Alexander von Däniken
Ein eigener Fonds nur für ÖV-Projekte im Kanton Luzern: Das ist das Kernanliegen der Initianten hinter der Abstimmungsvorlage «Vorwärts mit dem öffentlichen Verkehr», die am 23. September zur Abstimmung kommt. Die «Luzerner Allianz für Lebensqualität», der SP, Grüne und verschiedene Personalverbände angehören, trifft mit der Initiative den Zeitgeist: In der Stadt Luzern wird über Parkhäuser und Metropläne diskutiert, auf dem Land sind dichtere Bahn- und Busfahrpläne ein Thema. Und selbst die TCS-Mitglieder aus Luzern, Nid- und Obwalden sprachen sich kürzlich in einer Umfrage für die Förderung des öffentlichen Verkehrs aus (Ausgabe vom 11. September).
Niemand bestreitet, dass das Mobilitätsbedürfnis zunimmt – folglich steigt auch der Druck, Buslinien zu verlängern, Bahnhöfe auszubauen oder Anschlüsse zu verbessern. Die Initianten stellen sich nun auf den Standpunkt, dass sich der ÖV-Ausbau mit mehr Geld beschleunigen lässt. Das trifft bei weitem nicht bei allen Projekten zu: Die Verlängerung der Trolleybuslinie 1 bis zur Mall of Switzerland zum Beispiel verzögerte sich vor allem wegen 17 Beschwerden, die gegen das Projekt eingingen. Und beim Ausbau des Bahnhofs Rothenburg Station streiten sich Kanton und Bund über die konkrete Ausgestaltung.
Auch wenn einige Projekte mit mehr Geld schneller realisiert werden könnten – der Preis dafür wäre hoch. Der ÖV-Fonds soll mit mindestens 60 Millionen Franken gespiesen werden. Jedes Jahr und alleine für diesen Zweck. Zum Vergleich: 2016 hat der Kanton 38,8 Millionen Franken an den Verkehrsverbund Luzern als Angebotsbeitrag überwiesen. Dazu kamen 3,7 Millionen an Nettoinvestitionen für ÖV-Infrastrukturprojekte. Nicht eingerechnet sind Beiträge des Bundes und aus dem kantonalen Strassenbauprogramm. Diese Beiträge sollen nämlich gemäss den Initianten nicht in den ÖV-Fonds fliessen dürfen. Die Differenz von den tatsächlichen Ausgaben 2016 zum Mindestbetrag des ÖV-Fonds beträgt damit 17,5 Millionen Franken.
Bei einem 3,6 Milliarden Franken schweren Staatshaushalt müssten für den ÖV zusätzliche 17,5 Millionen zu stemmen sein. Doch derzeit ringt der Kanton buchstäblich um jeden Franken. Aktuellstes Beispiel: Der Regierungsrat wollte Geld aus dem Strassenbau in den öffentlichen Verkehr umverteilen und so die Kantonskasse entlasten. Die bürgerliche Mehrheit erteilte diesem Ansinnen eine Absage – und riskiert damit ein Scheitern des Budgets 2019, weil es die Schuldenbremse nicht einhält. Streitpunkt: 6,3 Millionen Franken.
Regierung und Kantonsparlament brauchen den finanziellen Spielraum. In angespannten Zeiten müssen einige Bereiche mit weniger Geld auskommen. Schreibt nun die Kantonsverfassung vor, dass in jedem Fall mindestens 60 Millionen Franken für den ÖV reserviert werden müssen – Ausnahmen sieht der Initiativtext nicht vor –, dann erhöht das den Druck auf andere Staatsaufgaben. Die Folge wären Kürzungen zum Beispiel bei der Bildung oder bei der sozialen Sicherheit.
Nun argumentieren die Initianten, Fonds-Lösungen für den ÖV würden sich bewähren. Das ist mit Blick auf den Bahninfrastrukturfonds auf Bundesebene richtig. Nur: Auch damit lassen sich gewünschte Projekte nicht beschleunigen, wie die langjährigen Diskussionen um den Luzerner Durchgangsbahnhof zeigen. Zu gross ist das Gerangel zwischen den Regionen, zu komplex sind die Bewertungskriterien des federführenden Bundesamts.
Die kantonale ÖV-Initiative ist vor allem wegen des sperrigen Preisschilds abzulehnen. Ihr Warncharakter in Bezug auf die bisherige Sparpolitik darf aber nicht unerwähnt bleiben. In den letzten Jahren hat der Kanton Gelder für die Mobilität von Menschen mit einer Behinderung gestrichen (wir berichteten). Damit der öffentliche Verkehr allen zugänglich bleibt, müssen hier wieder mehr Mittel gesprochen werden. Dafür braucht es keinen millionenschweren Fonds, sondern eine kleine, aber wichtige Korrektur bei der Budget- und Finanzplanung.