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Nidwalden

Absturz in Hergiswil: «Es war ein gesteuerter Flug ins Gelände»

Die Ursache des Absturzes eines Kleinflugzeugs am Renggpass oberhalb von Hergiswil ist geklärt: Es handelte sich um einen Pilotenfehler. Im Interview erklärt Untersuchungsleiter Florian Reitz, weshalb die Sicherheitsuntersuchungsstelle zu diesem Schluss kommt.
Die Absturzstelle am Renggpass oberhalb von Hergiswil. (Bild: Kantonspolizei Nidwalden)
Florian Reitz, Untersuchungsleiter bei der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle Sust. (Bild: PD)

Christian Glaus

Christian Glaus

Eine vierköpfige Nidwaldner Familie ist bei einem Flugzeugabsturz am 4. August 2018 am Renggpass oberhalb von Hergiswil ums Leben gekommen. Die einmotorige Propellermaschine kollidierte mit Bäumen, stürzte fast senkrecht in die Tiefe und ging in Flammen auf.

Das Kleinflugzeug war nur wenige Minuten zuvor in Kägiswil gestartet. Nun liegt der Abschlussbericht der Sicherheitsuntersuchungsstelle Sust vor. Dieser zeigt, dass es sich um einen Pilotenfehler handelte. Der Pilot sei mit tiefer Geschwindigkeit und in stumpfem Winkel auf die Krete am Renggpass zugeflogen. Das sei eine risikoreiche Flugtaktik. Untersuchungsleiter Florian Reitz erklärt, was vorgefallen ist, und weshalb die Sust einen technischen Defekt ausschliesst.

Weshalb ist das Flugzeug am Renggpass abgestürzt?Florian Reitz: Letztlich war es ein gesteuerter Flug ins Gelände. Das Flugzeug selber hatte keine technischen Mängel, die zu einem Kontrollverlust geführt hätten, was wir bei anderen Fällen häufig feststellen. Bei diesem Unfall hatte der Pilot die Maschine bis zur Kollision mit den Bäumen unter Kontrolle.In der Öffentlichkeit wurde lange über eine Motorenpanne spekuliert. Das schliessen Sie nun aus. Weshalb?Wir selber haben nie über eine Motorenpanne spekuliert, konnten eine solche anfangs aber nicht ausschliessen. Leider gibt es keine Aufzeichnungen über den Zustand des Motors während des Flugs, weil anders als bei den grossen Flugzeugen keine Flugschreiber eingebaut sind. Wir mussten uns also auf Informationen von Zeugen stützen. Diese haben nichts beobachtet oder gehört, was auf ein technisches Problem hinweisen würde.Im Bericht heisst es, dass die Maschine nicht mit voller Motorenleistung flog. Weshalb schliessen sie dennoch eine technische Panne aus?Es ist korrekt, dass der Pilot mit reduzierter Leistung geflogen ist, das heisst aber nicht, dass es sich um ein technisches Problem handelte. Aus Lärmschutzgründen wird oft nicht mit der vollen Motorenleistung geflogen. Wir gehen davon aus, dass der Pilot das bewusst so gewählt hat.Der Pilot war sehr erfahren. Wie erklären Sie sich, dass er trotzdem versucht hat, den Renggpass in zu geringer Höhe zu überfliegen?Das wird immer im Dunkeln bleiben. Die naheliegendste Erklärung ist, dass sich der Pilot verschätzt hat.Hat er die Leistung der einmotorigen Propellermaschine überschätzt?Klar ist, dass er kein gutes aktuelles Training auf Kleinflugzeugen hatte. Auf dem Typen des Unfallflugzeugs ist er in seiner ganzen Karriere nur 16 Stunden geflogen. Entscheidend ist, dass er in den letzten zwölf Monaten vor dem Absturz nur rund fünf Flugstunden auf Kleinflugzeugen absolviert hat. Man kann das Fliegen mit einmotorigen Maschinen aber nicht durch das Fliegen mit Kampfjets ersetzen. Diese verhalten sich völlig anders.Gemäss Bericht konnte er erst wenige Sekunden vor dem Unfall erkennen, dass er gegen ein Hindernis fliegt. Wäre eine Reaktion noch möglich gewesen?Das ist eine Rekonstruktion, wie sich die Sicht ungefähr präsentiert hat. Wie gut die Sicht im Detail war, kann man nicht genau sagen. Das ist aber auch nur ein untergeordneter Effekt, entscheidend ist die Flugtaktik. Mit stumpfem Winkel und tiefer Geschwindigkeit reicht die Energie oftmals nicht, um auf eine zu geringe Überflughöhe reagieren zu können. Das heisst, als Ursache sehen wir den taktischen Fehler. Dass der Pilot die Krete nur eingeschränkt gesehen hat, kommt als Folge erschwerend hinzu.
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