Hugo Bischof
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Wann gibts wieder Musicals im Le Théâtre?
Viele in der Region verankerte Theater, Kulturhäuser Chöre und Orchester erleiden durch die Coronakrise massive Einbussen. Wir haben mit sechs Betroffenen gesprochen. Darunter ist das Le Théâtre in Emmen. Es musste bereits eine geplante Eigenproduktion absagen. «Was aber finanziell noch viel schlimmer ist, sind die rund 25 gestrichenen Event-Tage von Mietern», sagt Le Théâtre Co-Leiter Andréas Härry, «darunter das Festival Emmen Lacht sowie der grösste, jährlich wiederkehrende Tagesanlass unseres Hauses mit 900 Gästen.» Das Hauptroblem, das sich daraus ergeben, sei eine fehlende Liquidität.
Es fehle auch die Planungssicherheit, sagt Härry: «Sollen wir Anlässe im September reinnehmen oder nicht? Sollen wir Vorinvestitionen tätigen für Produktionen im Herbst?» Für das Musical «On Your Feet» im Dezember hat das Le Théâtre noch keine Darstellerinnen und Darsteller. Härry: «Die im April vorgesehene international ausgeschriebene Audition konnten wir wegen geschlossener Grenzen nicht machen.» Zur Vorselektion würden derzeit Online-Tanzauditions durchgeführt. «Das ist für die Beteiligten am Anfang sehr amüsant», versucht Härry dem Ganzen eine positive Seite abzugewinnen.
Der finanzielle Schaden sei gross, sagt Härry:
«Bis jetzt ist über die Hälfte des gebuchten Jahresumsatzes ‹futsch›.»
Das Le Théâtre hat für sein Personal Kurzarbeit beantragt «und diese auch umgehend erhalten», so Härry. Beim Kanton falle das Le Théâtre als nicht subventioniertes Haus durch die Maschen. «Dafür haben wir sehr rasch einen kurzfristigen, vom Bund garantierten Überbrückungs-Kredit erhalten. Auch die Gemeinde Emmen werde dem Le Théâtre helfen: «Aktuell wird noch debattiert, in welcher Form.» Sehr viele Privatpersonen sowie der Hauptsponsor hätten sich zudem mächtig ins Zeug gelegt. Härry: «Die staatlichen, finanziellen Herzschrittmacher, wie sie das Luzerner Theater, das KKL und andere haben, fehlen bei uns natürlich. Unser Plus: wir haben Sparen seit jeher gelernt und müssen uns nicht so krass umstellen wie andere Häuser.»
Eventuell könnte das Erlassen der Mehrwertsteuer Kulturschaffenden etwas Luft verschaffen, sagt Härry: «Zudem sollten der Bund und der Kanton bei ihren Unterstützungsmassnahmen die privaten Kulturproduzenten, die in Normalzeiten den Steuerzahler nichts kosten, nicht vergessen.» Auch den psychologischen Aspekt dürfe man nicht vergessen gehen, betont Härry: «Es gibt zurzeit wegen Corona zu viel Negativpropaganda. So vermiest man den Menschen jede Ausgehlust und verschärft die Krise in der Kulturbranche über das notwendige Mass hinweg.» Ein Lichtblick für das Le Théâtre ist, dass ab 11. Mai das zum Theater gehörende Restaurant wieder geöffnet werden kann. 16 von 22 Angestellten des Le Théâtre arbeiten vorab im Prélude.
Luzerner Kinderchöre bangen um Nachwuchs
Stark betroffen von der Coronakrise ist auch die Luzerner Kantorei (Luzerner Sängerknaben, Luzerner Mädchenchor). Gemäss Geschäftsführerin Katja Fleischer mussten bis jetzt sechs Veranstaltungen absagt werden, darunter Konzerte während der sonst intensiven Ostertage sowie die Aufführungen von «Oliver» im Luzerner Theater. «Das schmerzt», sagt Fleischer. «Ausgefallen ist auch ein sehr wichtiges Singlager zu Ostern.» Weitere Absagen würden wohl folgen:
«Dabei sind unsere Auftragsbücher eigentlich gut gefüllt.»
