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Rahmenabkommen

Harzige Konsultationen mit Sozialpartnern

Für die Gewerkschaften stehen die flankierenden Massnahmen weiter nicht zur Disposition. Nach Konsultationen mit den Bundesräten Cassis und Parmelin zeigen sie sich weiter zu keinem Kompromiss bereit. Die Arbeitgeber verlangen Präzisierungen.
Die Bundesräte Ignazio Cassis (Dritter von Links) und Guy Parmelin (Zweiter von links) trafen sich am Mittwoch zu Konsultationen mit den Gewerkschaften, dem Arbeitgeberverband und dem Gewerbeverband.
Bild: KEYSTONE/ANTHONY ANEX

Am Montag bei den Parteien und am Mittwoch bei den Sozialpartnern: Die Bundesräte Ignazio Cassis und Guy Parmelin haben bei ihren Konsultationen zum Institutionellen Rahmenabkommen mit der EU am Mittwoch bei einem dreistündigen Treffen in Bern den Puls bei den Sozialpartnern gefühlt.

Gewerbeverband sucht noch Position

Die Konsultationen seien eine Auslegeordnung in einer guten Atmosphäre gewesen, bei der bekannte Positionen dargestellt worden seien, fasste Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes (SGV), das Treffen auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA zusammen. Der SGV sei nicht mit grossen Erwartungen in die Gespräche gegangen.

Der Gewerbeverband hat, wie Bigler erklärte, seine Position noch nicht abschliessend definiert. Der Vorstand werde dies Ende April tun. Grundsätzlich sei das Rahmenabkommen der richtige Weg. Der SGV habe aber Bedenken, was den Lohnschutz, die Flankierenden Massnahmen, die Bürgerrechtsrichtlinie, die staatlichen Beihilfen und die Rolle des europäischen Gerichtshofs beim Schiedsgericht beträfen.

Gewerkschaften bekräftigen Position

Ihre Meinung seit Längerem gemacht haben hingegen die Gewerkschaftsdachverbände. Sie zeigten am Treffen mit dem Bundesrat weiterhin keine Kompromissbereitschaft.

Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB), erklärte auf Anfrage , dass der Bundesrat an dem Treffen habe weismachen wollen, dass die Flankierenden kein Problem seien. Für den SGB würden aber die roten Linien weiter gelten. Der Lohnschutz müsse aus dem Abkommen herausgenommen werden.

Die Flankierenden Massnahmen und der Lohnschutz seien für den SGB weiterhin nicht verhandelbar. Daher lehne man das vorliegende Verhandlungsergebnis zum Rahmenabkommen ab. Wenn nötig werde es mit dem Referendum bekämpft.

Ins gleich Horn stiess auch Travail.Suisse. Der Präsident des Gewerkschaftsdachverbandes, Adrian Wüthrich, erklärte auf Anfrage, die Konsultationen hätten nichts Neues ergeben. Der vorliegende Vertrag, wie er sich jetzt präsentiere, habe bei den Mitgliedern keine Chance. Der Bundesrat sei beauftragt worden, in den kommenden politischen Gesprächen klar zu machen, dass es beim Lohnschutz von der Schweiz keine Konzessionen gebe.

Dass die Flankierenden Massnahmen in den Geltungsbereich eines Rahmenabkommens kommen sollten, sei nicht akzeptabel. Ein Abkommen, dass den eigenständigen Lohnschutz in der Schweiz schwäche und in Frage stelle, sei für die Arbeitnehmenden ein schlechtes Abkommen.

Arbeitgeber sagen: Ja, aber...

"Ein Ja, aber ...", lies Arbeitgeber-Präsident Valentin Vogt im Anschluss an die Konsultationen auf Anfrage verlauten. Der Schweizerische Arbeitgeberverband sei bereit, den Rahmenvertrag zu unterstützen, wenn zwei Präzisierungen bei den Flankierenden Massnahmen vorgenommen würden.

Es müsse sichergestellt werden, dass die Tripartiten Kommissionen und die Sozialpartner verantwortlich seien für die Umsetzung der Flankierenden Massnahmen. Ausserdem müsse die Schweiz die Möglichkeit haben, neue Flankierende Massnahmen bei aussergewöhnlichen Situationen einführen zu können. Vogt erwähnte beispielsweise einen starken Franken oder einen massiven Zuzug von ausländischen Arbeitskräften.

Der Bundesrat wird vermutlich erst im Mai sein Fazit der Konsultationen veröffentlichen.

Angestelltenverbände sagen Ja

Nicht am Tisch bei der Konsultation vom Mittwoch sassen die Angestelltenverbände der Schweiz. In einer gemeinsamen Mitteilung hielten der Kaufmännische Verband, die Angestellten Schweiz und die Schweizer Kader Organisation fest, das vorliegende Institutionelle Abkommen "ist ein Gewinn für die Schweiz und muss in seiner jetzigen Form unterzeichnet werden".

Nach Ansicht der Angestelltenverbände könnte die Schweiz bei einer Neuverhandlung nicht mehr mit so vielen Zugeständnissen rechnen. Andere gangbare Alternativen gebe es nicht, heisst es in der Mitteilung.

Bereits am Montag hatten Vertreter verschiedener Parteien in Bern im Gespräch mit den Bundesräten Cassis, Maurer und Parmelin ihre bekannten Positionen zum Rahmenabkommen mit der EU dargelegt. Konkrete Ergebnisse zeitigte die Konsultation erwartungsgemäss nicht. Die SVP sagt Nein, alle anderen Parteien stimmen einem Rahmenabkommen mit mehr oder weniger grossen Vorbehalten zu.

Ball bleibt beim Bundesrat

Der Ball ist nach wie vor beim Bundesrat. Er muss entscheiden, ob er die Verhandlungen abbricht, ob er das Abkommen dem Parlament vorlegt oder ob er von der EU Nachverhandlungen verlangt.

Der Ständerat lehnte am Mittwoch eine Motion ab, die es dem Bundesrat verbieten wollte, das Institutionelle Abkommen mit der EU zu unterzeichnen. Der Ständerat hält damit die Tür offen für eine Einigung mit der EU. (sda)