Alexander von Däniken
Zahlen lügen zwar nicht, sie erzählen aber auch nicht immer die ganze Wahrheit. Das zeigt sich bei der Kriminalstatistik 2020, welche die Luzerner Polizei am Donnerstag vorgestellt hat. Im Fokus stehen seit einem Jahr vor allem jene Delikte, die einen Zusammenhang mit der Coronapandemie haben können. Hier gibt es Daten, die eindeutig erhoben werden können. So ist die Zahl der Suizide im Kanton Luzern entgegen vieler Befürchtungen nicht gestiegen, sondern gesunken: 85 Suizide sind letztes Jahr registriert worden – deutlich weniger als 2018 und 2019.
Es gibt aber auch Delikte, die nur dann Eingang in die Statistik finden, wenn sie auch gemeldet werden. Dazu zählt die häusliche Gewalt. Zwar rückte die Luzerner Polizei deswegen letztes Jahr 464-mal aus, was 43 Einsätze mehr waren als 2019. Aber 2013 und 2014 wurden jeweils sogar über 500 Interventionen gezählt. «Die Dunkelziffer dürfte in diesem Bereich aber sehr hoch sein», sagte Polizeikommandant Adi Achermann gestern dazu. Und Kripo-Chef Jürg Wobmann ergänzte:
«Bei häuslicher Gewalt wird oft erst Anzeige erstattet, wenn der Leidensdruck genug gross ist.»
Schliesslich würden die Geschädigten finanzielle oder gesellschaftliche Konsequenzen befürchten.
Polizisten betreten Wohnung und befragen Partner separat
Dabei könne bereits eine Meldung an die Polizei helfen, wie Pius Ludin ausführte. Er hat als Chef der Sicherheits- und Verkehrspolizei die Uniformpolizisten unter sich. Falls sich eine Geschädigte oder auch ein Nachbar melde, rücke die Polizei nicht nur aus: «Wir betreten in jedem Fall auch die Wohnung, trennen die Partner und befragen sie separat. Gibt es Unstimmigkeiten zwischen den Aussagen und der gesamten Situation, starten wir Ermittlungen.»
Helfen können auch bestimmte Handsignale oder Codewörter, sagte Ludin auf Nachfrage. Genauso wichtig seien zudem niederschwellige Angebote und Kampagnen. Laut Justiz- und Sicherheitsdirektor Paul Winiker (SVP) bestehen hier bereits zahlreiche Anlaufstellen. Und von Beratungsstellen wie auch Frauenhäusern wisse er, dass deren Angebote zeitweise stark nachgefragt worden seien.
Laut Winiker werde sich Bundesrätin Karin Keller-Sutter demnächst mit Verantwortlichen der Kantone zu diesem Thema austauschen. Messbar und dennoch einen Bezug zur häuslichen Gewalt haben die vollendeten Tötungsdelikte. Deren vier hat die Luzerner Polizei letztes Jahr registriert und aufgeklärt – die Hälfte fand im häuslichen Bereich statt. 2019 zählte die Luzerner Polizei keinen vollendeten Tötungsdelikt.
Hohe Aufklärungsrate bei Fällen von Schwerer Gewalt
Gestiegen sind auch die Fälle von schwerer Körperverletzung (von 6 auf 9), einfacher Körperverletzung (von 192 auf 199), Diebstahl (von 5173 auf 5219) und Raub (von 38 auf 48). Insgesamt 17'610 Straftaten nach Strafgesetzbuch sind im Kanton Luzern letztes Jahr verübt worden. Das sind rund 500 Straftaten mehr als im Vorjahr. Gestiegen ist im Gegenzug auch die Aufklärungsquote; von 42,1 auf 44 Prozent.
Besonders bei Fällen von schwerer Gewalt ist die Aufklärungsquote hoch: 97,7 Prozent der Delikte konnten im Kanton Luzern aufgeklärt werden. Im landesweiten Durchschnitt waren es 87,1 Prozent. Diese guten Werte hängen unter anderem mit der Interventionszeit von durchschnittlich 9,7 Minuten (Soll: 10,5 Minuten) sowie der hohen präventiven Präsenz von 93'925 Stunden zusammen.
2055 Covid-19-Ordnungsbussen ausgestellt
Präsent war die Luzerner Polizei unter anderem im Frühling. So stellte sie zwischen März und Mai 2055 Ordnungsbussen gemäss Covid-19-Verordnung des Bundes aus. Allein 1533 Bussen wurden im April ausgestellt. Geahndet wurden Personen, die sich im öffentlichen Raum in einer Menschenmenge von mehr als 5 Personen aufgehalten haben. Und Personen, die in einer Fünfergruppe den Mindestabstand von zwei Metern nicht eingehalten haben.
Abstand ist im digitalen Raum zwar kein Thema, wohl aber die Kriminalität. So haben die Cyberspezialisten der Luzerner Polizei letztes Jahr 1048 Straftaten im Zusammenhang mit Internet-Wirtschaftskriminalität gezählt. Davon sind 55,1 Prozent der Fälle aufgeklärt worden. Von 71 Straftaten von Cybersexualdelikten konnten 94,4 Prozent aufgeklärt werden. Und von 29 Fällen von Cybermobbing oder anderen rufschädigenden Fällen konnten 75,9 Prozent aufgeklärt werden. Bei der Bekämpfung der Internetkriminalität habe die Polizei noch Nachholbedarf, waren sich Paul Winiker, Adi Achermann und Jürg Wobmann einig. Das gelte auch für den Kampf gegen den Drogenhandel. «Hier sind wir auf zusätzliche Ressourcen angewiesen», so Achermann.
Den aktuellen Geschäftsbericht der Luzerner Polizei finden Sie hier. Die separate Kriminalstatistik 2020 finden Sie hier.