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Ski alpin

Zurück zur Vollblut- statt Teilzeit-Fahrerin

Lara Gut-Behrami lässt sich höchst selten in die Karten blicken. Sie mag es nicht, (Saison-)Bilanz zu ziehen. Schon gar nicht, wenn - wie diesen Sonntag mit dem Riesenslalom - noch ein Rennen ansteht.
Auch bei Fragen zur Zukunft hält sich Lara Gut-Behrami bedeckt
Bild: KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER

Bei aller Zurückhaltung, die sie sich kommunikativ gegenüber der Aussenwelt zumeist auferlegt, liess Gut-Behrami an den vergangenen Tagen beim Weltcup-Finale in Courchevel doch den einen oder anderen Einblick in ihre Gedankenwelt zu. Zur Tatsache, dass sie in der Olympia-Saison wegen wiederkehrenden gesundheitlichen Problemen und einer Coronainfektion vor Weihnachten quasi nur eine Teilzeit-Rennfahrerin war, sagt die 30-jährige Tessinerin: "Erkrankungen wie auch Stürze (wie derjenige bei hohem Tempo 100 Mitte Dezember in St. Moritz - Red.) kosten immer viel Energie. Vieles von dem, was passierte, war unerwartet und ungeplant. Dabei hat die Vorbereitung auf diesen Winter durchaus gepasst. So sehr mit der Gesundheit zu kämpfen hatte ich zuvor aber noch in keiner Saison."

Zehn Weltcup-Rennen ausgelassen

Von möglichen 27 Weltcup-Rennen in ihren Disziplinen Abfahrt, Super-G und Riesenslalom bestritt Gut-Behrami nur deren 17. Fünf Starts verpasste sie wegen des Covid-19-Protokolls der FIS, auf nochmals fünf Rennen verzichtete sie wegen fehlender Energie und weil sie ihrem müden Körper die nötige Erholungszeit zugestehen wollte. "Das war sicher schlauer als überall hinzureisen. So konnte ich die restlichen Rennen mit mehr Energie fahren."

Dieses Vorgehen bewährte sich insbesondere Ende Januar und Anfang Februar, als sie nicht nach Kronplatz und Garmisch reiste, sondern stattdessen bei sich zuhause in Italien und in Gesellschaft ihres Ehemannes Valon Behrami die Energietanks wieder auffüllte. Danach an den Winterspielen in Peking zeigte die Tessinerin mit Riesenslalom-Bronze gleich bei erster Gelegenheit, dass mit ihr jederzeit zu rechnen ist. Vier Tage später bei ihrem zweiten Einsatz in China fuhr sie sogar zu Olympia-Gold im Super-G.

Ohne Gesundheit ist alles nichts

Auch vor Courchevel schaltete Gut-Behrami eine kurze Rennpause ein, verzichtete sie auf die Riesenslaloms in Lenzerheide und vor allem auch in Are. "Da hätte ich nach einem Abendrennen am folgenden Morgen um sechs Uhr in der Früh in den Flieger nach Hause steigen und dann gleich weiter nach Courchevel reisen müssen. Da kannst du in der Nacht nur schlecht schlafen und dementsprechend zu kurz kommt dann auch die Erholung", so Gut-Behrami, die am Mittwoch in der Abfahrt ihren 35. Weltcupsieg nur um 16 Hundertstel verpasste, ehe sie tags darauf im Super-G nach bester erster Zwischenzeit ausschied.

Über allem stehe die Gesundheit, so Gut-Behrami. "Ich will nicht aus Müdigkeit ein unnötiges Risiko eingehen. Eine Verletzung ist so schnell geschehen. Ich aber will die Saison gesund beenden können." Andauernd fehlende Erholung und ein tiefer Energie-Level führen auch dazu, "dass man in einer schwierigen Situation vielleicht nicht mehr zu hundert Prozent reaktionsfähig ist. Und bei Tempo 100 landest du dann eben schnell einmal im Sicherheitsnetz."

Noch bessere Planung der Saison gefordert

Deshalb hört sie mittlerweile ganz genau auf die Signale ihres Körpers. Nicht so wie damals im Februar 2017, als sie angeschlagen zur Heim-WM in St. Moritz angereist war, sich im Super-G zur Bronzemedaille gequält und schliesslich beim Einfahren für den Kombi-Slalom einen Kreuzbandriss zugezogen hatte.

Nahm sie damals als 25-Jährige den beschwerlichen Weg zurück auf sich, so wäre eine Rückkehr in den Weltcup nun bei einer neuerlich schweren Verletzung mehr als zweifelhaft. Umso mehr, da Gut-Behrami in diesem Winter immer wieder durchblicken liess, dass sie nicht gerne lange von Zuhause weg sei und dass ihr auch die Reiserei zunehmend schwer falle.

Aber auch ohne Verletzung: Eine Saison wie die aktuelle will Gut-Behrami keineswegs nochmals erleben. "Es sind während der Saison verschiedene Sachen geschehen, die zu dieser Situation geführt haben. Aber in Zukunft muss es andere Möglichkeiten geben, als Rennen auszulassen."

Sie und ihr Team müssten die letzten Monate gut analysieren, so die erfolgreichste Schweizer Skirennfahrerin der letzten 30 Jahre. "Danach müssen wir die nächste Saison noch besser planen, damit das nicht noch einmal passiert." Absolut keine Option, so insistiert sie, sei hingegen, dass "ich künftig auf eine Disziplin verzichten würde". Lara Gut-Behrami sieht sich keinesfalls als Teilzeit-, sondern weiterhin als Vollblut-Rennfahrerin. (sda)

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