Probenarbeit sei bis anhin unmöglich. Fleischer: «Um fit zu bleiben, arbeiten wir online weiter. Unsere Chormitglieder bekommen massgeschneiderte Audio- und Video-Tutorials.» Für Kinder eigne sich dies allerdings nur sehr bedingt: «Deshalb müssen wir unser gewohntes Lerntempo stark reduzieren.» Ein Problem sei auch die fehlende Nachwuchsrekrutierung: «Die jeweils im Frühjahr erfolgenden Informationsbesuche in den Schulen fallen dieses Jahr komplett weg. Auch da müssen wir nun erfinderisch sein.»
Den finanziellen Schaden allein durch ausfallende Honorare sowie Unkosten für das nicht genutzte Lagerhaus beziffert Fleischer auf 13 000 Franken. Das Team der Kantorei habe Kurzarbeit beantragt. Finanzielle Hilfe werde es voraussichtlich über die Ausfallentschädigung von Bund und/oder Kanton geben. Von staatlicher Seite sei nun eine gute, klare Kommunikation nötig: «Welche Veranstaltungen sind unter welchen Bedingungen möglich?» Es gelte ausbalancierte Regelungen zu finden, «wie Veranstalter auch zukünftig mit kurzfristig abzusagenden Anlässen ihr Risiko minimieren können und wie auf der anderen Seite aber auch den Künstlern in gleicher Weise ihr Lebensunterhalt gesichert werden kann».
Ensemble Corund hat 240'000 Franken verloren
Das Ensemble Corund ist ein in Luzern beheimatetes professionelles Chorensemble und Barockorchester, das weit über die Zentralschweiz hinaus wirkt. Es musste von März bis Juni 2020 sechs Projekte mit insgesamt 14 Konzerten/Auftritten absagen. Manager Harald Schneider sagt: «Wir haben dadurch Umsätze in der Höhe von circa 240'000 Franken, verloren», sagt . Es gelte nun den Schaden durch die Absagen zu begrenzen und «nach Ersatzquellen für die nicht bezahlten Honorare zu suchen». Für die beteiligten Musikerinnen und Musiker sowie für zwei Personen in der Administration habe man Kurzarbeit beantragt. Auf die Zahlungen warte man allerdings noch.
Theater Aeternam fordert: Lasst uns endlich proben!
Das Theater Aeternam musste zwar keine Projekte absagen. «Jedoch sind wir sehr stark eingeschränkt», sagt Mitglied Marco Sieber. Das Ensemble steckt mitten in den Proben für sein neues Stück ‹They Shoot Horses, Don’t They?›, das Mitte September im Südpol Premiere hat. «Wir hätten im April zwei Wochen Blockproben gehabt, die wir komplett absagen mussten, da ein Proben im Südpol verboten ist», sagt Sieber.
Dieses Arbeitsverbot sei momentan ihr grösstes Problem: «Obwohl wir Abstände und Hygiene einhalten könnten, ist es uns nicht erlaubt, in den Räumlichkeiten der Theaterhäuser etwas Ähnliches wie Proben stattfinden zu lassen.» Der Staat müsse möglichst schnell Klarheit schaffen: «Es muss wieder möglich sein, unter Einhaltung bestimmter Abstandsregeln in uneingeschränkter Ensemblegrösse in den Theaterhäusern zu proben.
Ansonsten ist bei einer Öffnung der Häuser auf Start der nächsten Saison kein Programm vorhanden, das gezeigt werden kann, und die Kulturszene leidet dann doppelt und dreifach unter den Massnahmen.»
Die Mitglieder nutzten die probenlose Zeit für Textstudium, konzeptionelle Arbeit und virtuelle Treffen. «Wir versuchen die Proben nachzuholen, so dass für unser Ensemble keine Einbussen entstehen», betont Sieber. Deshalb hätten sie keine Kurzarbeit beantragt. Einzig wegen der Absage eines Gastspiels der gemeinsam mit FetterVetter & Oma Hommage produzierten «grossen Menschenschau» hätten die Mitglieder des Ensembles um Unterstützung für ihre ausgefallene Gage ersucht.
