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Tour de France

"Wegen einer Prellung gibt man nicht auf"

Reto Hollenstein wird nach einer Verletzung im Mai rechtzeitig wieder fit. Doch bereits am zweiten Tour-Tag stürzt er erneut. Der Ostschweizer verdrängt die Schmerzen und will sich durchbeissen.
Reto Hollenstein fährt seit diesem Jahr für das Team Katjuscha-Alpecin
Bild: KEYSTONE/ALEXANDRA WEY

Hollenstein war im Mai bei der Yorkshire-Rundfahrt in einen Massensturz verwickelt worden. Danach konnte er zwei Wochen wegen eines sieben Zentimeter langen Risses im Bereich des Steissbeins nicht richtig trainieren. Der Thurgauer musste gar einen kurzen Moment befürchten, dass er die Tour de Suisse nicht würde bestreiten können: "Die Zeit wurde knapp." Ohne die Teilnahme an der Schweizer Landesrundfahrt wäre er von seinem Arbeitgeber Katjuscha-Alpecin trotz Vorselektion bestimmt nicht für die Tour de France aufgeboten worden.

So schmerzfrei wie tatkräftig konnte Hollenstein aber in der Schweiz den nachmaligen Gesamtsieger Simon Spilak unterstützen. Damit war auch der Weg an die Frankreich-Rundfahrt frei. "Die Tour ist das grösste Radrennen der Welt. Wenn du da teilnehmen kannst, ist das immer toll", sagt Hollenstein, der auf den französischen Strassen zum vierten Mal in Serie dabei ist.

Für 2018 optimistisch

Von 2013 bis 2016 stand Hollenstein in Diensten des Schweizer Teams IAM, mit von Jahr zu Jahr besseren Resultaten. "Trotzdem ergab sich für mich nach der Auflösung von IAM keine einfache Situation." Seine Suche nach einem neuen Team dauerte bis Mitte August. Dann endlich meldete sich Katjuscha.

In diesem Jahr erhofft sich Hollenstein, etwas früher über seine Zukunft Bescheid zu wissen. Er sei optimistisch und denke, es sehe für einen Verbleib im aktuellen Team gut aus, so der fast zwei Meter grosse Radprofi: "Wenn sie mit mir nicht zufrieden wären, hätten sie mich nicht für die Tour aufgeboten."

Dabei ist Hollensteins Rolle - wie die von vielen anderen Fahrern auch - ganz klar definiert. Der seit vielen Jahren in Niederösterreich lebende Ostschweizer gehört zu der Gattung Helfer. Zu seinem Rennfahrer-Leben gehört es, in der Wagenkolonne hinter dem Feld Bidons, Essen und wenn nötig auch den Regenschutz zu holen und nach vorne zu bringen. Aber auch, seinem Leader oder in der hektischen Schlussphase dem Sprinter Windschatten zu geben. Hollenstein: "Das Team schätzt meine Arbeit. Dementsprechend bin auch ich zufrieden."

Auslöser eines Massensturzes

Ungewohnt viel Aufmerksamkeit erhielt Hollenstein am Sonntag in der 2. Etappe nach Lüttich. An dritter Position im Feld fahrend kam der Schweizer in einer Rechtskurve auf nasser Strasse zu Fall. "In dieser Kurve war es leider besonders rutschig. Das Ganze lief dumm, aber Stürze wird es immer wieder geben." Innerhalb von Sekunden lagen zahlreiche weitere Fahrer am Boden, unter ihnen auch Tour-Favoriten wie Chris Froome und Romain Bardet. Doch letztlich konnten alle wieder aufs Rad sitzen und die Etappe beenden.

"Es war mein Fehler. Ich bin deshalb froh, ist nicht mehr passiert", so Hollenstein, der selber grosse Schmerzen verspürte und zunächst kaum aufstehen konnte. "Auch hatte ich danach Mühe zu pedalen." Mit mehr als einer Viertelstunde Rückstand auf den Sieger blieb er innerhalb des Kontrollschlusses.

Da beim anschliessenden Röntgen seines geschwollenen Knies keine Brüche ersichtlich waren, schwang sich Hollenstein am Montag wieder aufs Velo. "Es war sehr schmerzhaft, aber ich habe die Etappe überstanden. Ab jetzt kann es nur noch besser werden." Aus der Tour auszusteigen, daran dachte der Katjuscha-Profi nicht: "Nur wegen einer Prellung gibt man doch nicht auf." (sda)

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