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Cupfinal

Welch ein Leckerbissen: YB gewinnt den Cupfinal gegen Lugano, doch Trainer Raphael Wicky hebt den Warnfinger

Friedliche Stimmung, eine grosse Intensität auf dem Feld und eine fesselnde Dramaturgie: Der Cupfinal 2023 zwischen YB und Lugano ist ein Musterbeispiel, wie wir uns Fussballspiele wünschen. 
Die YB-Akteure jubeln nach dem Cupsieg, Renato Steffen muss die Niederlage verkraften.
Bild: Peter Klaunzer / KEYSTONE

Krawalle, Gewalt, personalisierte Tickets, Kaskadenmodell, geschlossene Fansektoren: In den letzten Wochen wurde selten über das diskutiert, worum es eigentlich gehen müsste im Fussball. Nämlich das Spiel. Aber nun erleben wir einen Nachmittag, an dem all die dunklen Seiten des Fussballs nicht mal mehr schemenhaft zu erkennen sind.

Dieser Cupfinal zwischen YB und Lugano entwickelt derart viel Kraft, dass Bilder von Wasserwerfern und Randalen im Umfeld des Fussballs absolut surreal erscheinen. YB gegen Lugano, Cupfinal 2023: So geht Fussball. Okay, im Protokoll ist nicht vorgesehen, dass die YB-Fans nach Spielschluss den Berner Kunstrasen belagern. Aber dramatisch ist das nicht. Erst recht nicht, wenn sie sich anständig benehmen.

Konnten nicht zurückgehalten werden: Die Fans von YB nach dem Sieg.
Bild: Manuel Lopez / KEYSTONE

Und weil die Luganesi nicht mal Anstalten machen, den Rasen zu stürmen, hat die Szenerie im Wankdorf etwas von einem Happening. Nimmt man diesen Cupfinal als Referenz, kommen Forderungen nach mehr Repression wie ein schlechter Witz daher. Aber wir wissen auch, dass es jederzeit kippen kann. Leider. Doch dieser Cupfinal bleibt in sehr guter Erinnerung. Und das hat auch viel mit dem Gebotenen auf dem Rasen zu tun.

Raphael Wicky warnt vor dem FC Lugano

Es gibt Spiele, die vor sich hinplätschern. Und es gibt Spiele, die elektrisieren ab der ersten Aktion, weil eine unglaubliche Intensität drinsteckt. Auch wenn die Affiche YB gegen Lugano nicht so prickelnd tönt wie vielleicht Basel gegen Zürich. Was daran liegt, dass der FC Lugano in der Deutschschweiz noch nicht als das wahrgenommen wird, was er seit der Übernahme durch den US-Milliardär Joe Mansueto ist: Ein Klub, der die Hierarchie im Schweizer Fussball gehörig durcheinanderwirbeln kann.

Raphael Wicky ist einer, den man nicht vor dem FC Lugano warnen muss. Schliesslich war er vor seinem YB-Engagement bei Mansuetos MLS-Klub Chicago Fire tätig. «Lugano hat einen sehr guten Trainer und spielt einen sehr guten Fussball», sagt Wicky. «Die Tessiner können uns in den nächsten Jahren gefährlich werden. Ich weiss, was an Finanzkraft hinter dem FC Lugano steckt.»

Raphael Wicky sieht im FC Lugano einen gefährlichen Gegner.
Bild: Alessandro Della Valle / KEYSTONE

Auch in diesem Cupfinal werden die Tessiner den Bernern gefährlich. Aber zur Titelverteidigung reicht es trotzdem nicht, weil die Mannschaft von Mattia Croci-Torti Geschenke verteilt. In der Entstehung des ersten Gegentors verliert Bislimi unnötig den Ball. Beim zweiten Gegentor patzt Goalie Saipi. Und vor dem 3:1 ist es Hajrizi, der als hinterster Verteidiger den Ball vertändelt.

Die schicksalhafte Minute entscheidet das Spiel

Trotzdem überwiegt bei Croci-Torti nach dem Final ein Gefühl: Stolz. Stolz, dass seine Mannschaft nie aufsteckt. Stolz, dass 11 500 Tessiner zum Spiel nach Bern reisen, wo Lugano sonst zu Hause vor durchschnittlich 3353 Zuschauern spielt. Und vielleicht ist er auch ein bisschen stolz auf sich selber, weil er in der Pause die richtigen Korrekturen anbringt, Doumbia von der Innenverteidigung ins Mittelfeld beordert und Bottani einwechselt.

Lugano ist in der zweiten Halbzeit die bessere Mannschaft. Aber halt auch die Mannschaft mit einer 0:2-Hypothek, weil Nsame mit zwei Kopfbällen erfolgreich ist. Aber eben, der FC Lugano hat nun Bottani, seinen Ragazzo, auf dem Feld. Prompt wird das Spiel variabler und unberechenbarer. Und es ist Bottani, der in der 53. Minute nach der schönsten Kombination der Partie mit dem Tor zum 1:2 diesen eh schon aufgeladenen Final weiter aufheizt.

Meschack Elia mit der entscheidenden Situation im Spiel.
Bild: Claudio De Capitani / freshfocus

Es passt zu dieser grossen Partie, dass eine schicksalhafte Minute über Sieg und Niederlage entscheidet. «Es ging extrem schnell und ich konnte nur noch hoffen, dass ein Gelber oder unser Goalie irgendwie rankommt», sagt Wicky. Es kommen zwei ran bei John Espinozas Doppelchance in der 85. Minute. Erst ist es Goalie Keller, danach Zesiger. Und im direkten Gegenzug scheitert erst Nsame an Saipi, doch Elia macht den Deckel drauf und erzielt mit dem Nachschuss das 3:1.

Hat der Meister nun aus einer guten eine sehr gute Saison gemacht? Raphael Wicky sagt: «Es war schon vor dem Cupfinal eine fantastische Saison. Von aussen sieht es vielleicht einfach aus. Aber das Double gewinnt man nicht alle Tage.» Im Fall von YB passiert das dreimal in 125 Jahren.

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