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Ski alpin

Wendy Holdeners Zuversicht

Wendy Holdener will auch in diesem Winter im Slalom zu den Besten gehören. Die Schwyzerin fühlt sich bereit. Der erste Sieg in ihrer besten Disziplin bleibt selbstverständlich ein Thema.
Bild: KEYSTONE/ALEXANDRA WEY

Es sollte passen für Wendy Holdener. Anders als in den vergangenen drei Jahren ist sie im Vorfeld der Saison vor Verletzungen verschont geblieben. Für die zwei Slaloms, nach Absagen vorheriger Veranstaltungen die ersten Weltcup-Rennen der Frauen des Winters, in Levi in Finnland kehrt sie an jenen Ort zurück, an dem sie einst ihren ersten Weltcup-Slalom bestritten hat.

Die Innerschweizerin nimmt die Saison mit der Gewissheit in Angriff, während der Vorbereitung für den Erfolg alles getan zu haben. Nach 29 Podestplätzen in Weltcup-Slaloms wird selbstredend auch der erste Sieg wieder zum Thema.

Wendy Holdener, mit einem Monat Verspätung geht es jetzt auch im Weltcup der Frauen los. Über die Verzögerung sind Sie nicht allzu traurig.

"Ich wäre für Sölden parat gewesen und wäre auch gern gefahren. Trotzdem bin ich eine Athletin, für die dieser Riesenslalom etwas gar früh kommt."

Weshalb kommt dieses Rennen für Sie zu früh?

"Wenn wir für ein einzelnes Rennen so früh bereit sein müssen, sorgt das für einen gewissen Stress. Ein späterer Termin wäre von der Planung her einfacher. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau."

Bereit zu sein für den Winter heisst auch, eine lange Zeit mit unzähligen Stunden Konditionstraining hinter sich zu haben. Sie gehören zu jenen Fahrerinnen, die diesen Teil der Vorbereitung mögen. Woher nehmen Sie die Motivation?

"Zum einen ist das Schöne am Konditionstraining, dass du ausnahmslos an deinem Körper arbeiten kannst. Du weisst, dass du dir selber etwas Gutes tust. Es gibt nicht viele Leute mit der Möglichkeit, alles auf sich selber ausrichten zu können. Deshalb geniesse ich das. Zum anderen bin ich für die Rennen umso mehr bereit, je fitter ich bin. Das wiederum gibt mir zusätzliches Vertrauen. Zudem habe ich keine andere Wahl, um leistungsmässig wieder dort anknüpfen zu können, wo ich vorher gewesen bin."

In Bezug auf die letzte Phase der Vorbereitung dürfte sich für Sie wegen den abgesagten Rennen nicht viel geändert haben. Auf die zwei Abfahrten in Zermatt/Cervinia hätten Sie ohnehin verzichtet.

"Bis zur Absage in Sölden hatte ich eine perfekte Vorbereitung hinter mir. Deshalb wäre ich das Parallelrennen in Lech/Zürs sehr gerne gefahren. Immerhin hatten wir schon längere Zeit Gewissheit, dass die Slaloms in Levi stattfinden."

Sie werden wie immer auch nicht in den zwei Abfahrten und im Super-G in Lake Louise am Start sein. Wie sieht Ihre Saisonplanung im Speed-Bereich im Allgemeinen aus?

"Eigentlich fahre ich sehr gerne Speed-Rennen. Aber für mich müssen solche Einsätze auch Sinn machen. Ich habe mir schon überlegt, ob Lake Louise nicht auch für mich was wäre. Aber wir haben uns dagegen entschieden - auch deshalb, weil die dortigen Rennen ein letztes Mal stattfinden. Dazu wäre es etwas schwieriger geworden, weil ich die Piste nicht kenne und mir deshalb die Erfahrung fehlt."

Statt nach Lake Louise geht es für Sie nach dem Riesenslalom und dem Slalom in Killington in Vermont also zurück in die Schweiz.

