter Johannes Rühl hiess es gestern Abschied nehmen: Er verlässt das Organisationskomitee. Bereits die Ausgabe 2017 hatte er als «eine der gelungensten» bezeichnet. «Nach jedem Festival ist die Angst da, dass es nicht mehr wieder so gut wird», sagt Rühl. Das war scheinbar unbegründet. «Dieses Jahr war die Dramaturgie einfach perfekt, es gab von Anfang an eine Steigerung.» Kulminiert habe dies im Finale am Samstagabend im Festzelt auf dem Lehnplatz: Die Stimmkünstlerin Erika Stucky spielte zusammen mit dem Traktorkestar: eine Wunschkombination des Programmleiters. «Dass sie zugesagt haben, war ein grosses Geschenk der Künstler, denn das war nicht selbstverständlich», so Rühl. Daneben streicht er das Konzert des Alpentöne-Blasorchesters mit Pino und Livio Minafra, Michel Godard, Nataša Mirkovic und Vincenzo Mazzone als ein persönliches Highlight hervor.

Rühl war es, der das Blasorchester ins Leben gerufen hat. «Ich habe natürlich den Wunsch, dass das Orchester weiter bestehen bleibt. Aber das müssen andere bestimmen.» Pius Knüsel seinerseits war von Andreas Gabriel («Verändler») und dessen kleiner Sinfonie stark beeindruckt, aber auch vom Konzert «Ec(h)o» des Chors Saint Michel mit Barbara Berger, Natalie Huber und Yves Kolly. «Ihnen ist es gelungen, die ganze Kirche zu bespielen, und sie haben ein unglaubliches Stück Musik erschaffen», so der Gesamtleiter.

Saal des Cinema Leuzinger musikalisch eingeweiht

Eine grosse Entdeckung ist für Knüsel wie Rühl der Saal des Cinema Leuzinger in Altdorf. Dieser wurde erstmals in einen Kammermusiksaal verwandelt. «Wir waren uns nicht sicher, ob man den Raum wegen der Akustik überhaupt bespielen kann», erzählt Rühl. «Aber durch den Einbau eines Bodens wurde ein richtig guter Kammermusiksaal daraus. Das wird dem Festival noch viel Freude bereiten. Abgesehen davon ist es ein wunderschönes Kino.»

Neue Wege schlug man auch im Festzelt auf dem Unterlehn ein. So wurde die Bühne neu Richtung Zeughaus ausgerichtet und nicht wie bei den früheren Ausgaben Richtung Tellspielhaus. «Wir hatten akustisch eine extrem schwierige Situation früher. Die Leute, die weiter hinten sassen, machten zu viel Lärm, weil sie nicht auf die Bühne sahen», erklärt Rühl. Nun habe man der Musik auf der Bühne mehr Aufmerksamkeit gewidmet, indem jene, die weniger Interesse am Geschehen auf der Bühne zeigten, etwas versetzt Platz fanden.

Liveübertragung macht alle Gäste glücklich

Bei vergangenen Ausgaben war der Andrang auf die kostenpflichtigen Konzerte manchmal so gross, dass gewisse Gäste abgewiesen werden mussten. Darauf haben die Organisatoren dieses Jahr mit einem dichteren Programm reagiert, das jeweils Alternativen anbot. Das sehr beliebte Konzert der Alpentöne Folk Big Band mit Studenten aus verschiedenen Ländern wurde zudem kurzerhand vom grossen Saal des Theaters Uri ins Foyer übertragen. Dort fanden während des Festivals auch einige geführte Gespräche (Alpenclub sowie Radiosendungen) statt. «Es ist den Leuten wichtig, auch über Musik zu reden», sagt Rühl.

Der Programmleiter wird nun das Feld einem Nachfolger überlassen. «Ich wünsche mir, dass vieles anders gemacht wird», sagt er. «Wichtig ist mir, dass die hohe Qualität erhalten bleiben kann. Das ist pure Fleissarbeit, durch die man viel gewinnen kann.» Rühl möchte sich nun anderen Projekten widmen und allgemein «etwas weniger arbeiten», wie er mit einem vielsagenden Lächeln sagt. Für die Alpentöne hat er eine lebenslange Dauerkarte erhalten.

Laut Pius Knüsel ist die Suche nach einem Nachfolger auf Kurs. «Wir haben eine Reihe von Bewerbern.» Bis Ende September soll dem Gemeinderat von Altdorf als Träger des Festivals eine Vorauswahl vorgelegt werden. Verbesserungspunkte sieht er vor allem im Internen. «Wir haben gemerkt, dass wir mit dem Personal an den Anschlag kamen. Es braucht mehr Betreuung für die Künstler», so Knüsel.

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