Theater-Pavillon: 75 Vorstellungen abgesagt
Der Theater Pavillon Luzern ist ein Kulturhaus mit Schwerpunkt Theater. Gemäss seinem Geschäftsleiter Reto Ambauen sind von der Coronakrise bereits 30 Projekte mit rund 75 Vorstellungen betroffen. Der finanzielle Schaden betrage bis jetzt rund 45 000 Franken – «Tendenz täglich steigend». Für das Personal wurde Kurzarbeit beantragt. Gesuche für finanzielle Unterstützung seien bei Stadt und Kanton eingereicht worden.
Die Planungsunsicherheit sei das grösste Problem, sagt Ambauen: «Es ist unklar, unter welchen Bedingungen und ab wann performative Projekte wieder geprobt, beziehungsweise aufgeführt werden können.» Hier müsse der Staat möglichst bald Klarheit schaffen, damit Projekte budgetiert und geplant werden können. «Wie viele Personen dürfen sich in unserem Theater aufhalten? Wie verhält es sich mit der Abstandsregel, wie viele Sitzplätze dürfen verkauft werden? Darf die Bar geöffnet sein?» Und: «Gilt die Abstandsregel auch für die Performenden? Falls ja, könnte Theater sehr unsinnlich werden.»
Nur eine Kochshow kann im Treibhaus stattfinden
Das Treibhaus, das Jugendkulturhaus der Stadt Luzern, musste von Mitte März bis und mit Mai rund 65 Veranstaltungen absagen. «Auch im Juni wird es wohl keine Veranstaltungen geben», befürchtet Treibhaus-Leiterin Corinne Imbach.
«Das bedeutet eine Umsatzeinbusse von rund 60'000 Franken pro Monat.»
Um die Zeit sinnvoll zu überbrücken, haben die Mitglieder des zum Treibhaus gehörenden Gastronomiebetriebs eine Kochshow für Schulen und Familien realisiert. Die Treibhaus-Beiz mit frisch renoviertem Garten wird am Dienstag wieder eröffnet.
«Es ist wichtig, Kulturbetriebe und Kulturschaffende finanziell abzusichern und zu unterstützen, damit diese wichtige Branche durch die Corona-Pandemie nicht abstürzt», sagt Imbach: «Denn Kultur ist auch ein wichtiger Faktor und Treiber für Innovation, die schliesslich auch die wirtschaftliche Leistung einer modernen Gesellschaft beeinflusst.»
Politiker fordert: Kanton soll Gagen für Musiker zahlen
Der Luzerner Kantonsrat Urban Frye (Grüne) hat ein Postulat eingereicht. Er schlägt vor, dass der Kanton für die Gagen von Luzerner Musikerinnen und Musikern aufkommt, «wenn Veranstalter die Konzerte bei freiem Eintritt durchführen, also weitere Partner wie etwa Sponsoren für die weiteren Kosten aufkommen». Ob das Luzerner Kantonsparlament auf diese Forderung eingeht, bleibt offen.
Über 100 Hilfsgesuche beim Kanton eingegangen
Hilfe für Kulturschaffende gibts vorerst aber vom Bund: Er hat für den Kulturbereich in der Schweiz 280 Millionen Franken bereitgestellt. Dem Kanton Luzern stehen davon rund 4 Millionen für Soforthilfen an nicht gewinnorientierte Kulturunternehmen sowie 5,8 Millionen für Ausfallentschädigungen für Kulturschaffende zur Verfügung.
Bisher sind im Kanton Luzern weit über 100 Gesuche um Ausfallentschädigungen eingegangen. Dazu kamen vier Gesuche und Soforthilfe (Darlehen). Das sagt Stefan Sägesser, Leiter Kulturförderung des Kantons Luzern. «Die Ausfallentschädigung ist allerdings gekoppelt an einen mindest gleich hohen Betrag des Kantons», sagt Sägesser. «Aktuell ist noch kein Geld gesprochen, wir sind an der Gesuchbehandlung und am Einholen sämtlicher Unterlagen.»