"Das gibt mir weitere Zeit zum Trainieren und vor allem auch für die Vorbereitung für die Speed-Rennen in St. Moritz."

Die zwei Abfahrten und den Super-G im Engadin haben Sie also fest eingeplant.

"Genau."

Sie gehören seit zehn Jahren zu den besten Slalom-Fahrerinnen. In welchen Bereichen sehen Sie bei sich im Besonderen noch Potenzial für Verbesserungen beziehungsweise Anpassungen?

"Im skitechnischen Bereich und gerade im Slalom hat man als Athletin selten ausgelernt. Es steckt soviel Arbeit dahinter, es gibt so viel zu perfektionieren. Da bin ich extrem motiviert, und da arbeiten wir auch intensiv daran."

In Bezug auf die Skitechnik haben Sie von einer höheren Position beim Fahren und von einer schmaleren Skistellung gesprochen. Haben Sie das mittlerweile verinnerlicht?

"Mehrheitlich habe ich das verinnerlicht. Es wird sicher ab und zu Situationen mit wieder breiterer Skistellung geben. Aber das ist nicht weiter schlimm."

Die Frage nach dem ersten Sieg im Slalom nervt, ich weiss. Wie schwer fällt es Ihnen, diesem Ziel hinterherzufahren und daraus trotzdem zusätzliche Motivation zu schöpfen?

"Ich finde die Frage nicht so schlimm. Ich weiss nicht, ob Sie und andere Leute das anders sehen als ich. Ich selber hatte im vergangenen Winter extrem Freude daran, dass ich endlich wieder in der Situation war, um um den Sieg mitfahren zu können, als ich in Kranjska Gora nach dem ersten Lauf in Führung gelegen hatte. In diesem Winter muss es wieder das Ziel sein, so gut zu fahren, um mit den Besten mitzuhalten. In den letzten zwei Saisons war ich ja nicht so nah dran gewesen, wie es allgemein wahrgenommen wurde."

Schauen wir noch voraus auf die zwei Slaloms in Levi. Was muss passieren, dass Sie danach zufrieden die Heimreise antreten?

"Gute Frage. Zufrieden werde ich sein, wenn ich mein bestes Skifahren gezeigt habe, ich so gefahren bin wie im Training."

Es dürfte auch beruhigend wirken, dass Sie, wenn Sie Ihre normale Leistung bringen, vorne mitfahren können.

"Sicher, ja. Gut skifahren, Spass haben - und dann hoffe ich, dass gute Resultate herauskommen."

Hätte die Wendy Holdener vor zehn Jahren das Ganze auch mit dieser Lockerheit betrachtet? Anders gefragt: Was unterscheidet die Wendy Holdener von heute von der Wendy Holdener vor zehn Jahren?

"Ich weiss nicht mehr alle Einzelheiten, wie es vor zehn Jahren war - obwohl ich ein Tagebuch über mein Skifahren führe. Ich würde es auf jeden Fall spannend finden, ein Interview zu führen mit den gleichen Fragen, wie sie mir vor zehn Jahren gestellt wurden. Gleich geblieben sind auf jeden Fall der Ehrgeiz und die Motivation."

An Ihren ersten Start in Levi vor zwölf Jahren erinnern Sie sich sicher noch. Es war damals Ihr erster Slalom im Weltcup.

"Ich weiss, dass ich es nicht in die ersten Dreissig geschafft hatte - und deshalb sehr enttäuscht war. Im Jahr zuvor war meine Grossmutter gestorben. Ich wollte das auch für sie erreichen. Ich hatte halt schon damals grosse Ziele. Deshalb ist noch vieles ähnlich aus jener Zeit. Ich hoffe einfach, dass mir die mittlerweile grosse Erfahrung erlaubt, die Ruhe zu bewahren, die ich schon als 16-Jährige hatte." (sda)

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