«Heute Abend geht es ums grosse Ganze, nicht um Einzelinteressen», sagte Marlise Egger Andermatt, Vorstandspräsidentin der Allgemeinen Baugenossenschaft Luzern (ABL) in der Messe Allmend. 325 ABL-Mitglieder nahmen am Donnerstagabend an der wegweisenden Generalversammlung zur Revision der Statuten teil – 81 von ihnen online. Die Diskussion war engagiert, teils hitzig; wobei die Frontlinien nicht immer dort verliefen, wo man sie im Vorfeld vermutet hätte.
Für besonders kontroverse Debatten sorgten die Anträge der «Gruppe für eine soziale, faire und ökologische ABL», in der bekannte SP-Mitglieder mitmischten. Sie stellten sich unter anderem gegen die aus ihrer Sicht ausufernden Verwaltungskosten der Genossenschaft.
Für eine erste Überraschung sorgte ihr Antrag, den Bruttolohn aller Mitarbeitenden auf 180'000 Franken zu beschränken. SP-Kantonsrat David Roth, der als hauptsächlicher Wortführer der Gruppe auftrat, räumte ein: «Ich weiss nicht, ob bei der ABL irgendjemand mehr als 180'000 Franken verdient. Aber wenn es so sein sollte, wäre es unangebracht, eine Bereicherung der Kaderleute auf Kosten der Mieterinnen und Mieter.» Roth erhielt Unterstützung von ungewohnter Ecke. Einer der Anwesenden sagte:
«Als langjähriges FDP-Mitglied halte ich fest, dass 180'000 Franken das absolute Maximum ist.»
Die Frage, ob denn jemand bei der ABL mehr verdiene, liess Egger Andermatt unbeantwortet – zum hörbaren Unmut der Anwesenden. Schliesslich wurde der Antrag der Gruppe unter Applaus klar angenommen. Überdeutlich stimmten die Mitglieder auch dafür, die Löhne der Chefetage transparent zu machen. Das ist insofern bemerkenswert, als die Branche der Wohnbaugenossenschaften eine solche Transparenz-Lösung bisher nicht kennt – das wurde zumindest in der Diskussion mehrfach erwähnt.
Klima-Argumente gegen Beschneidung der Finanzen
Weniger Erfolg hatte die Gruppe bei anderen Themen. Abgelehnt wurde etwa der Antrag, dass mindestens die Hälfte des Vorstandes aus Mieterinnen und Mietern bestehen soll. Das Anliegen, den Personal- und Verwaltungsaufwand auf das Niveau von 2021 zu begrenzen, sorgte für ein hauchdünnes Resultat. «Eine einschneidende Massnahme», wie Egger Andermatt sagte. Die Nachfrage nach Wohnraum sei riesig. Um diesem gerecht zu werden, müsse man investieren. «Wir fänden es sehr bedauerlich, wenn wir uns selbst einschränken würden.»
Zuspruch erhielt sie von einem Mitglied der Jungen Grünen: Grossstadtrat Jona Studhalter plädierte dafür, den Antrag abzulehnen.
«Ich will nicht, dass dieser Antrag die Verfolgung der Klimaziele behindert.»
ABL-Geschäftsführer Martin Buob versicherte indessen: «Sie können uns beim Wort nehmen, wir schmeissen dieses Geld schon nicht weg.» Der Antrag scheiterte mit 192 Nein-Stimmen und 189 Ja-Stimmen denkbar knapp. Überhaupt wurden viele Anträge der Gruppe erfolgreich mit dem Verweis auf ökologische Massnahmen ausgehebelt.
Lösung für Auslandaufenthalte
Die Absicht des ABL-Vorstands, Personen aus der Genossenschaft auszuschliessen, die ins Ausland ziehen, sorgte im Vorfeld der GV für Diskussionen . Dank eines neuen Antrags aus dem Plenum konnte hier eine Lösung gefunden werden: Die Mitglieder stimmten klar dafür, in einem solchen Fall auf einen Ausschluss zu verzichten, aber die Jahre eines Mitglieds im Ausland nicht an die Mitgliedsjahre zu rechnen. (sma)
Die Statutenrevision muss nun noch von allen knapp 13'000 Mitgliedern an einer Urnenabstimmung abgesegnet werden. Somit sind auch die Deckelung und Offenlegung der Löhne noch nicht in trockenen Tüchern – zumal diese den Mitgliedern separat unterbreitet werden. Der Entscheid fällt voraussichtlich Ende November.