notifications
Energie

Erneut menschlicher Fehler im AKW Leibstadt

Im Atomkraftwerk Leibstadt AG ist es wegen eines menschlichen Fehlers auf einem Abstellplatz zu einer höheren Strahlenbelastung gekommen. Das AKW hat gemäss Aufsichtsbehörde Ensi die Qualitätssicherung seiner Arbeiten "teilweise versäumt".
"Mehrfache menschliche Fehler im gesamten Arbeitsprozess": Die Atomaufsichtsbehörde Ensi kritisiert das AKW Leibstadt AG mit klaren Worten. (Archivfoto)
Bild: KEYSTONE/ALESSANDRO DELLA BELLA

Das Vorkommnis zeige, dass die Massnahmen, abgeleitet aus der Ursachenanalyse von vorangegangenen menschlichen Fehlern, keine Wirkung gehabt hätten. Das hält das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) am Donnerstag auf seiner Website fest.

Konkret geht es um ein Vorkommnis vom 20. September 2018 bei der Lagerung des Wasserabscheiders. Dieser befindet sich oberhalb der Brennelemente im Reaktorkern. Der Abscheider entfernt Wassertropfen, die mit dem aufsteigenden Dampf aus dem Reaktorkern mitgerissen werden.

Bei der Lagerung des Wasserabscheiders kam zu einer unerwarteten Erhöhung der Ortsdosisleistung am Abstellplatz des Wasserabscheiders. Die Strahlenbelastung stieg von 0,06 Millisievert (mSv) pro Stunde auf 2 mSv pro Stunde an.

Die Dosisgrenzwerte für das strahlenexponierte Personal (Grenzwert: 20 mSv pro Jahr) wurden nicht überschritten. Beim Vorkommnis wurde gemäss Ensi keine Radioaktivität in die Umgebung des AKW freigesetzt.

Fehlerhafte Bedienung einer Armatur

Das Kernkraftwerk Leibstadt (KKL) befand sich am 20. September 2018 in der Jahreshauptrevision. Während dieses Stillstands wurde der Wasserabscheider um 01.50 Uhr in der Nacht ausgebaut und im speziell dafür vorhandenen Lagerbecken abgestellt.

Aufgrund der fehlerhaften Bedienung einer Armatur für dieses Lagerbecken versagte eine Dichtung teilweise. Dies führte dazu, dass der Wasserspiegel im Wasserabscheider-Lagerbecken absank und dadurch die Abschirmung der Strahlung durch das Wasser abgeschwächt wurde, wie das Ensi festhält.

Die Atomaufsichtsbehörde ordnete das Vorkommnis der Stufe 1 ("Anomalie") der internationalen Ereignisskala zu. Das KKL ordnete die Sache der Stufe 0 zu.

"Mehrfache menschliche Fehler"

Das Ensi begründet die Höherstufung mit dem "Auftreten mehrfacher menschlicher Fehler im gesamten Arbeitsprozess" des KKL. Es sei von seinen eigenen betrieblichen Vorgaben und Standards abgewichen und habe die Qualitätssicherung seiner Arbeiten "teilweise versäumt".

Leider habe es in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Vorfällen aufgrund menschlichen Fehlverhaltens im KKL gegeben, wird Georg Schwarz, stellvertretender Ensi-Direktor und Leiter Aufsichtsbereich Kernkraftwerke, zitiert. Das Ensi habe daher erste Massnahmen ergriffen, die gewährleisteten, dass die Sicherheitskultur im AKW "nachhaltig verbessert wird".

Das KKL muss der Aufsichtsbehörde darlegen, warum die bisher getroffenen Massnahmen keine Wirkung gezeigt haben. Zudem muss das KKL prüfen, warum ein Dosismessgerät kein akustisches Warnsignal aufwies und welche Bedeutung das fehlende Signal für den Ablauf des Vorkommnisses hatte.

Fälschungsfall bei Messgeräten

Bereits Ende Januar hatte das Ensi das KKL mit ungewohnt deutlichen Worten kritisiert. Ein Mitarbeiter hatte entgegen behördlicher Vorgaben und betrieblicher Instruktionen seit 2016 an drei Neutronen-Dosisleistungsgeräten keine Fuktionstests mehr durchgeführt.

Der mittlerweile freigestellte Mitarbeiter hatte lediglich die Werte der Prüfung notiert. Nach dem Fälschungsfall forderte das Ensi vom KKL Massnahmen, um die Sicherheit nachhaltig zu verbessern.

Die Ensi-Direktion kündigte an, sie wolle das Management des Energiekonzerns Axpo, der als Mehrheitseigentümer die Geschäfte des KKL führt, und die Kraftwerksleitung einbestellen.

Die Ensi-Direktion will nach eigenen Angaben klar zum Ausdruck bringen, dass die Häufung von Vorkommnissen im Bereich Mensch und Organisation nicht toleriert werde. Die Verantwortlichen müssten jetzt rasch dafür sorgen, dass nötige Massnahmen ergriffen würden. (sda)