Zéline Odermatt
Zéline Odermatt
Die Jury hat entschieden, welcher Künstler seine Idee mit Hilfe von 50'000 Franken im sogenannten Werkjahr verwirklichen kann. «Das Projekt von Jos Näpflin hat uns wegen seiner künstlerischen Qualität am meisten überzeugt», erzählt Stefan Zollinger, Jurypräsident und Leiter Amt für Kultur Nidwalden.
Die Konkurrenz um das Stipendium der Frey-Näpflin-Stiftung mit Sitz in Stans und des Kantons Nidwalden war beachtlich: Insgesamt 44 Bewerbungen wurden von der Jury geprüft. «Es muss auf der einen Seite ein gewisses Werk vorhanden sein, aber gleichzeitig auch noch eine Entwicklung möglich sein», sagt Zollinger.
Künstler Jos Näpflin freute sich sehr über den Entscheid: «Ich war aber auch überrascht, dass ich das Stipendium tatsächlich bekommen habe.» Denn er habe kein Projekt in diesem Sinne erarbeitet. «Meine Projekt-Idee war, so weiter zu arbeiten wie bisher», sagt er. Der gebürtige Wolfenschiesser ist von Montag bis Freitag in seinem Atelier. Es passiere täglich etwas. «Ich funktioniere nicht so, dass ich etwas nur für einen Wettbewerb kreiere. Ich mache das, was mich interessiert.»
Der Künstler hat kritische Sicht auf die Dinge
In diesem Sinne betitelte er auch seine Eingabe für den Wettbewerb: «Fortführung meiner täglichen Arbeit.» Näpflin: «Ich dachte nicht, dass ich damit eine Chance habe.» Die Jury nahm diesen humorvollen Seitenhieb des in Zürich wohnhaften Künstlers auf die Ausschreibung von Preisen durchaus positiv auf. «Der Künstler verfolgt seinen eigenen Weg», steht in ihrem Bericht. «Wir sind beeindruckt von der Klarheit, Direktheit und Frische der künstlerischen Arbeit», so die Jury weiter. Er sei in seiner Kunst stets pointiert und greife mit der nötigen Portion Humor aktuelle brisante Themen auf.
Und Jurypräsident Zollinger sagt dazu: «Wenn Themen ausgeschrieben werden, ist das für die bildende Kunst immer eine Herausforderung. Die bildenden Künstler sind bereits an bestimmten Themen dran. Bei Theater- oder Musikprojekten liegt das anders.»
Jos Näpflin beschäftigt die «Barmherzigkeit»
Ein Thema, das den Künstler beschäftigt, ist der Begriff der «Barmherzigkeit». Auf diesen sei er bei einer Reise in Italien gestossen, als er dort ein Bild betrachtete. «Das Wort und das dazugehörende Umfeld interessiert mich schon länger. Es ist ein alter, abgegriffener Begriff, den man fast nicht mehr verwendet. Auch das Gegenteil davon: Unbarmherzigkeit.» Es gebe aber immer noch Menschen, die den Begriff der Barmherzigkeit pflegen. Die sieben «Werke der Barmherzigkeit» kämen in der Bibel aber auch in vielen verschiedenen Religionen vor. Der Künstler erklärt:
«In unserer heutigen Gesellschaft wird die Barmherzigkeit aber vernachlässigt. Dem will ich nachgehen.»
Er habe dieses Wort deshalb als mögliches Thema für das Werkjahr vorgeschlagen. Die Jury schrieb in ihrem Bericht zum Thema: «Mit der in verschiedenen Religionen beheimateten Tugend ist implizit die katholische Tradition von Nidwalden und anderen Zentralschweizer Kantonen präsent, ohne dass dies in den Werken direkt so verhandelt würde.»
Jos Näpflin kann auf ein über 30-jähriges Werk zurückblicken. In diesen Jahren sei er der Zentralschweiz stets sehr verbunden geblieben. «Meine Familie lebt noch immer in Nidwalden und ich bin sehr viel zu Besuch bei ihnen oder guten Freunden in der Region.» Im Sommer treffe man ihn häufig beim Wandern und im Winter beim Skifahren in der Innerschweiz. Einige seiner Werke befinden sich zudem in Kunst-Sammlungen in Nidwalden.
Ausstellung findet Anfang 2021 statt
Auch zum Werkjahr ist eine Ausstellung geplant. «Die Idee des Werkjahres ist, an einem Thema vertieft arbeiten zu können und den finanziellen Spielraum dafür zu erhalten. Es ist eine Gratwanderung zwischen offenem Arbeiten und einer fixen Vorstellung, die in einer Ausstellung endet», erzählt Jurypräsident Zollinger dazu. Diese findet voraussichtlich Anfang 2021 im Nidwaldner Museum statt.
Mehr Informationen zum Projekt und auch zum Bericht der Jury finden Sie online unter www.freynaepflinstiftung.ch.